Analyse Ist die Hotellerie ein guter Arbeitgeber?

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Wie wird die Hotellerie als Arbeitgeber bewertet. Das hat Tophotel analysiert. © Thapana_Studio - stock.adobe.com

Um das herauszufinden, haben wir uns auf diversen Bewertungsplattformen umgesehen, haben Studien, Rankings und Resultate von Preisverleihungen recherchiert. Das Ergebnis könnte besser sein. Die positive Nachricht: Die Hotellerie scheint wachgerüttelt.

"Clients do not come first. Employees come first. If you take care of your employees, they will take care of your clients." Dieses Credo des britischen Unternehmers Richard Branson, Gründer von Virgin, zitiert die Schweizer Beratungsagentur Map Boutique Consultancy auf ihrer Webseite. Ist es also Zeit, den Teammitgliedern mehr Aufmerksamkeit zu schenken als den Gästen? Fakt ist, dass aus einem Arbeitgeber- ein Arbeitnehmer-Markt wird.

Die Anforderungen, die an Arbeitsplätze gestellt werden, steigen, Fachkräftemangel und Fluktuation werden für viele Hoteliers zur zentralen Herausforderung. Umso wichtiger ist es für die Branche und jeden einzelnen Betrieb, als guter Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Im Zeitalter des Internets und zahlreicher viel besuchter Arbeitgeberbewertungsplattformen werden Defizite noch schneller und in breiteren Kreisen publik.

Die Schwachpunkte sind schnell gesagt: Work-Life-Balance, Gehalt, Image

Es liegt nahe, dass sich Bewerber möglichst umfassend informieren möchten, bevor sie sich für einen Job entscheiden, und dass sie dankbar für Einblicke sind, die die neuen Plattformen bieten. Laut einer Trendence-Erhebung für die Universität Innsbruck im Jahr 2022 informieren sich heute rund 78 Prozent der Arbeitsuchenden im deutschsprachigen Raum auf Bewertungsplattformen über Arbeitgeber. Doch egal welche Plattform oder welches Ranking man sich anschaut: Branchenübergreifend zählen Hospitality-Unternehmen nicht zu den Top-Platzierten.

Auf dem Arbeitgeberbewertungsportal Kununu erreicht die Hotellerie Platz 29 von 42 Branchen. Und die „Schwachpunkte“ sind schnell ausgemacht: Bei der Work-Life-Balance wird nur Rang 34 erreicht, bei Gehalt und Sozialleistungen Platz 32. Erheblich besser: Rang 15 in Bezug auf Karriere und Weiterbildung, Platz 18 beim Image – was Anknüpfungspunkte bietet und Hoffnung macht. Maria Mittendorfer, Geschäftsführerin der Fair Job Hotels, findet ohnehin, dass die Branche positives Storytelling betreiben, aber natürlich auch flexible Arbeitsmodelle verstärkt in den Fokus rücken sollte. Fair Job Hotels wurde 2016 mit der Vision gegründet, das Image der Branche zu verbessern und zählt heute 110 Partner – „faire Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die sich für das Wohl der Mitarbeitenden einsetzen“.

Kununu-Ranking: Score-Sieger und -Verlierer in der DACH-Region

Kein einheitliches Bild

Branchenintern analysiert, zeigt sich bei den Arbeitgeberbewertungen kein einheitliches Bild. Mal sind die einen Hotels vorn, mal ganz andere. Manche Namen tauchen des Öfteren auf, aber eindeutig aus der Summe der Rankings herausragende Betriebe finden sich nicht. Es gibt Hotels beziehungsweise Hotelketten, die bei einer Erhebung im vorderen Drittel, bei einer zweiten nur im Mittelfeld bewertet sind. Andere haben niedrige Scores, aber hohe Weiterempfehlungsraten. Mitunter beziehen sich Studien, wie etwa die der Zeitschrift Stern, nur auf Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten. Man muss also – bisher – sehr genau hinsehen, um wirklich aussagekräftige Eindrücke zu gewinnen.

"Das Bild ist verzerrt. Aus der Praxis ist leider bekannt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Bewertungsportale auch nutzen, um Negativstimmung zu verbreiten", sagt Maria Mittendorfer, bestätigt aber: "Auch wir achten bei Aufnahmegesprächen unter anderem auf die Bewertungen." Denn, so Magdalena Rungaldier, Principal bei Map Boutique Consultancy: "Muster können auf diesen Bewertungsportalen trotz allem klar erkannt werden." Ihr Rat: "Wie bei Bewertungsportalen für Hotels selbst sollten die Bewertungen differenziert betrachtet werden. Denn sie werden von vielen Faktoren beeinflusst: Wird vom Arbeitgeber aktiv zum Bewerten aufgefordert? Zeigen Bewertungen das vollständige Bild oder nur die Extreme? Wird das Unternehmen an sich oder der jeweilige Manager bewertet?"

Stern-Ranking: Die bestplatzierten Hotelunternehmen

Hintergrund & Methodik: Das im Januar 2023 veröffentlichte Ranking des Magazins Stern und des Markforschungsinstituts Statista bewertet branchenübergreifend die besten Arbeitgeber Deutschlands. Unter die Top 30 hat es dabei kein Hotel beziehungsweise keine Hotelgruppe geschafft. Für die Studie wurden vom 3. bis 29. Juni 2022 per Online-Panel mehr als 43.000 Mitarbeitende von Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten in Deutschland befragt, ob sie ihre eigene Firma und Unternehmen ihrer Branche als Arbeitgeber empfehlen können. Insgesamt wurden eine Million Bewertungen abgegeben.

Ehrliche Einblicke in die Sicht der Mitarbeitenden auf das Unternehmen

"Die gewonnenen Informationen bieten vor allem Arbeitgebern einen ehrlichen Einblick in die Sicht der Mitarbeitenden auf das Unternehmen und die Rahmenbedingungen", meint Sophia Krekel, Head of Regional Sales bei Stepstone Deutschland, wozu die digitale Jobbörse  Hotelcareer mit integrierter Bewertungsplattform gehört. Dort werden alle eingehenden Reviews und Antworten von einem Team nach strikten Richtlinien moderiert, um verbale Entgleisungen und rechtliche Verstöße von vornherein zu vermeiden. Sophia Krekel berichtet aus der Hotelcareer-Erfahrung: "In der Regel fallen Bewertungen von aktuellen Mitarbeitern eines Unternehmens besser aus als von ausgeschiedenen."

Diese Erkenntnis sollten sich Hoteliers künftig zunutze machen. Zur Unterstützung der Branche bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräften hat der Hotelverband Deutschland (IHA) auf Initiative seines Vorsitzenden Otto Lindner mit der Plattform Kununu eine Kooperation begonnen. Kununu wurde 2007 in Wien gegründet und wuchs schnell. 2013 wurde das Unternehmen, das bereits über sieben Millionen sogenannte Workplace Insights – Bewertungen, Hintergründe zur Firmenkultur und Gehalts­informationen – liefert, von Xing (heutiger Name der Holding: New Work SE) übernommen. Mehr als 1.900 Arbeitgeberprofile aus der Hotellerie sind gelistet, die künftig ein eigenständiges und somit „herausfilterbares“ Branchensegment bilden soll. Ziel der Zusammenarbeit ist die Stärkung der Wettbewerbsposition der Hotellerie durch eine transparentere Darstellung ihrer Arbeitsbedingungen.

Früh nach der Zufriedenheit zu fragen, kann nur hilfreich sein

Um die gewünschte Transparenz zu erreichen, sollen Anzahl und Qualität der abgegebenen Arbeitgeber-Bewertungen erhöht werden, was auch im Interesse von Kununu ist, das möglichst repräsentative Veröffentlichungen sicherstellen möchte. Arbeitgebern wird deshalb empfohlen, „neutral und wertfrei“ zu Bewertungen unter den eigenen Beschäftigten aufzurufen. Wie genau das geschehen kann? „Meilensteine lassen sich nutzen“, sagt Christin Neumann, IHA-Referentin: „Man kann nach einem Bewerbungsgespräch oder der bestandenen Probezeit zwanglos um die Einschätzung bitten, wie der Start war. Früh nach der Zufriedenheit zu fragen, kann nur hilfreich sein. Im weiteren Verlauf lassen sich dann zum Beispiel Jahresgespräche dafür nutzen.“

Die Schulung der Mitgliedsunternehmen des IHA im Umgang mit Arbeitgeberbewertungen, um das sogenannte Employer Branding positiv zu beeinflussen, ist weiterer Part der Kooperation. Auch für Maria Mittendorfer steht fest: „Die Betreuung von Bewertungsplattformen ist unabdingbar und sollte regelmäßig erfolgen. Es ist wichtig, in allen Fällen Stellung zu nehmen.“

"Man sollte Mut zum ­Profil sowohl mit ­Stärken als auch Schwächen haben und Persönlichkeit zeigen. Was Sie als Arbeit­geber ausmacht, sollte sichtbar werden."

Mathias Burger,
Senior Business Development Manager bei Kununu

Mathias Burger, Senior Business Development Manager bei Kununu, rät: „Erstens: Tief durchatmen und sich nicht dem ersten Impuls hingeben. Man sollte sich mit der Kritik intern auseinandersetzen und Optimierungspotenziale identifizieren, bevor man antwortet. Zweitens: Wertschätzung zeigen. Wer sich die Zeit für eine Bewertung genommen hat, verdient Dank für Zeit und Mühe. Drittens: Auf die Kritik reagieren, die Punkte aufgreifen und sachlich Stellung dazu nehmen. Viertens: Deutlich machen, wo man sich verbessern möchte und Lösungen vorschlagen. Und fünftens: Persönlichen Austausch anbieten und Dialogbereitschaft im Sinne von ‚Die Tür steht offen‘ signalisieren, um das Feedback zu besprechen.“ Burgers weiterer Rat: „Mut zum eigenen Profil sowohl mit Stärken als auch Schwächen haben und Persönlichkeit zeigen. Was Sie als Arbeitgeber ausmacht, sollte sichtbar werden.“ Der Kununu-Experte betont, dass ein Score von 5,0 nicht entscheidend ist. „Kein Arbeitgeber ist perfekt. Wir bemerken sogar, dass Unternehmen, die durchschnittlich bewertet sind, von den Interessenten als besonders verlässlich eingeschätzt werden.“

Neue Arbeitsmodelle, Werte, Remote Work: Ein Kulturwechsel zahlt sich aus

Wer bei Kununu nonstop gute Bewertungen hat, erhält das Siegel „Top Employer“, das auch für die Eigenwerbung lizenziert werden kann. Doch es gibt noch einige weitere Zertifizierungen und Arbeitgeber-Preise, um die sich Unternehmen aktiv bemühen können. Ob sich eine Teilnahme lohnt, muss abgewogen werden. So zertifiziert „Great Place to Work“ Organisationen auf Grundlage anonymer Mitarbeiterbefragungen und der Analyse der Personalmaßnahmen. Nicht jedes teilnehmende Unternehmen qualifiziert sich, das Great-Place-to-Work-Siegel bedeutet insofern zwar eine Investition, ist aber nicht „käuflich“.

Der „Deutsche Personalwirtschaftspreis“, bei dem 2022 der Öschberghof eine Auszeichnung in der Kategorie „Ausbildung & Duales Studium“ erhielt, ist ein weiteres Beispiel. Die „Fair Company Initiative“ wiederum richtet sich gezielt an Berufseinsteiger und Young Professionals und würdigt Betriebe, die jungen Menschen faire Arbeitsbedingungen und Entwicklungsperspektiven bieten. „In der Hotellerie tut sich gerade viel, es gibt innovative Modelle wie die Viertagewoche und tolle Entwicklungsprogramme“, so Christina Schinz, Projektleitung der Fair Company Initiative.

Die Deutsche Hotelakademie (DHA), Initiator der „Hospitality HR Awards“, zählt nicht nur mehr Award-Bewerbungen, sondern auch positive Entwicklungen. Geschäftsführerin Merle Losem: „Es werden erkennbar mehr Ressourcen – Personal und Budget – für HR bereitgestellt und die HR-Funktion aufgewertet. Unternehmenskultur, Werte, DNA, Leitbilder sind Themen, die stärker ins Blickfeld geraten. Veränderungen, die vor einigen Jahren für unsere Branche undenkbar waren, werden angestoßen – wie neue Arbeitsmodelle oder Remote Work.“ Dass sich entsprechende Aktivitäten lohnen, bestätigen fundierte Studien von Great Place to Work: „Unternehmen mit einer werteorientierten (Arbeitsplatz-)Kultur verzeichnen eine dreifach höhere Bewerberquote, ihre Mitarbeiterfluktuation ist nur halb so hoch und die Zahl der Krankentage um 74 Prozent niedriger.“