Technik und Planung Wie Hotels ihre Küchen für die Zukunft rüsten

Happy mit der neuen Beatus-Küche: Küchenchef Tim Adolphs (rechts) und Souschef David Kutzner. © Hotel Beatus

Um den Workflow ihrer Mitarbeitenden zu erleichtern, setzen Hoteliers verstärkt auf intelligent geplante Küchen mit leistungsfähigen Multifunktionsgeräten. Wir zeigen Beispiele aus Deutschland und der Schweiz.

Der See und leises Wasserplätschern sind im Fünfsternehotel Beatus für die Gäste omnipräsent. Zum Haus, das idyllisch direkt am Thunersee im Berner Oberland gelegen ist, zählen außer verschiedenen Restaurants, Bar und Terrasse ein 12.000 Quadratmeter großer mediterraner Park, eigene Boote, eine Wellnessoase sowie ein Solebad.

Auch kulinarisch will das Haus punkten: Bei der Zubereitung der Gerichte fokussiert sich Küchenchef Tim Adolphs auf regionale Produkte und Aromenvielfalt. Die Küche setzt auf lokale Lieferanten und kurze Transportwege. Fisch, Scampi oder Fleisch stammen ausschließlich aus der Schweiz. Die Namen der Lieferanten werden offen kommuniziert, so liefert beispielsweise Willi Schmid aus Lichtensteig im Toggenburg die Käseauswahl, die Hühnereier sowie die Sorbets und Milcheise stammen vom Hof Schlafhus in Steffisburg. Johannes von Gunten aus Sigriswil, der letzte Berufsfischer der rechten Thunersee-Seite, sorgt für fangfrischen Seehecht, Felchen, Saibling oder Seeforelle. Und die Garnelen von der Swiss Shrimp AG in Rheinfelden werden in nachhaltig mit überschüssiger Abwärme beheizten Shrimps-Becken gezüchtet.

Moderne Technik, kurze Wege

Das Thema Nachhaltigkeit stand – neben ergonomischen Aspekten – auch im Fokus der Renovierungsarbeiten der Hotelküche. Innerhalb von nur drei Wochen wurde sie im Februar komplett umgebaut. Derzeit arbeiten dort 22 Mitarbeitende, darunter zehn Köchinnen und Köche, die sämtliche Speisen für das Hotel zubereiten. Um ihnen weite Wege zu ersparen, entschied sich das Management, die vier Posten Saucier, Entremetier, Garde-Manger und Patisserie im Zuge des Umbaus weitgehend autark zu gestalten. „Jedem dieser Posten steht jetzt ein eigener iCombi von Rational zur Verfügung“, berichtet Hoteldirektor Sebastian Moser.

Davor musste sich das ganze Team zwei dieser Geräte teilen. „Außerdem erhielt jeder Posten einen eigenen Tiefkühler mit mehreren Kühlschubladen, davor hatte jeder Posten lediglich vier Kühlschubladen für das tägliche Mise en Place.“ Die Arbeitshöhe in der Küche wurde zudem von 90 auf 95 Zentimeter erhöht. „Die Menschen werden immer größer, deshalb hatten wir sogar anfangs über 100 Zentimeter nachgedacht, es dann aber nach einem Praxistest wieder verworfen“, so Moser. Für mehr Licht und somit bessere Arbeitsbedingungen bei gleichzeitiger Energieeinsparung sorgt darüber hinaus die neue LED-Beleuchtung in der Küche.

BEATUS-Restaurant
Naturnah: Die Küche im Beatus ist alpin-mediterran und soll den Wellness-Gedanken des Hauses widerspiegeln. - © PD; Hotel Beatus

Intelligente Geräte erleichtern die Arbeit

Energie wird auch durch den Ersatz der bisherigen Cerankochfelder durch modernste Induktionstechnik von Menu System gespart. Das Kochfeld ergänzen zudem integrierte Wärmeschränke und ein Grill. Des Weiteren erleichtern zwei neue „iVario Pro-Geräte“ von Rational in verschiedenen Ausführungen die Arbeit. „Ich finde es genial, wie diese Geräte selbst berechnen, wieviel Wasser ich in welcher Temperatur benötige, um ein Kilo Pasta zu kochen“, sagt Moser. Verbessert wurde auch die Spülküche. Dort befindet sich jetzt eine neue Topf- und Geschirrspülmaschine von Meiko, deren Sensoren die erforderliche Spülstärke erkennen.

„Selbstverständlich erhielt die neue Küche auch eine komplett neue Lüftungsanlage“, so Moser. Dabei profitierte sie von der im November 2022 in Betrieb genommenen Seewasserpumpe des Hotels. Das Ganze funktioniert wie folgt: Für die Pumptechnik wird Seewasser mit einer Art großem Sieb gefasst und in die Seewasserzentrale gepumpt. Über einen Wärmetauscher wird ihm dort Wärme entzogen, die wiederum als Energiequelle für eine Wärmepumpe dient. Die Seewasser-Wärmepumpe produziert als Abfallprodukt Kälte: „Diese nutzen wir, um nachhaltig ökologisch die Restauration zu kühlen und unseren Mitarbeitern in der Küche ein angenehmes Arbeitsklima zu bieten“, erläutert Philippe Baud aus der Geschäftsleitung der HLS-Hotels, zu denen das Beatus zählt.

"Unsere direkte Seelage ist unser erneuerbarer Energiespeicher."

Sebastian Moser, Direktor Hotel Beatus

Obwohl für den Betrieb der Wärmepumpe ein zusätzlicher Strom-Transformator nötig wurde, lohne sich die Investition, so Baud. Da das Hotel jetzt befreit sei von der staatlichen CO2-Abgabe, könne mit den Rückerstattungen rund ein Viertel der Investitionssumme gefördert werden. In näherer Zukunft hofft Philippe Baud auf Photovoltaik-Anlagen auf dem Hoteldach. „Unsere direkter Seelage ist auch unser erneuerbarer Energiespeicher.“

Damit macht sich das Hotel – trotz der ursprünglichen Bausubstanz aus den 1960er-Jahren – unabhängig von fossilen Brennstoffen. Insgesamt investierte die Eigentümerfamilie Lutz 2,5 Millionen Euro in die neue Pumptechnik. Hergestellt in Frankreich, federführend von Spezialisten der Firma Siemens, findet das hochmoderne Energie-System in einem ehemals als Garage und Lager genutzten Raum nahe beim Dampfersteg Platz. Vor der Installation der Pumpe war das Hotel zu 100 Prozent auf Erdöl angewiesen und verbrauchte davon rund 300.000 Liter pro Jahr. Heute dient die Wärmepumpe als Energiequelle und versorgt somit das gesamte 71-Zimmer-Hotel mit Wärme inklusive Verbrauchswasser, Solebad und Spa.

Frischer Look fürs Restaurant

Das Beatus investierte aber nicht nur in die Technologie, sondern auch in das Interior-Design des Hauptrestaurants. Es erhielt dabei eine neue, zentral gelegene Front-Cooking-Station, die im Wesentlichen als Frühstücksbuffet dient und als Bindeglied zwischen dem Küchenteam und den Gästen fungiert. Innenarchitekt Rolf Balmer, der für die Neugestaltung des Restaurants verantwortlich zeichnete, bezog die Historie des Hauses mit ein. Das Ergebnis: ein natürlich-warmtoniges Restaurant in luftig-frischer Innenarchitektur und einem spannenden Material-Mix aus Stein, Holz und Messing. Betritt man die neu gestalteten Räume, grüßen sanft, aber spürbar die Einflüsse der 60ies.

Der Designer wählte für das neue Restaurant natürliche Farbtöne, die den See, den Park und die Bäume sanft widerspiegeln. Die Natur wogt in kleinen „Blättchen“ auch als Deckenleuchten über den Restaurantgästen. Der Historie des Hauses huldigen als Akzente noch einige Kronleuchter und das große Thunersee-­Panorama-Wandbild. Selbst die Geschichte der lokalen Schifffahrt blitzt in einigen Elementen – wie den schiffsähnlichen Wandleuchten im Korridor – auf. Der Umbau erfolgte aus Nachhaltigkeitsgründen ausschließlich mit lokalen Handwerkern. Als Bauleiter des Handwerker-Teams fungierte Thomas Stoller.

Steckbrief Beatus Wellness & Spa-Hotel

  • Direktor: Sebastian Moser
  • Küchenchef: Tim Adolphs
  • Gästezimmer: 71
  • Sitzplätze Hauptrestaurant: 132
  • Sitzplätze à la carte & Bar: 20 & 30
  • Terrassenplätze gesamt: 191
  • Oberflächen: Chromstahl
  • Brotbackofen: iCombi von Rational
  • Kochblöcke: Menu System
  • Spültechnik: Meiko
  • Küchenverbauten: Heer AG
  • Küchenplanung: Heer AG
  • Projektmanagement: Heer AG und Aufbau Stoller
  • Investitionskosten: 1,9 Mio Euro (gesamt)
  • Investment Küchen- und -Spültechnik: 930.000 Euro
  • Investment Kleinkältetechnik: 260.000 Euro
  • Investment Kühlung Räumlichkeiten: 155.000 Euro
  • Adresse: Seestrasse 300, 3658 Merligen (Schweiz)

Nach 20 Jahren nicht mehr zeitgemäß

Über eine neue Gastrotechnik durfte sich auch das Kulinarik-Team im Flair Hotel Stadt Höxter freuen. In Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Mise en Place Gastro Solutions aus Duisburg wurde im vergangenen Jahr die komplette Küche erneuert. Die Hoteliers Ute und Rainer Sievers starteten 2022 eine große Renovierungsphase ihres Flair Hotels. „Wir wollten unser Haus auf die Landesgartenschau 2023 in Höxter vorbereiten“, berichtet Rainer Sievers. Zunächst erhielten einige Zimmer ein Facelifting, zudem wurden die öffentlichen Bereiche inklusive Restaurant und Buffet-Bereich sowie die Küche erneuert. „Ursprünglich wurde unser Hotel im Jahr 2000 als Garni-Hotel konzipiert und die Küche als reine Frühstücksküche geplant. Wir haben aber bereits kurz nach der Eröffnung beschlossen, für unsere Gäste richtig  zu kochen. Somit waren die Geräte nach 20 Jahren nicht mehr zeitgemäß. In erster Linie wollten wir mit der Renovierung aber unseren Mitarbeitern die Arbeit erleichtern und Wege reduzieren.“

Die Firma Mise en Place wurde Familie Sievers von ihrem Kollegen Sascha Bannier vom Flair Hotel Deutsches Haus in Arendsee empfohlen. „Wir haben uns seine Küche gemeinsam mit unseren Köchen angesehen und waren begeistert“, so Sievers. „Wir gehören der Kooperation seit 21 Jahren an und profitieren immer wieder von den Leistungen und vom Erfahrungsaustausch.“

Mise en Place besichtigte vor der Planung die Gegebenheiten in Höxter und stieß dabei auf eine besondere Herausforderung: Alle Kühlmöglichkeiten für die Küche lagen im Keller. Bei der baulichen Vorbereitung entschieden sich die Beteiligten daher, das Restaurant um fünf Quadratmeter zu verkleinern und damit Kühlmöglichkeiten auf der Küchenebene zu schaffen. Zusätzlich zum Tageskühlhaus erhielt auch der Kochbereich weitere Kühlmöglichkeiten. Regionale Handwerker schufen die Voraussetzungen für die Küchenplaner: Ausbau der alten Küche, Verlegung eines fugenlosen Kunstharzbodens, Einbau einer neuen Lüftung sowie einer Installationswand inklusive Steckdosen sowie Zu- und -abflüsse für das Wasser.

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Plug-&-Play-System: In der neuen Küche des Flair Hotels Stadt Höxter stehen alle Geräte auf feststellbaren Rollen. - © Ute Sievers

Nach dem Einbau Mitarbeiter schulen

Innerhalb von drei Tagen richtete Mise en Place im April 2022 die Küche ein. Eine Besonderheit ist die Mobilität der Möbel und Geräte durch das Plug-&-Play-System: Es erleichtert die Installation und später auch die Reinigung der Küche. „Alle Geräte stehen auf feststellbaren Rollen – ihre Strom- und Wasseranschlüsse sind leicht abziehbar, sodass sie bei Bedarf in wenigen Minuten verschoben werden können“, erläutert Hotelier Sievers. Auf ein zweitägiges Training des Küchenteams durch Mise en Place in dessen Referenz-Restaurant in Duisburg folgte direkt nach der Montage in Höxter ein weiteres fünftägiges Einarbeiten des Teams unter Anleitung der Küchenplaner.

Heute bereitet das aus zwei Köchen und zwei Küchenhilfen bestehende Team die Gerichte selbst vor, danach werden sie gekühlt, teilweise auch schockgefrostet. „Wir produzieren also unser eigenes Convenience-Food, ohne auf unseren Küchenstil verzichten zu müssen“, sagt Hotelchefin Ute Sievers. „Das ermöglicht uns auch einen günstigeren Einkauf, da wir größere Mengen vorbereiten und kühlen können.“ Besonders vorteilhaft sei dies bei der Verpflegung von Reisegruppen, aber auch bei Banketten. Konnten diesen Gästen bisher nur Buffets angeboten werden, sind Zubereitung und Service von 52 warmen Gerichten parallel heute kein Problem. Bis zu 26 vorbereitete Teller lassen sich auf einem Hordenwagen in den Kühlraum schieben. Dieser wird später zur Aufbereitung lediglich sieben bis neun Minuten in einen Konvektomaten umplatziert.

Und die neue Küche hat noch weitere Vorteile: „Früher gelangte durch die alte Fritteuse und die Griddle-Platte viel Fett in die Luft. Heute haben wir nur noch zwei Kochplatten sowie vier Konvektomaten, die die Fettbelastung erheblich reduzieren“, so Sievers.  Halbpensionsgäste profitieren ebenfalls von der Entlastung des Küchenteams. Sie müssen ihre Hauptgänge jetzt nicht mehr am Vormittag auswählen, sondern können sich abends spontan entscheiden. Mit weniger Mitarbeitern als vor der Pandemie ist die Küche heute wesentlich produktiver.

Steckbrief Flair Hotel Stadt Höxter

  • Eigentümer/Betreiber: Ute und Rainer Sievers
  • Küchenchef: Aiko Burggraf
  • Gästezimmer: 50
  • Sitzplätze Restaurants: 50
  • Tagungs-/Bankettkapazität: 120
  • Kombidämpfer: Rational
  • Kühlgeräte: Foster
  • Kochcenter: Rational
  • Küchenplanung: Mise en Place
  • Betrieb der Küche: Strom
  • Investitionskosten: 250.000 Euro für Planung und Geräte inklusive Einbau und Schulung
  • Adresse: Uferstraße 4, 37671 Höxter