Rund 2.000 Hotels wollen mit Unterstützung des IHA in einer Sammelklage Schadensersatzansprüche gegen Booking.com "wegen kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln" erwirken. Das Landgericht Berlin soll sich mit der Klage befassen.
Seit spätestens 2004 hat Booking.com nach Informationen des Hotelverbandes IHA "Bestpreisklauseln angewandt, mit denen das Buchungsportal den angeschlossenen Hotels untersagte, auf irgendeinem anderen Vertriebsweg Zimmer zu günstigeren Raten anzubieten." Mit diesen Klauseln habe Booking.com sein Geschäftsmodell kartellrechtswidrig gegen jeglichen Wettbewerb abgeschirmt, so der IHA, was es dem Unternehmen letztlich erlaubt habe, Buchungsprovisionen von bis zu 50 Prozent des Übernachtungspreises von den Hoteliers zu kassieren. "Die Hoteliers wurden durch die Bestpreisklauseln übervorteilt und geschädigt."
Sammelklage vor Landgericht Berlin
Daher untertützt der Hotelverband Deutschland rund 2.000 Hotels, die sich seiner „Dabeisein“-Initiative angeschlossen haben, ihren Anspruch auf Schadensersatz gerichtlich durchzusetzen (wir berichteten). „Nach mehrmonatigen, eigentlich konstruktiv verlaufenden Vergleichsverhandlungen hat Booking.com Ende Oktober vergangenen Jahres überraschend den Verhandlungstisch verlassen und willkürlich 66 an der Initiative teilnehmende Hotels vor einem niederländischen Gericht in Amsterdam auf ‚negative Feststellung seiner Haftung‘ verklagt. Damit blieb den übrigen 2.000 Hotels keine andere Option, als nunmehr selbst beim Landgericht Berlin eine Sammelklage einzureichen“, erläutert Otto Lindner als Vorsitzender das Vorgehen des Hotelverbandes Deutschland.
Bundeskartellamt hatte 2013 Verfahren eingeleitet
Das Bundeskartellamt hatte, wie der IHA berichtet, 2013 auf Beschwerde des Hotelverbandes ein Kartellverfahren wegen der Verwendung kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln gegen Booking.com eingeleitet. "Nachdem sowohl das Bundeskartellamt als auch das Oberlandesgericht Düsseldorf im Parallelfall HRS keine Zweifel daran gelassen hatten, dass die Bestpreisklauseln mit deutschem und europäischem Kartellrecht unvereinbar sind, strich Booking.com letztlich im Jahr 2015 die Bestpreisklauseln aus seinen Geschäftsbedingungen in Deutschland."
Provisionswettbewerb großes Thema
Und weiter: „Zu diesem Zeitpunkt hatte Booking.com die Bestpreisklauseln allerdings schon mehr als zehn Jahre zur Anwendung gebracht und hierdurch den Wettbewerb zwischen den Hotelbuchungsportalen und zum Direktvertrieb der Hotellerie massiv beschränkt. Damit wurde nicht nur der Provisionswettbewerb zwischen den Buchungsportalen praktisch zum Erliegen gebracht, es wurde unter anderem auch der sich im Aufbau befindliche Vertrieb der Hotels über ihre eigenen Homepages erheblich behindert. Unter dem Regime der Bestpreisklauseln konnten sich die Buchungsprovisionen seit 2004 nicht nur auf überhöhtem Niveau halten, sondern sich über die Jahre noch signifikant erhöhen“, erläutert Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland.
„Wir wollen den Anspruch der Hotels auf Schadensersatz nach den Grundsätzen des deutschen und europäischen Kartellrechts gegen Booking nun vor den zuständigen Gerichten in Berlin und Amsterdam durchsetzen.“ Da die Durchsetzung der Ansprüche im Alleingang für viele Hotels mit prohibitiven Kosten und Risiken verbunden wäre, habe der Hotelverband die Interessen gebündelt und durch Abkommen mit renommierten Prozessfinanzierern sichergestellt, dass die Hotels die gerichtlichen Auseinandersetzungen ohne Kosten oder Kostenrisiken durchstehen könnten, so die Verantwortlichen.
Statement von Booking.com
Zu den Ausführungen des IHA kommentiert Booking.com wie folgt: "Wir stimmen den Behauptungen der IHA ausdrücklich nicht zu." Die von der IHA infrage gestellten Paritätsklauseln stellten nicht nur sicher, "dass wir den gesamten Mehrwert und die Dienstleistungen, die wir unseren Partnern bieten, bereitstellen können. Sie sind auch allen unseren Partnern bekannt, die sich für eine Listung auf Booking.com entscheiden oder entschieden haben. Wir vermitteln unseren Partnern dadurch Kunden aus der ganzen Welt. Zu einem weitaus niedrigeren Preis, als es sie kosten würde, ihre eigenen Unterkünfte zu bewerben, um das gleiche Geschäft zu generieren."
Besonders in diesen beispiellosen Zeiten, die weiterhin einen immensen Einfluss auf die gesamte Reisebranche hätten – einschließlich Booking.com und deren Unterkunftspartner –, "sollten wir uns alle weiterhin darauf konzentrieren und uns mehr denn je dafür einsetzen, unsere Branche gemeinsam wiederaufzubauen." Alle hätten ein Interesse daran, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und "unsere Bemühungen auf den Wiederaufbau der Reisebranche zu richten."