Die Ampel-Koalition will bürokratische Regelungen entschlacken. Eine erste Vorhabenliste hat sie nun beschlossen, die auch das Gastgewerbe betrifft.
Bürger und Unternehmen sollen sich nach dem Willen der Bundesregierung weniger mit bürokratischen Auflagen herumschlagen müssen. Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz beschloss das Kabinett bei seiner Klausur im brandenburgischen Meseberg. "Wir sind überzeugt, viele Betriebe in Deutschland leiden unter einem bürokratischen Burn-Out", sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP) bei der Vorstellung seiner Pläne. Nach Angaben Buschmanns werden durch die geplanten Maßnahmen 2,3 Milliarden Euro im Jahr eingespart. "In den Betrieben wird schneller künftig Papier auch mal weggeworfen werden können", sagte er. Generell soll an vielen Stellen die Pflicht zur Unterschrift auf Papier entfallen, stattdessen würde dann etwa eine E-Mail reichen.
Kein Meldeschein mehr?
Ein Beispiel, das Buschmann bei der Vorstellung hervorhob, ist die geplante Abschaffung der Meldepflicht in Hotels. Gäste mit deutscher Staatsangehörigkeit sollen demnach keinen Meldeschein mehr vorweisen müssen, da seien sich der Justizminister und Nancy Faeser (SPD) einig. Die Bundesinnenministerin hatte dies bereits im Juli vorgeschlagen.
Der Hotelverband Deutschland hatte den Vorstoß damals begrüßt, verwies aber auch auf mögliche Stolpersteine. Für ausländische Gäste bliebe die Hotelmeldepflicht aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands aus Artikel 45 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) erhalten. Zudem greifen die Kommunalabgabengesetze fast aller Bundesländer laut IHA explizit auf § 30 Abs. (3) BMG zurück, um ihrerseits Regelungen für die Erhebung von Kurbeiträgen und Tourismusabgaben zu harmonisieren. Mit einem etwaigen Wegfall der Meldepflicht für Inländer gem. § 29 BMG entfiele diese gesetzliche Verankerung. "Es wäre natürlich für einen erheblichen Teil der Beherbergungsbetriebe in Deutschland nur eine Schein-Entbürokratisierung, wenn die Gästedaten zwar nicht mehr nach dem Bundesmeldegesetz, aber weiterhin nach kommunalem Recht von den Betrieben erhoben werden müssten. Der noch vorzulegende konkrete Gesetzesänderungsvorschlag wird sich auch vor diesem Hintergrund als praxistauglich erweisen müssen", mahnte IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe.
"Bürokratie eine Daueraufgabe"
Die Pläne beruhen auf Vorschlägen der Bundesministerien zu ihren jeweiligen Bereichen, aber auch auf einer Online-Befragung von Verbänden, die 442 Vorschläge zum Bürokratieabbau eingereicht haben.
Buschmann sagte, dass es mit dem geplanten Gesetz nicht getan sei. "Bürokratieabbau ist eine Daueraufgabe." So werde Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Vergaberecht angehen und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine ganze Reihe von Maßnahmen im Gesundheitswesen vorlegen. Außerdem solle eine europäische Entbürokratisierungsinitiative gestartet werden, denn der Großteil der bürokratischen Belastungen stammte aus der Umsetzung von Europarecht. Ein entsprechendes Impulspapier beschloss das Kabinett.
Wirtschaftsverbände klagen seit langem über zu viel Bürokratie. Zugleich wächst die Sorge, deutsche Unternehmen könnten international an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wegen im internationalen Vergleich hoher Energiepreise sowie eines milliardenschweren Subventionsprogramms in den USA.
Weitere geplante Maßnahmen im Überblick
- Aufbewahrung: Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden.
- Lebensmittel: Die vorgeschriebenen Aufzeichnungen über Allergene, Zusatzstoffe und Aromen in lose verkauften Lebensmitteln sollen beim Verkäufer nicht mehr schriftlich vorliegen müssen. Eine Aufzeichnung in digitaler Form soll dann genügen.
- Flughafenkontrolle: Reisende sollen Fluggesellschaften künftig erlauben können, die Daten im Chip des Reisepass auszulesen. Das soll Kontrollen beschleunigen.
- Eltern: Wer als Vater oder Mutter die Arbeitszeit verringern oder Elternzeit nehmen möchte, soll das unkomplizierter tun können. Statt einer Unterschrift auf Papier wäre dann zum Beispiel eine E-Mail ausreichend.
- Arbeitsplatz: Statt wie bisher per Aushang sollen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre Mitarbeiter künftig grundsätzlich zum Beispiel über das Intranet informieren können - das gilt für gesetzlich vorgeschriebene Infopflichten für bestimmte Arbeitszeitregelungen. Arbeitszeugnisse sollen in Zukunft auch elektronisch ausgestellt werden können, aber mit elektronischer Signatur. dpa/sar