Ferienhotellerie Resorts haben eigene Spielregeln

Stephanie Zarges-Vogel Interview
Stephanie Zarges-Vogel im Interview über die Herausforderungen und Chancen der ­Resort-Hotellerie. © Zarges von Freyberg GmbH
Die Coronapandemie hat das Interesse an der Ferienhotellerie gesteigert. Doch die Unterschiede zur Stadthotellerie sind groß. Im Tophotel-Interview erläutert Stephanie Zarges-Vogel, geschäftsführende Gesellschafterin bei ­Zarges von Freyberg Hotel Consulting, die Herausforderungen und Chancen der ­Resort-Hotellerie in der ­Region Deutschland, Österreich, Schweiz. Tophotel: Frau Zarges-Vogel, wie nachhaltig ist der Hype um die Ferienhotellerie in der DACH-Region? Stephanie Zarges-Vogel: Viele Zeichen sprechen für ­seine Nachhaltigkeit. Die Region Deutschland, Österreich, Schweiz wird als Urlaubsdestination immer beliebter, und das Investoreninteresse ist deutlich gestiegen. Der Trend zu Reisen im eigenen Land und auf kurze Distanz bleibt sicherlich aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen und politischen Lage weiterhin bestehen. Die Ferienhotellerie wurde bisher überwiegend von Privathoteliers geprägt beziehungsweise von regionalen Sparkassen und Volksbanken finanziert. Als Folge der Coronapandemie erleben wir nun ein stetig wachsendes Interesse an Feriendestinationen sowohl bei institutionellen Investoren als auch bei Hotelgesellschaften, die sich bisher nur auf Städte fokussiert haben. Für viele sind Resorts aber nach wie vor eine Black Box. Eine Exkursion in die Resort-Hotellerie, die wir im Sommer für einen institutionellen Investor organisiert und begleitet haben, war daher sehr wertvoll für unsere Mandanten.

Stephanie Zarges-Vogel

Stephanie Zarges-Vogel ist in der Ferienhotellerie aufgewachsen. Ihre Familie führt in dritter Generation das Luxushotel Thurnher’s Alpenhof in Zürs am Arlberg. Die 44-Jährige studierte Hospitality ­Management und Kommunikation in London, Paris und Pforzheim und ist seit 15 Jahren geschäftsführende Gesellschafterin des Münchner Beratungs­unternehmens Zarges von Freyberg Hotel Consulting, zudem Gesellschafterin des Marketing-­Unternehmens Online Birds und seit Juni 2022 im Aufsichtsrat des Ferienparks Weissenhäuser Strand.
  Welche Stellschrauben sind beim Betrieb eines ­Resort-Hotels anders als beim Stadthotel? Resort-Hotels müssen häufig als eigene Destinationen funktionieren, was es arbeitsaufwendig und kostspielig für den Betreiber macht. Zudem müssen die Hoteliers mit der Saisonalität umgehen können. In der Neben­saison kann es zu auslastungsschwachen Zeiten mit niedriger Durchschnittsrate und negativem Cashflow kommen. Manchmal gibt es sogar nur eine Saison und die Hotels sind über Monate geschlossen. Das alles muss in der Hauptsaison wieder aufgeholt werden. Dadurch ist das Revenue Management in der Ferienhotellerie deutlich komplexer als in der Stadt. Zudem sind die Anforderungen und Erwartungen von Resort-Gästen an Produkt und Service meist anspruchsvoller. Um sie erfüllen zu können, sind Resort-Hotels deutlich personalintensiver als Stadthotels. Zudem müssen sie intensiver Marketing betreiben und zahlreiche Vertriebswege und -partner suchen. Stadthotels generieren Auslastung bereits über eine zentrale gute Lage und umliegende Attraktoren. Was gilt es beim Bau zu beachten? Der Flächenbedarf eines Resort-Hotels ist in der Regel deutlich höher als bei einem Stadthotel. Bisher sind klassische Ferienhotels mit großzügigen Gastronomie- und Wellnessbereichen, einem Angebot für Familien, teilweise weitreichenden Außenflächen und anderen Freizeit­einrichtungen bestückt, um Gästen ein ganzheitliches Produkt anbieten zu können. Aufgrund der längeren Aufenthaltsdauer spielen Ambiente und Atmosphäre hier eine zentrale Rolle. Aber nicht nur die Fläche erhöht die Baukosten, sondern je nach Standort können sie sprunghaft steigen – vor allem in Gebirgsregionen, wo die Bodenbeschaffenheit, die Anlieferung der Baumaterialien oder andere Widrigkeiten zu Kostentreibern werden.
Investoren haben den Anspruch, dass Produkte multiplizierbar sind und sich dadurch einfacher positionieren lassen.“ Stephanie Zarges-Vogel
Welche Standorte und Betriebsgrößen sind für institutionelle Investoren interessant? Eine möglichst lange Saison, Standorte am Meer oder im Gebirge sowie ein großes Einzugsgebiet innerhalb von 200 Kilometern. Zunehmend wächst aber auch das Interesse an kleineren Städten im ländlichen Raum, wo nun beispielsweise B&B Hotels Fuß fasst. Ein attraktives Sightseeing- oder Kulturangebot ist ebenso relevant wie ein nah gelegener Flughafen für eine schnelle und unkomplizierte Anreise. Eine wirtschaftlich attraktive Betriebsgröße beginnt bei mindestens 80, eher 100 Zimmern. Außerdem sollte ausreichend Fläche für die oben genannten Anlagen vorhanden sein. Welche Betreiber kommen für institutionelle Investoren in Frage? In der DACH-Region gibt es bisher nur wenige Betreibergesellschaften, die für institutionelle Investoren passen. Selbst White-Label-Betreiber agieren in der Ferienhotellerie noch verhalten. Zum einen fehlt Resort-Expertise, zum anderen gibt es nur begrenzt Franchise-Marken, die auf die Resort-Hotellerie ausgerichtet sind. Ein Beispiel für ein neues White-Label-Produkt mit internationaler Brand ist das im Bau befindliche Autograph Collection Hotel am Tegernsee mit Betreiber Signo Hospitality. Etabliert haben sich in der DACH-Region Betreiber wie die DSR Hotel Holding mit den Marken Aja und Arosa, Hirmer Hospitality mit Travel Charme Hotels & Resorts, Truuee und Urban Nature oder Arcona Hotels & Resorts. Die Marke Barefoot halte ich für spannend, wobei es hier die Herausforderung sein wird, die richtigen Standorte zu finden. Die Bikini Island & Mountain Hotels oder Casa Cook sind ebenfalls Konzepte, die das Thema Ferien­hotellerie neu definieren. Hinzu kommen neue Player, wie Ruby Hotels, die derzeit auf Hochtouren an Resort-­Produkten arbeiten. Ferienhoteliers wie etwa die Seetelhotels könnten ­solche Häuser doch auch betreiben? Das Konzept der Seetelhotels funktioniert hervorragend in ihrer Region, da hier ein Markt bespielt wird, den man sehr gut kennt und so Verbundeffekte vor Ort optimal nutzen kann. Investoren suchen nach internationalen Marken beziehungsweise Gesellschaften, die die Vorteile der Systemhotellerie bündeln und dadurch für sie greifbarer werden. Hier spielt außerdem eine gewisse Risikoaversion eine entscheidende Rolle. Eine Gesellschaft, die standortseitig und wirtschaftlich breiter aufgestellt ist, ist im Ernstfall krisenresistenter als ein Betreiber mit Fokus auf eine Region. Zudem haben Investoren den Anspruch, dass Produkte multiplizierbar sind und sich dadurch einfacher positionieren lassen. Könnten erfahrene Privathoteliers nicht für den ­Investor als White-Label-Betreiber agieren? Dies kann eine Lösung für die Zukunft sein. Denn durch das White Labeling bekämen Privathoteliers die Möglichkeit, mit einer internationalen Marke Zugang zu bisher unerreichten Märkten zu erlangen und dadurch neue Gästegruppen zu erschließen und ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Zudem stehen damit etablierte Marketing- und Vertriebswege sowie internationale Buchungssysteme und Bonusprogramme zur Verfügung. Diese Idee birgt aber auch Risiken für Privathoteliers. Aufgrund teilweise starrer und hoher Anforderungen an Produkt und Ausstattung sowie vorgeschriebener Standards müssten Konzepte neu gedacht oder sogar baulich umgewandelt beziehungsweise neu aufgestellt werden. Das kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Zudem besteht die Gefahr, dass die von Gästen häufig sehr geschätzte Individualität verloren geht und andere besondere Alleinstellungsmerkmale eingebüßt werden müssen. Wird die derzeitige Energiekrise das Interesse an der Ferienhotellerie wieder drosseln? Die Gewinnmargen für Familien- und Mittelstandsbetriebe werden kurzfristig zurückgehen. Resort-­Hotels mit umfangreichen Freizeit- oder Wellnessanlagen sind natürlich stärker von möglichen Gas-Engpässen beziehungsweise höheren Energiekosten betroffen als Stadt­hotels. Außerdem ist mit einer Beeinflussung der ­Reiselaune zu rechnen. Je nachdem, wie drastisch sich die Energiekrise in den kommenden Monaten entwickelt, wird meiner Auffassung nach das Interesse an Resort-­Hotels bestehen bleiben, allerdings wird man sich beim Bau neuer Hotels eingängig mit alternativen Energie­ressourcen auseinandersetzen müssen. Welche Maßnahmen empfehlen Sie Hoteliers, um ­besser durch den Winter zu kommen? So kurz vor Winterbeginn muss auf simple Methoden zurückgegriffen werden. Um Energie ressourcensparender zu verbrauchen, kann zum Beispiel auf LED-Leuchten, Spitzenstromsteuerungen und Wassersparer gesetzt werden. Mittelfristig ist eine Umstellung auf Photovoltaik (PV) dringend erforderlich, dies ist jedoch kurzfristig häufig nicht möglich. Es liegt an der Hotellerie, sich im kommenden Jahr nachhaltig mit langfristigen Einsparungsmöglichkeiten zu beschäftigen. Was sind die größten Herausforderungen für Resorts in den kommenden fünf Jahren? Das werden die steigenden Kosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal sein und der allgemeine Fachkräftemangel. Das Thema Wohnraumschaffung für Mitarbeiter ist in der Resort-Hotellerie derzeit ebenfalls brisant. Ein weiteres Risiko liegt in der Konsum­zurückhaltung und deutlich höheren Preissensibilität der Gäste aufgrund der Inflation und allgemein wirtschaftlichen Lage. Daher erwarte ich, dass sich auch im Resort-Bereich Budgetkonzepte etablieren werden, die mit einfachen Produkten und schlanken Strukturen einen deutlich besseren Preis ansetzen können. Hier ­werden es Angebote im Midscale-Segment zukünftig ­sicherlich am schwersten haben.

Zarges von Freyberg Hotel Consulting

Das Unternehmen steht für einen ganzheitlichen ­Beratungsansatz. Sein Portfolio im Bereich ­Hotel Consulting umfasst dabei Leistungen sowohl für bestehende Hotels als auch für neue Hotel­entwicklungen, darunter: • Ankaufsprüfungen, Machbarkeitsstudien oder Wirtschaftlichkeitsprognosen sowie Betreibersuche für Investoren. • Beratung von Eigentümern und Betreibern bei der Entwicklung neuer Konzepte und Wirtschaftlichkeitsberechnungen, unter anderem für Erweiterungs- oder Umbauvorhaben.
  Auf welches Haus, an dessen Entwicklung Sie ­beteiligt waren, sind Sie besonders stolz, und weshalb? Gut Immenhof in Malente, ein Resort-Hotel im gehobenen Bereich. Es ist bekannt aus der Serie „Ferien auf Immenhof“ aus den 1950er-Jahren und wurde aufwendig restauriert. Dank des Eigentümers wurden Standort und Region mit sehr viel Liebe zum Detail und Authentizität in die Produktgestaltung eingebunden. Außerdem galt ein besonderes Augenmerk dem Faktor Nachhaltigkeit, da beim Bau ausschließlich auf natürliche Materialien gesetzt wurde. Zwei Blockheizkraftwerke produzieren eigenen Strom, und die Brunnen stellen die Wasserversorgung sicher.

Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren:

(v.l.n.r.) Uwe Drangmeister, CFO 12.18., Anton Tjoonk, Geschäftsführer der EV Asset Management GmbH, Jörg Lindner, Geschäftsführender Gesellschafter 12.18. Unternehmensgruppe und Björn Kombächer, Head of Investor Relations EV Asset Management GmbH. © Engel & Völkers Asset Management
Ferienhotellerie: 12.18. blickt optimistisch auf den Sommer Die Ferienhotellerie hat sich während der Corona-Pandemie, aber auch in den Krisen zuvor als resilienter erwiesen als die Stadthotellerie. Deshalb zeigen sich sowohl die in der Resort-Hotellerie engagierte Unternehmensgruppe 12.18. als auch ihr neuer Geschäftspartner Engel & Völkers optimistisch, mit ihr voll im Trend zu liegen. Jetzt lesen!