Auf Initiative der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland (HDV) präsentierten sich zehn Hospitality-Verbände beim ersten „Branchentag der Profis“ im Europa-Park in Rust. Während der Politik-Talk ernüchterte, zeigten die Themen Vernetzung und Weiterbildung viele Schnittstellen.
Leistungsschau der Hospitality-Industrie beim ersten „Branchentag der Profis“ im Europa-Park in Rust: Zehn Branchenverbände inklusive Institutionen aus der Hospitality-Industrie waren auf Einladung der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland (HDV) gekommen, die das Event im Rahmen ihrer Frühjahrstagung veranstaltete. Die Idee: „Ein Zeichen zu setzen und die Branche als starke Allianz präsentieren“, so HDV-Chef Jürgen Gangl.
Kurzum, rund 300 Teilnehmer netzwerkten beim Get-together am Freitagabend und verfolgten die Präsentationen, Vorträge und Interviews am eigentlichen Tagungssamstag. Mit dabei: die Denkfabrik der Zukunft (DZG), der Dehoga Baden-Württemberg, der Leaders Club Deutschland, das Frauennetzwerk Foodservice, die Selektion Deutscher Luxushotels, die Fair Job Hotels, das Institute of Culinary Art, der Verband der Köche Deutschland und die Deutsche Barkeeper-Union.
Ernüchterung beim Politik-Talk
Wie kann die Politik die Hospitality-Branche unterstützen? Darum ging es gleich zu Beginn in einer Live-Schalte mit Dieter Janecek (Grüne), Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus. „Mir geht es darum, dass wir eine gemeinsame nationale Tourismusstrategie in den nächsten Monaten und Jahren auf den Weg bringen, um ihre Branche zu stärken“, sagte er. „Ich versuche sie bei Themen wie dem Bürokratie-Abbau oder in Sachen Klima, Energie, Erreichbarkeit per ÖPNV und Ernährung zu unterstützen.“
Bei der Frage nach einer Verlängerung des gesenkten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent für Speisen über 2023 hinaus, wollte sich der Tourismus-Koordinator indes nicht festlegen. „Die Diskussion in der Bundesregierung ist im Gange, in den nächsten Monaten wird es eine Entscheidung dazu geben.“ Auch seine eigene Positionierung in der Frage ließ er offen. Nur so viel: „Wenn die Verlängerung am Ende kommen sollte, ist das nichts, wo sich ein Tourismus-Koordinator dagegenstemmt.“ #
Big-Picture-Denken und einheitlicher Auftritt
Ernüchtert von Tourismus-Koordinator der Regierung, zeigte sich nicht nur Marcel Klinge, Vorstandsvorsitzender der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt. „Wer Unterstützung in der Politik braucht, der braucht Unterstützer“, so Klinge. „Das ist eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam schaffen können.“
Damit die Gastwelt aus der passiven Rolle herauskomme, gelte es ihre Wahrnehmung und Sichtbarkeit in Gesellschaft und Politik zu steigern, forderte Klinge, der noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Studie „Wirtschaftsfaktor 360° Gastwelt“vorstellte. Demnach ist der Tourismusbegriff zu eindimensioniert. Klinge: „Mit der sogenannten 360-Grad-Gastwelt wollen wir den Blick daher mehr auf das Gesamt-Ökosystem werfen, in dem es viele Player gibt.“
Sein Resümee: Weniger Silo-, mehr Big-Picture-Denken. Auch gelte es, stärker über die Erfolgsgeschichten in der Hospitality zu sprechen, einheitlicher zu kommunizieren – „gerade auch bei der Entfristung der Mehrwertsteuer“ –, sich verbandsübergreifend besser zu organisieren, einheitlich aufzutreten und mit der Alltagsrelevanz der Gastwelt zu punkten. Klinge plädierte dafür, hier durchaus auch „ein Stück weit emotionaler zu agieren.“
Das „Wir“ sei immer besser als das „ich“, das unterstrichen auch Kerstin Rapp-Schwan und Eva-Marial Seidl, Vorständinnen des Frauennetzwerks Foodservice, das weibliche Karrieren in der „männerlastigen“ Hospitality-Branche unterstützt. „Frauen in Führungspositionen sind nach wie vor unterbesetzt“, konstatierte Rapp-Schwan, die darauf verwies, dass hier – nach heutigem Stand – in Deutschland erst mit einer Geschlechterparität im Jahr 2088 zu rechnen sein. Für sie ist klar: „Frauen müssen lernen, in Netzwerken Business zu machen.“
Als Vorstandsmitglied des Leaders Club Deutschland präsentierte Kerstin Rapp-Schwan zudem die Kampagne #gastrofamily. Diese bestehe vor allem, weil man positiv über die Branche sprechen wolle, um sie zukunfts- und wettbewerbsfähig zu machen. Aus der Kampagne sei inzwischen eine Initiative geworden, die im nächsten Schritt in eine Projekt GmbH beziehungsweise einen Verein umgewandelt werden soll, so Kerstin Rapp-Schwan. Über die eigentliche Arbeit des Leaders Club Deutschland informierten dessen Vorstandsvorsitzender Frank Buchheister und Jean Ploner, F&B Heroes, die auch verstärkt die Young Generation mit eigenen Formaten einbinden wollen. Ferner sei eine Clubgründung in Italien in Vorbereitung.
Bildung als Schlüsselfaktor
Die Bemühungen um Nachwuchskräfte und die Stärkung der Berufsausbildung nahm Fritz Engelhardt, Vorsitzender des Dehoga Baden-Württemberg in den Blick. „Der Wettbewerb um Azubis ist beinhart“, konstatierte er. „Wir werden weiterhin Gas geben müssen, um entsprechenden Nachwuchs zu bekommen.“ Entsprechend massiv investiert der Landesverband in die Zukunft der Branche – zum Beispiel rund 500.000 Euro jährlich in die Kampagne „Gastfreunde“, die vom Dehoga-Förderverein und der Landesregierung gestützt wird, oder 27 Millionen Euro in den Ausbau des Dehoga Campus Calw – und gilt damit als Vorbild für die anderen Landesverbände. „Bildung ist der Schlüssel für die Entwicklung der Branche“, so Engelhardt. Zum weiteren Engagement des Verbands gehören ebenso die Dehoga Akademie oder ein Junior Leadership Programm.
Um „Personalbindung durch Bildung“ drehte sich auch der Vortrag von Christa Stienen, Beirätin des Instituts of Culinary Art, die das Thema Weiterbildung in den Unternehmen unterrepräsentiert sieht. Kleineren Betrieben riet sie dazu, sich zu vernetzen, um Weiterbildung anbieten zu können. Aber es gelte auch Leadership-Coachings von Führungskräften zu fördern, da gelingende Mitarbeiterbindung auch immer von der Führung abhänge. Jedoch seien die HR-Abteilungen vielerorts zu oft mit operativen, denn strategischen Aufgaben beschäftigt.
Emotionen und magische Momente
Was wiederum „Hidden Luxus“ bedeutet, erläuterten sieben der acht General Manager der Mitgliedshotels der Selektion Deutscher Luxushotels (SDL). „Zeit ist ein Luxusprodukt geworden“, so Henning Matthiesen, Managing Director bei Brenners Park-Hotel & Spa. „Unsere Aufgabe ist es, die kostbare Zeit unserer Gäste in magische Momente umzuwandeln.“ Das gehe unter anderem über Emotionen, Servicequalität oder gesunde Ernährung, ein Lebensstil, der im Trend liege. Seinen ursprünglichen Sales- und Marketing-Fokus habe der freiwillige Hotelverbund längst auf die Mitarbeitenden und den selektionseigenen Talentpool erweitert. Laut Ingo C. Peters vom Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg, investiere die SDL allein einen zweistelligen Millionenbetrag in die jährliche Mitarbeiterentwicklung.
Hotelnachwuchs-Preis 2023 geht an David Serenus Schad
Zum Ausklang der Frühjahrstagung rückte den Hospitality-Nachwuchs in den Fokus. Bei einem festlichen Gala-Dinner wurde der Deutsche Hotelnachwuchs-Preises 2023 verliehen. Der Gewinner: David Serenus Schad, Operations Manager im 25hours Hotel München The Royal Bavarian. Der 32-Jährige setzte sich im Live-Finale gegen Elena Alsfasser, Project Manager Operations im The Charles Hotel Munich Rocco Forte, und Michael Schreiner, Director of Rooms im JW Marriott Hotel Frankfurt, durch.
Fazit: Bei diesem ersten „Branchentag der Profis“ ging es vor allem um ein gemeinsames Kennenlernen der Protagonisten, was sich in vielen Selbstpräsentationen wiederspiegelte. Der Tag habe viele Gemeinsamkeiten und Schnittstellen aufgezeigt, resümierte HDV-Chef Jürgen Gangl. An diesen gelte es nun zu arbeiten. Befindlichkeiten gehörten beiseite – nur gemeinsam könne die Branche Stärke demonstrieren. „Wir brauchen Botschafter für die Hospitality-Gastwelt, gemeinsam haben wir die Chance, die Branche im positiven Sinne darzustellen.“
Ob es eine Fortführung des Formats geben wird, ist noch nicht klar, doch nicht ausgeschlossen: „Wenn alle wieder dabei sind und Lust auf Gemeinsames haben, sind wir da offen“, so Gangl. Doch auch unabhängig davon gelte es nun, weitere Gespräche zu führen und künftig mehr gemeinsam zu machen.