Ende März werden Gastronomiebetriebe und Hotels seit Beginn der Corona-Pandemie sieben Monate geschlossen sein. Die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga Bundesverbandes, Ingrid Hartges, hat mit Tophotel über den Stufenplan der Regierung und die wirtschaftliche Situation der Unternehmen gesprochen.
Tophotel: Frau Hartges, es sind bereits einige Tage seit der letzten Bund-Länder-Beratung vergangen – wie beurteilen Sie mit etwas Abstand den dort vorgestellten Stufenplan in Bezug auf die Branche?
Ingrid Hartges: Es ist völlig inakzeptabel, dass für Hotels und Restaurants keine konkreten Öffnungsschritte genannt wurden. Das ist vertagt worden auf den 22. März. Diese Ergebnisse sind sehr enttäuschend, zumal sie nicht richtig begründet wurden. Wir arbeiten jetzt auf den 22. März hin und fordern, dass dann auch ein konkreter Fahrplan für unsere Branche beschlossen wird. Denn niemand bestreitet ja, dass wir gute Sicherheits- und Schutzkonzepte haben.
Was erwarten Sie sich genau von der Politik?
Die Politik muss insbesondere ihre Hausaufgaben machen. Das heißt, mehr Tempo beim Impfen und eine kluge Umsetzung einer Schnellteststrategie. Es ist ja ganz offensichtlich, dass die Impfungen und die Tests wesentliche Bausteine dafür sind, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Beim Impfen haben wir bisher eine schlechte Organisation erlebt. Da kommt hoffentlich bald auch eine deutliche Verbesserung, sodass wir eine relevante Impfquote erreichen. Dann sind auch schnellere Lockerungen möglich.
Je nach Infektionsgeschehen kann es ab dem 22. März Lockerungen für die Außengastronomie geben. Macht es denn überhaupt Sinn, zu dieser Jahreszeit die Außenflächen zu öffnen?
Wir wissen erstens, dass viele Unternehmen gar keine Außengastronomie haben und zweitens, dass die Temperaturen im März sehr unterschiedlich sein können. Gerade am Abend werden wenige Gäste das Angebot nutzen. Es wäre wichtiger, dass Hotels und Restaurants noch vor Ostern wieder öffnen dürfen.
Ende März wird die Branche insgesamt sieben Monate geschlossen sein. Wie ist die wirtschaftliche Lage der Unternehmen?
Die wirtschaftliche Situation ist dramatisch. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat es nicht mehr solche Umsatzrückgänge gegeben. Aber die finanzielle Seite ist nur ein Aspekt. Bei uns melden sich viele Unternehmer und Mitarbeiter, die einfach verzweifelt sind, weil es nicht weitergeht. Deshalb ist die Politik wirklich dringend gefordert, mehr zu ermöglichen. Wir sind kein Pandemietreiber, das hat auch das Robert-Koch-Institut festgestellt. Man muss schon quasi mit der Lupe hinschauen, um zu sehen, wie hoch das Infektionsgeschehen in Hotellerie und Gastronomie war. (Anm. d. Red.: Die existenzbedrohende Lage zeigt sich auch in den Ergebnissen der aktuellen Dehoga Umfrage)
Der Dehoga Nordrhein hat in der vergangenen Woche die Möglichkeit einer Klage ins Spiel gebracht. Gibt es seitens des Bundesverbandes ebenfalls solche Überlegungen?
Der Dehoga versteht sich als Anwalt der Branche. Wir prüfen intensiv alle Möglichkeiten. Wir müssen allerdings konstatieren, dass alle Klagen vom Einzelhandel bisher abgewiesen wurden. Wir werden über das weitere Vorgehen in dieser Woche gemeinsam mit den Landesverbänden entscheiden. Die jeweiligen Verordnungen sind ja mittlerweile veröffentlicht worden. Wir werden diese mit unseren Anwälten genau analysieren – darauf darf sich die Branche verlassen.
Sie setzen sich seit mittlerweile einem Jahr unermüdlich für das Gastgewerbe ein. Woher ziehen Sie die Kraft immer weiter zu machen?
Es ist kräftezehrend, keine Frage. Aber ich übe diese Aufgabe gerne aus. Ich liebe diese Branche. Ich bin seit über 30 Jahren beim Dehoga tätig. Ich will, dass diese Branche überlebt und dass sie eine Zukunftsperspektive bekommt. Da fällt es mir auch nicht schwer, sieben Tage die Woche da zu sein.
Interview: Maximilian Herrmannsdörfer
Ingrid Hartges im Tophotel-Interview "Wir arbeiten jetzt auf den 22. März hin"
