Technik Brandschutz: Richtig planen, wirksam vorbeugen

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Im Ernstfall vorbereitet: Das richtige Equipment am richtigen Ort ist im Hotel unerlässlich. © Eakrin - stock.adobe.com

Meist handelt es sich bei Sanierungen um ein umfassendes Vorhaben mit Umbauten oder Umnutzungen von Räumen. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf den Brandschutz, wie Experte Manfred Ronstedt erläutert.

Daran kommt kein Bauherr vorbei: Werden Gebäude umfassend renoviert, besteht in der Regel auch die Pflicht, eine Baugenehmigung zu beantragen. Bei Nutzungsänderungen von Räumen, etwa wenn aus Einzelzimmern Doppelzimmer werden oder Änderungen am Tragwerk vorgenommen werden, ist ein Bauantrag erforderlich. Das Problem: Tritt der ungeplante Wechsel von einer angedachten simplen Renovierung hin zu einer umfassenden Kernsanierung ein, ist plötzlich der Bestandsschutz zumindest hinsichtlich des Brandschutzes erloschen. Die 16 verschiedenen Bauordnungen in Deutschland regeln alle ähnlich unter bestimmten Bedingungen, „dass auch die nicht unmittelbar berührten Teile der Anlage mit diesem Gesetz oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften in Einklang ge­bracht werden“ (BauO NRW). Das heißt: Das gesamte Gebäude muss den neuesten Vorschriften entsprechen – auch in Bereichen, die gar nicht von den Baumaßnahmen tangiert werden.

Welcher Handlungsbedarf daraus entsteht, sollten Hoteliers gleich zu Projektbeginn erkunden, um die damit verbundenen Kosten berücksichtigen zu können. Abgesehen davon, dass zudem oft früherer, beim Bau gemachter Pfusch beseitigt wer­den muss, sind es immer wiederkehrende Punkte, die sich aus Änderungen der Bauvorschriften ergeben haben. Besonders Gebäude, die älter als 30 Jahre sind und seitdem brandschutztechnisch nicht mehr modernisiert wurden, weisen solche Defizite auf. Man kann das Hotel gezielt darauf untersuchen. Welche das sind, erfahren Sie hier.

Brandlasten in Fluchtwegen

2005 wurde die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) veröffentlicht und in der Folge in den Bundesländern in verschiedener Form bauaufsichtlich eingeführt. In ihr ist unter anderem geregelt, wie in Rettungswegen wie Fluren und Treppenhäusern Kabel brandschutztechnisch geschützt werden müssen. Vorher fanden sich nur einzelne Vorschriften dazu beispielsweise in den Durchführungsverordnungen der Bauordnungen und auch anderen Verordnungen. Aus alten Zeiten finden sich daher heute noch eine Menge ungeschützter Kabel nicht sichtbar oberhalb abgehängter Decken in Fluren oder auch Steigleitungen in Treppe­nhäu­sern hinter Verkleidungen, die keinen Feuer­widerstand haben. Hier besteht die Sanierung in Abbruch und Neubau: Abreißen der abgehängten Decken, Zusammenfassen der Verkabelung in Kabelschienen mit entsprechenden Halterungen – alle mit brandschutztechnischer Zulassung ausgestattet, fast immer verbunden mit einer Schottung von Kabeldurchgängen durch Wände. Sind Deckenlampen vorhanden, müssen diese natürlich demontiert, später wieder angebracht oder ersetzt werden. Auch den Zustand der Verkabelung für Sicherheitsbeleuchtung, Brand­meldung und Alarmierung sollten sich Hoteliers genauestens ansehen.

Verkabelung mit Funktionserhalt

Erst seit Januar 1991 gibt die damals neu erlassene DIN 4102-12 vor, dass nicht nur in Rettungswegen, sondern generell die Verkabelung für

  • Sicherheitsbeleuchtung
  • Brandmeldeanlagen und Alarmierung
  • Notstromversorgung
  • Rauch- und Wärmeabzugsanlagen
  • Evakuierungsschaltung von Personenaufzügen

mit Funktionserhalt auszuführen sind, das heißt mit einem definierten Brandschutz von 30/60/90 Minuten. Das kann durch Kabel geschehen, die durch eine Ummantelung selbst diese Widerstandsfähigkeit aufweisen oder aber durch Verkleidungen, die entsprechende Prüfplaketten des zertifizierten Trockenbauers tragen müssen.

Holzbalkendecken und hölzerne Treppen

Häufig gibt es in alten Gebäuden noch Holzbalkendecken, die aus brennbarem Material bestehen. Auch vor Jahrzehnten hat man diese bereits mit Brandschutzverkleidungen geschützt – von unten. Heute aber müssen sie auch von oben geschützt werden, da ein Brand auch von oben nach unten durchbrennen kann. Das Gleiche gilt auch für hölzerne Treppenkonstruktionen, die in der Regel in alten Bauten ebenfalls schon von unten geschützt sind.

Treppenmaße: Erschwerte Bedingungen

Hier lauert eine Falle, die auch versierte Baufachleute nicht immer auf dem Schirm haben. Die Ausgestaltung von notwendigen Treppen ist von den Bauordnungen in die als technische Baubestimmung eingeführte Treppennorm DIN 18065 ausgelagert. In ihrer letzten Fassung von August 2020 heißt es in Tab. 1 6.4: „Bei notwendigen Treppen ist sicherzustellen, dass die Maße im gebrauchsfertigen Zustand den Transport von Personen auf einer Krankentrage … durch die Rettungsdienste erlauben.“

Das lässt sich in Treppenhäusern unter 2,80 Meter Breite und einer Podesttiefe von weniger als 1,45 Metern allerdings kaum realisieren. Da hat nun manches alte Hotel ein Problem. Das ist übrigens der Verbreitung von Adipositas geschuldet: Eine Bahre mit einer Person von 150 Kg oder mehr kann von zwei Feuerwehrleuten nicht mehr über die Treppengeländer hinweg gewuchtet werden, sondern nur noch zwischen den Handläufen und Geländern durchgetragen werden. Offenbar kommt dies so oft vor, dass diese Regel Einlass in die Treppennorm gefunden hat.

Schottungen von Leitungsdurchgängen

Es ist schon sehr lange vorgeschrieben, Leitungsdurchgänge durch Wände und Decken mit Brandschutzanforderungen zu schotten. Diese Schottungen bestanden allerdings früher nur aus einer Mineralwolle-Ausstopfung und einer Vermörtelung der offenen Restfläche des Durchbruches. Auch ließ die Sorgfalt, mit der diese Arbeiten ausgeführt wurden, zu wünschen übrig. Ein Blick in alte Installationsschächte zeigt oft gravierende Mängel auf. Es dauerte Jahrzehnte, bis man das heutige technische Niveau mit zugelassenen Materialien, geprüften Konstruktionen, einer Ausführung durch Spezialunternehmen und einer technischen Dokumentation der Maßnahmen erreicht hat. Bei einer Sanierung muss oft eine drei- bis vierstellige Zahl von Schottungen nachgeholt werden.

Vor etwa 40 Jahren begann man im Hotelbau, vorgefertigte Bäder als Raumzellen einzusetzen. Dabei stehen immer zwei Bäder Rücken an Rücken und benutzen einen gemeinsamen Installationsschacht. Selbst wenn sie aus Beton gefertigt sind – oft handelt es sich dabei um Bimsbeton oder Leichtbeton, bieten diese frühen Exemplare keinen belegbaren Brandschutz von Raum zu Raum, weil die Wandstärken zu gering sind und es in Decken und Wänden ungeschottete Durchlässe und Einbauten gibt.

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Kritisch: Dieser Grundrissausschnitt zweier Bäder Rücken an Rücken aus einem etwa 30 Jahre alten Plan wird heute wohl jeden Brandschutzexperten erschaudern lassen. - © Stadt Hamburg

Fertigbäder Rücken an Rücken

Der Grundrissauschnitt aus einem etwa 30 Jahre alten Plan wird heute wohl jeden Brandschutzexperten erschaudern lassen. Der Deckenhohlraum oberhalb der Baddecke wurde in der Regel ebenfalls nicht brandschutztechnisch geschottet. Das Problem: Eine brandschutztechnische Ertüchtigung, um die beiden nebeneinanderliegenden Gastzimmer auch im Badbereich feuerschutztechnisch zu separieren, ist oft nur mit großem Aufwand möglich.

Überdeckung der Stahlbeton-Bewehrung

Seit 2004 wird bei Neubauten ein „konstruktiver Brandschutz“ von Betonbauteilen unter anderem routinemäßig durch eine geeignete Überdeckung der Stahlbewehrung im Beton nachgewiesen. Meistens reicht die bautechnisch vorgeschriebene Überdeckung schon aus und es bedarf keiner weiteren Maßnahmen mehr. Bis 1988 war die nach DIN 1045 für den Korrosionsschutz geforderte Betondeckung jedoch gerin­ger, und in der Regel wird dann die für Ge­schoss­decken vorgeschriebene Feuerwiderstands­dauer von 90 Minuten nicht erreicht. Ist die Decke in ihrer Tragfähigkeit stark überdimensioniert, kann der Brandschutz eventuell durch aufwendige Berechnungen nachgewiesen werden. Andernfalls muss die Decke unterseitig eine Feuerschutzverkleidung bekommen – etwa durch Putz, Spritzbeton oder Brandschutzplatten. Das gleiche gilt natürlich auch für tragende Wände und Stützen aus Stahlbeton.

Beratung zahlt sich aus

Die genannten Brandschutzprobleme haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es sind die, die auf Baustellen am häufigsten auftreten. Um unnötige Planungsaufwendungen und Zeitverluse zu vermeiden, sollten Hoteliers bei einer geplanten Reno­vierung bereits das erste Grobkonzept auf ge­neh­mi­gungsrechtliche Konsequenzen prüfen lassen. Kommt dabei heraus, dass eine Baugenehmigung nötig wird, sind die Konsequenzen für eine erforderliche Bestandsertüchtigung abzuklären, ehe weiter geplant wird. Dies gilt dann nicht nur für den Brandschutz, sondern auch für andere Bereiche wie die Barrierefreiheit, den energetischen Zustand oder den Lüftungsbedarf.

Als Grundlage für diese Ermittlung sollten spezialisierte Fachleute das Hotel vorab systematisch auf seinen Bauzustand untersuchen und akribisch prüfen, wie groß die Übereinstimmung mit den heute geltenden Vorschriften ist. Meist führt dies dazu, dass der Hotelier bei seiner Planung auf Alternativen ausweichen muss. Fest steht jedoch: Wer sich gleich zu Beginn qualifiziert beraten lässt, vermeidet auf der Baustelle böse Überraschungen, eklatante Kostenüberschreitungen und Zeitverluste. Das zahlt sich im Laufe des Umbauprojektes definitiv aus.


Manfred Ronstedt

Der Experte: Manfred Ronstedt

Manfred Ronstedt ist Architekt und Bauingenieur. Zunächst war er als freischaffender Architekt in Hannover tätig, bevor er Geschäftsführer eines Generalunternehmens für Büros, Einkaufszentren und Hotels wurde. Es folgte die Gründung der Planungsfirma PCG, für die er mehr als 250 Hotelprojekte in Mittel- und Osteuropa realisierte.

Seit 2013 ist er tätig bei Ronstedt Hotel Concepts mit den Schwerpunkten Konzeptionsentwicklung und ganzheitliche und fachübergreifende Planung von Hotels. Hierbei begleitet Manfred Ronstedt private Investoren, Hotelbetreiber und internationale Hotelketten, um ihre Projekte zielgerichtet und erfolgreich umzusetzen.

Bild: privat