Gastautorin Elke Mallmann, General Managerin bei der globalen Digitalagentur für Business Transformationen Valtech Germany, rät in ihrem Beitrag zu drei Digitalisierungsstrategien, mit deren Hilfe Hotels auch in volatilen Märkten wettbewerbsfähig bleiben können.
Die letzten drei Jahre waren eine Achterbahnfahrt für die Hotelindustrie: Auf geschlossene Grenzen, Reiseverbote und Quarantäneregelungen zu Hochzeiten der Pandemie, folgten hohe Inflation und steigende Preise. Nach einer langen Talfahrt scheint es jedoch endlich wieder bergauf zu gehen: Prognosen zufolge soll die Reisebereitschaft der Gäste bis 2026 kontinuierlich steigen. Die unsichere wirtschaftliche Lage sorgt allerdings dafür, dass nicht vorhersehbar ist, wann genau die Gästezahlen den Höhepunkt erreichen. Es stellt sich also die Frage: Wie können Hotelbetriebe sicherstellen, dass sie trotz Personalmangel und stetigen Auf- und Abs einen Ansturm der Gäste jederzeit bewältigen können? Und wie können sie zudem die neuen Ansprüche ihrer Gäste erfüllen?
Von Fluggesellschaften bis hin zu Hotels: Kunden erwarten heute ein einzigartiges und dennoch unkompliziertes Erlebnis, wenn sie reisen und buchen möchten. Die Antwort lautet: Durch die digitale Transformation, insbesondere der Digitalisierung interner Prozesse sowie der Optimierung des Onlineauftritts. So sorgen Hoteliers dafür, dass ihre Online-Erlebnisse die physischen Erlebnisse der Gäste ideal ergänzen und den Gästeerwartungen entsprechen. In diesem Artikel beschreiben wir, in welche Digitalisierungsprozesse Hotelbetriebe auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten investieren sollten.
Kernerlebnisse der Gäste
In Anbetracht der anhaltenden Inflation und steigenden Preise werden Menschen – voraussichtlich kurz- und mittelfristig – auf den ein oder anderen Luxus verzichten. Marken, die ein personalisiertes Erlebnis schaffen, wecken bei Reisenden das Gefühl, Teil einer exklusiven Gemeinschaft zu sein. Für dieses Gefühl werden sie weiterhin bereit sein, zu zahlen, selbst wenn dies bedeutet, dass sie in anderen Bereichen ihres Lebens Abstriche machen müssen. Aber wie gelingt das am besten?
Hotels müssen in der Lage sein, die Bedürfnisse ihrer Gäste besser zu verstehen als die Konkurrenz. Dazu zählt auch, die Bedürfnisse der Gäste nicht nur zu erfüllen, sondern im besten Fall zu übertreffen. In einem ersten Schritt gilt es, Gästesegmentierungen neu zu bewerten und den Bedarf einzelner Gruppen genau zu verstehen. Dabei sollte unterschieden werden, wie oft und wie lange Gäste im Durchschnitt bleiben, worüber sie buchen und ob sie Mitglied von Loyalty-Programmen sind.
Durch Erkenntnisse über wichtige Kundencluster können Hotels die Wünsche der unterschiedlichen Gästegruppen besser verstehen. Diese Daten lassen sich über Website-Besuche, vergangene Aufenthalte und Umfragen sammeln. Durch die Identifizierung von Clustern für Personalisierungszwecke auf der Grundlage anonymisierter Daten, können Hotels ganz individuell ihre Gäste besser verstehen und insgesamt gezieltere Werbung einsetzen sowie personalisierte digitale Erfahrungen auf der Website oder in einer App schaffen.
Eine gelungene Optimierung der Kernerlebnisse auf Basis von ausgiebiger Analyse des Gästeverhaltens zeigt das Beispiel der Mandarin Oriental Hotel Group. Die Hotelgruppe nutze die Zeit während der Pandemie, um ein neues digitales Erlebnis für ihre Gäste zu schaffen. Für die neue Website hatten sie ein übergeordnetes Ziel: Die Gäste sollten durch ein kundenorientiertes und reibungsloses digitales Erlebnis überzeugt werden. Umfangreiche Analysen des Nutzerverhaltens wurden durchgeführt, um zu verstehen, warum Gäste die Website besuchen und was sie genau digital erledigen wollen.
Diese Informationen wurden dann genutzt, um relevante Personas zu erstellen und einzugrenzen und die dafür passenden „User Journeys“ zu schaffen. Dadurch konnte das Buchungserlebnis nachweislich verbessert werden, da mögliche Reibungsverluste reduziert und gleichzeitig die Sichtbarkeit wichtiger Informationen – wie Zimmerpreise und -ausstattung – hervorgehoben wurde. Auch die Mitgliedervorteile des Treueprogramms können so nahtlos gefunden werden. Darüber hinaus unterstützte Valtech Mandarin Oriental bei der Verbesserung seiner SEO-Strategie, was zu einem Anstieg des Website-Traffics, insbesondere der organischen Besucher, führte. Dass die Investition sich gelohnt hatte, spiegelte sich unmittelbar in den Ergebnissen wider: Der organische Website-Traffic stieg im Vergleich zum Vorjahr um 90,8 Prozent und die Anzahl der Unique Visitors erhöhte sich um 17 Prozent.
Personalisierung der Erfahrung: Ist KI die Zukunft des Reisens?
Sobald Hotelbetriebe wissen, wie und wieso Gäste ihre digitalen Angebote nutzen, können sie diese Erkenntnisse anwenden, um personalisierte Nutzererlebnisse bereitzustellen. Durch die Personalisierung der User Journey auf die Bedürfnisse einzelner, sehr granularer Nutzergruppen mithilfe von Personas konnten die Mandarin Oriental Group das Engagement um 10 Prozent und der durchschnittliche Umsatz pro Buchung um satte 40 Prozent steigern.
Das zeigt, dass Hotelbetriebe in der Lage sind, zusätzliche Einnahmen zu generieren und Conversions zu maximieren, wenn sie Daten als Kernstück ihrer Geschäftsentscheidungen einsetzen. Treten also externe Disruptionen ein, sollten Verantwortliche mehr Zeit für die Analyse ihrer Daten einplanen, um den aktuellen Markt und die Bedürfnisse ihrer Gäste besser zu verstehen. Aus analytischer Sicht kann das Beherrschen dieser Disziplin neue Kunden- und Markteinblicke liefern und zuvor verborgene Werte und Möglichkeiten aufdecken.
Um sicherzustellen, dass die digitale Präsenz der Unternehmen das Engagement der Gäste voll ausschöpfen können, sollten diese im Gastgewerbe keine Scheu vor modernen Technologien haben. KI-gestützte virtuelle Assistenten ermöglichen nicht nur Echtzeit-Kundensupport über Websites, mobile Apps und Soziale Medien, sondern erhöhen die Kundenzufriedenheit durch zeitnahe Antworten. Mithilfe von KI-gestützten Analysen und Empfehlungssystemen können Hotelbetriebe den Suchverlauf, die Vorlieben und Aktivitäten der Kunden schnell und effektiv analysieren und daraufhin Empfehlungen für die Personalisierung des Gästeerlebnis geben, wie besondere Angebote, Zimmer-Upgrades, Präferenzen einzelner Gäste oder Empfehlungen für Restaurants und Aktivitäten.
Hotels müssen Mobile-First werden
Hotels müssen ihre Gäste dort abholen, wo sie ohnehin schon unterwegs sind. Und im digitalen Zeitalter ist dieses „wo“ immer häufiger das Handy. Bis zu 44 Prozent der Buchungen im Reisesektor werden mittlerweile über das Handy getätigt. Gleichzeitig sorgen schlecht für Mobilgeräte optimierte Websites für Frustration und Abbrüche. Um wirklich alle potenziellen Gäste zu erreichen, sollten Hotelbetriebe daher eine „mobile-first“ Mentalität entwickeln. Das bedeutet, dass der Onlineauftritt so gestaltet ist, dass er für alle mobile Nutzer so einfach wie möglich zu bedienen ist.
Dazu zählen auch Angebote, die Gästen das Leben leichter machen können: Viele Hotels bieten mittlerweile die Möglichkeit an, den Check-in und Check-out mobil durchzuführen. Gäste können die Formalitäten bereits vorab von zu Hause erledigen oder direkt über ihr Smartphone im Hotel einchecken. Genauso wie die Buchungsgewohnheiten haben sich auch die Zahlungsgewohnheiten geändert.
Digitale Zahlungen und "Buy Now Pay Later"-Programme werden immer beliebter und eine kürzlich von der Unternehmensberatung McKinsey durchgeführte Studie kam zu der Erkenntnis, dass 15 Prozent der Nutzer von digitalen Wallets, wie beispielshalber Apple oder Google Pay, das Haus mittlerweile ohne eine physische Giro- oder Kreditkarte verlassen. Um Kunden nicht zu verprellen, sollten Hotelbetriebe mobile Zahlungsmethoden akzeptieren und die Bezahlprozesse über Mobilgeräte so leicht wie möglich gestalten.
Fazit: Rechtzeitig handeln und mit der Zeit gehen
Unter unsicheren Marktbedingungen in digitale Transformation zu investieren, erscheint zunächst kontraproduktiv. Dennoch sollten Hotelbetriebe ihre Digitalisierungsbestreben selbst in volatilen Märkten nicht vernachlässigen, um Reisen zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Lebens zu machen, auf den Verbraucher nicht verzichten wollen. In der gegenwärtigen Wirtschaftslage müssen Hotelbetriebe sicherstellen, dass sie Erlebnisse schaffen, online und offline, damit Reisende das Gefühl haben, ihr Geld am richtigen Ort auszugeben. Das gelingt am besten durch Technologie, denn sie ermöglicht hochwertige Interaktionen, die das Leben insgesamt einfacher und angenehmer machen. So sind Hotelbetriebe für die Achterbahnfahrt gerüstet und überstehen selbst den nächsten freien Fall.

Über die Autorin
Elke Mallmann ist General Manager bei Valtech, einem Unternehmen für Business Transformation. Neben ihrer Rolle als General Manager agiert sie als Standortleitung in Köln und Portfoliolead.
Sie hat über 25 Jahre Erfahrung im Digitalgeschäft und startete ihre Karriere 1995 in einem Start-up. Seitdem hielt sie unterschiedliche Rollen in mehreren Agenturen inne, darunter in den Bereichen Text, UX Design, Projekt Management, Account Management, im Aufbau und in der Leitung von Travel Units und als Mitglied der Geschäftsführung.
Bei Valtech ist sie Mitglied des Valtech Management Circles. Seit über 12 Jahre liegt ein großer Schwerpunkt ihrer Arbeit in der engen Zusammenarbeit mit großen Kunden aus der Reisebranche.