Bewertungsportale proaktiv zur Stärkung der eigenen Arbeitgebermarke heranzuziehen, dafür plädiert Ulrich Wilhelm von der Personalberatung Konen & Lorenzen. Im Tophotel-Interview rät der Experte dazu, bei Personalmanagement und Employer Branding (zweite) Chancen zu nutzen.
Tophotel: Herr Wilhelm, was halten Sie von Arbeitgeber-Rankings und entsprechenden Bewertungsportalen?
Ulrich Wilhelm: Arbeitgeberbewertungen haben an Bedeutung gewonnen. Von der Hotelbranche anfangs nicht besonders ernst genommen, haben sich die Portale inzwischen zu einer wichtigen Entscheidungshilfe für Arbeitnehmer bei der Stellensuche entwickelt.
Bewerber nehmen die Arbeitgeberbewertungsportale als weitgehend neutrale Meinungsplattformen wahr und nutzen diese gezielt, um zu prüfen, ob die Bewertungen dort mit den Informationen auf der Webseite oder Karriere-Seite des Unternehmens übereinstimmen. Besonders bei den jüngeren Berufstätigen sollten Hoteliers die Bedeutung der Bewertungsportale nicht unterschätzen und sie vielmehr als Chance zur Stärkung ihrer Arbeitgebermarke verstehen.
Wie sollten Unternehmer aus Ihrer Sicht auf Kritik und schlechte Rankings in diesen Portalen reagieren?
Im Grunde genauso, wie es in einer zeitgemäßen Unternehmens- und Kommunikationskultur ohnehin üblich sein sollte: zeitnah, offen, neutral und sachlich, ohne sich in Standardfloskeln zu flüchten. Die Antwort sollte das Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass der Bewerter seine Erfahrungen als so negativ empfunden hat, und ein echtes Interesse am offenen Dialog signalisieren. Wichtig ist es, auch die Gründe für die schlechte Bewertung zu hinterfragen: Ist die Kritik nachvollziehbar und berechtigt? Durch welche Maßnahmen lässt sich zukünftige Kritik in diesem Bereich vermeiden? Ratsam ist, die eigene Belegschaft transparent in diese Prozesse einzubeziehen.
Wie schwer ist es derzeit, Stellen in der Hotellerie zu vermitteln? Für welche Bereiche ist es leichter, wo sind die Herausforderungen größer?
Der Aufwand, eine Vakanz erfolgreich zu besetzen, hat sich massiv erhöht. Es gestaltet sich zunehmend schwierig und langwierig, qualifizierte und wechselwillige Bewerber zu finden. Besonders schwierig sind derzeit Positionen am Empfang sowie als Restaurantleiter zu besetzen. Ebenso zeigen sich Personalleiter und Finanzfachleute zurzeit nicht besonders wechselwillig. Aber auch bei der Besetzung von Direktoren- oder Vorstandsposten wird es immer herausfordernder, die richtigen Kandidaten zu finden. Nicht zuletzt, da die Ansprüche unserer Auftraggeber steigen und die Anforderungsprofile immer spezifischer werden.
„Eine nachhaltige Verbesserung der Lage erfordert einen konsequenten Veränderungsprozess basierend auf drei Säulen: Gehalt, Arbeitsbedingungen, zeitgemäße Führung.“
Allerorten ist von Fachkräftemangel die Rede. Aus der Hotellerie sind durch die Coronakrise viele Mitarbeitende abgewandert. Doch wo sind sie alle hin? Und noch wichtiger: Lassen sich manche zurück- und wieder für die Hotellerie gewinnen?
Auch wenn wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine verstärkte Abwanderung in andere Branchen beobachtet haben, so ist diese nicht allein für den Fachkräftemangel in der Hotellerie verantwortlich. Die Mobilitätsbeschränkungen der Coronapandemie haben für einen deutlichen Rückgang der Fachkräftezuwanderung nach Deutschland gesorgt. Zudem wurde fast zwei Jahre lang so gut wie nicht mehr ausgebildet. Was uns aber Mut macht: Derzeit melden sich vermehrt Bewerber bei uns, die die Hotellerie vermissen und wieder in die Branche zurückkehren möchten.
Egal, in welches Ranking man schaut, die Hotellerie ist nie auf den vorderen Plätzen zu finden. Was kann die Branche tun, um als Arbeitgeber attraktiver zu werden?
Eine nachhaltige Verbesserung der Lage erfordert meiner Überzeugung nach einen umfassenden und konsequenten Veränderungsprozess basierend auf drei Säulen: Gehalt, Arbeitsbedingungen, zeitgemäße Führung. Die Branche wird nicht umhinkommen, über eine Erhöhung der Preise die Gehälter anzuheben. Zudem muss man die Erwartungen der Generation Z, also der zwischen 1994 und 2010 Geborenen, an ihr Arbeitsumfeld als wichtigste Arbeitnehmerzielgruppe kennen und bereit sein, die eigenen Prozesse daran zu orientieren.
Dazu gehört ein gewisser Mut, außerhalb der bisher bewährten Bahnen zu denken. Beispielsweise kann ein Küchenchef seinen Einkauf oder die Menü- und Dienstplanung durchaus auch vom Homeoffice aus vornehmen. Die „Digital Natives“ erwarten neben Sinnhaftigkeit, Spaß an der Arbeit und flachen Hierarchien mit regelmäßigem Feedback eben auch technisch zeitgemäß ausgestattete Arbeitsplätze. Ob jemand das persönlich gut findet oder nicht: Wer diese drei Säulen am stabilsten baut, hat die besten Chancen im Kampf um gute Fach- und Führungskräfte.
Gibt es etwas, das deutsche Hotelbetriebe beziehungsweise jene aus deutschsprachigen Ländern in puncto Arbeitgeberattraktivität vom globalen Wettbewerb lernen können?
Jeder Markt hat seine eigenen Gegebenheiten, die sich nur bedingt in andere Teile der Welt übertragen lassen. So ist es im Mittleren Osten und in einigen Teilen Asien seit vielen Jahren selbstverständlich, dass der Arbeitgeber den Mitarbeitern die Unterbringung stellt. Unterm Strich ist der Arbeitsmarkt der Branche in der DACH-Region weltweit gesehen nach wie vor sehr attraktiv für Fachkräfte. Allerdings benötigen wir hier dringend erleichterte Zuwanderungsregeln, vereinfachte Verfahren und rechtliche Möglichkeiten, gezielt Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren.
Zur Person: Der Managing Director verfügt über rund 20 Jahre internationale operative Erfahrung in der Hotellerie und war in diversen Managementpositionen für Luxushotels in Europa, den USA und in Russland tätig. Seit 18 Jahren vermittelt er bei Konen & Lorenzen Recruitment Consultants, einer Personalberatung für Hotellerie und Gastronomie mit Stammsitz in Düsseldorf, Führungskräfte in Spitzenpositionen.