Wie wird sich der Hotelimmobilienmarkt in diesem Jahr entwickeln? Welche Trends und Herausforderungen gibt es? Branchenexperten geben eine Prognose.
2022 wurde nach Zahlen von Colliers mit 1,875 Milliarden Euro das niedrigste Hotel-Transaktionsvolumen der vergangenen acht Jahre notiert. Das investierte Volumen habe sich im Vergleich zum Rekordjahr 2016 mehr als halbiert: nur noch 36 Prozent des Transaktionsvolumens vom Allzeithoch 2016 (5,2 Mrd. Euro) wurden 2022 notiert.
Im Vergleich mit den vergangenen Jahren habe sich das Verhältnis Einzel- zu Portfoliotransaktionen deutlich verändert. Machten 2016 Einzeltransaktionen knapp 54 Prozent des Gesamtvolumens aus, betrug ihr Anteil 2022 knapp 80 Prozent. René Schappner, Head of Hotel bei Colliers Deutschland: "2022 fehlte die Portfolio-Transaktionstätigkeit im ohnehin schwierigen Umfeld mit rund 275 Millionen Euro fast gänzlich und markierte sowohl relativ als auch absolut ein Tief." Der Anteil der Assetklasse Hotel am gesamten gewerblichen Transaktionsvolumen lag 2022 mit knapp vier Prozent ebenfalls so niedrig wie nie, so der Experte weiter. Zum Vergleich: Auch bei diesem Parameter zeigte sich 2016 herausragend: mit rund zehn Prozent wurde der höchste Anteil der Assetklasse Hotel am gewerblichen Transaktionsvolumen registriert.
Hotel-Transaktionsgeschehen auch 2023 von Vorsicht geprägt
"Sicher war Corona wie in vielen Bereichen nach vielen Boomjahren ein negativer Gamechanger für die Reise- und Tourismusbranche, der eine große Verunsicherung Hotelinvestments gegenüber ausgelöst hat. Die Rückgänge sind im Bereich Hotel insgesamt sogar größer als in anderen Assetklassen, von der Logistik einmal abgesehen. Der Schock war Anfang 2022 noch nicht ganz überstanden und die Verunsicherung wurde durch den Krieg in der Ukraine ein weiteres Mal verstärkt", so René Schappner. Und weiter: "Aufgrund der generell derzeit bei Immobilien verhaltenen Investmentaktivität ist allerdings auch 2023 mit einem unterdurchschnittlichen Hotel-Transaktionsvolumen zu rechnen. Die Portfolioaktivität wird unserer Prognose nach aber leicht zulegen."
Boarding Houses und Serviced Apartments
Für das Segment Boarding Houses und Serviced Apartments registriert Colliers in den vergangenen Jahren einen steigenden Anteil am Hotel-Transaktionsvolumen. Der Anteil dieser Beherbergungsform sei von unter drei auf über acht Prozent angestiegen. Das Investmentvolumen habe seit 2017 durchgehend die 100-Mio.-Marke zum Teil auch sehr deutlich übersprungen, in einigen Jahren auch die 200-Mio.-Marke.
2022 zeigte das Segment zwar mit rund 120 Millionen Euro das niedrigste Volumen der vergangenen sieben Jahre, am grundsätzlichen Anlegerinteresse ändert die Schwankung allerdings nichts. René Schappner: "Der Erfolg und gerade die Krisenresistenz sind ein großes Plus und machen diesen Teilbereich zunehmend auch für Investoren attraktiv. In den vergangenen Jahren wurden daher vermehrt Transaktionen in diesem Segment abgeschlossen."
Weiterhin gefragt seien auch Dreisternehotels. Aufgrund der schlanken Kostenstruktur und hohen Übernachtungsqualität, gepaart mit zentralen Standorten bleibt diese Hotelkategorie ein fester Bestandteil des Gesamtmarktes, weiß Schappner. Die Betreiber seien wirtschaftlich gut durch die Pandemie gekommen und weiter auf Standortsuche und die Investoren sehen in diesen Konzepten nachhaltige Investitionschancen.
Neubau-Anteil rückläufig
Auf nur noch rund ein Drittel beläuft sich der Anteil von Neubauten am Hotel-Transaktionsvolumen seit Beginn der Pandemie. Schappner: "Viele Projekte sind aufgrund von Lieferengpässen entweder verzögert oder standen durch Baukostensteigerungen auf dem Prüfstand. Insbesondere in Innenstadtlagen erschwerten auch die weiter steigenden Büromieten die Umsetzung von Hotelprojekten." Im Vergleich zu den vergangenen Jahren werde es daher ein geringeres Angebot an Forward- beziehungsweise Neubautransaktionen im Markt geben.
Differenzierung, Digitalisierung und neue Player
Auch Katharina Preiss, Geschäftsführerin Deutschland bei Mrp Hotels, beobachtet aufgrund der Vielzahl schwer beeinflussbarer externer Faktoren, mit teilweise gegensätzlichen Auswirkungen, eine auch 2023 fortwährende Unsicherheit sowohl auf dem Investment- als auch auf dem Betreibermarkt. Gleichzeitig kann sie in der Gesamtbetrachtung ein positives Bild der Branche zeichnen. "Konsolidierungen von Betreibergesellschaften, neue Vertriebsallianzen und starke Investment-Kooperationen treiben das Wachstum im Gästebereich auf der Betreiberseite voran", so Preiss. Weiter stark im Aufwind sieht sie den Ferienhotelmarkt, während Serviced Apartments auch am Kapitalmarkt überzeugten.
Trotz fortwährender Herausforderungen auf Kundenebene und für den Hotelbetrieb: Der Eintritt internationaler Marken wie Rosewood stärke die Hotelmärkte der DACH-Region zusätzlich. Gleichzeitig bringen etablierte Brands und Betreiber neue Marken beziehungsweise Konzepte auf den Markt und etablierte Budgetmarken wie Motel One, B&B, Premier Inn und Apartmentbetreiber wie Stayery und Numa expandierten in hohem Tempo. "Deutschland bleibt weiter im Fokus der internationalen Player. Dabei erleben wir die Spaltung des Qualitätsspektrums: während das Budget- und Luxus-Segment wachsen, gestärkt durch fortschreitende Digitalisierung, wird es für das mittlere Segment zum Teil schwerer", fasst Preiss zusammen.
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Tourismus Deutschland 2022
Stark erholt zeigt sich die Übernachtungsnachfrage vor allem in den deutschen Urlaubsregionen 2022, während Stadt-Destinationen noch nicht das Niveau der Vor-Corona-Zeit vorzuweisen haben, wie die Experten zusammenfassten. In Schleswig-Holstein beispielsweise lagen alle einzelnen Monate im Zeitraum März bis November - nach schwachem Jahresbeginn noch unter den Eindruck der Lockdowns – oberhalb der Übernachtungszahlen 2019. Katharina Preiss: "Die Branche bestätigt aktuell einmal mehr ihre Fähigkeit zur raschen Regeneration nach Krisen. Das Inland bleibt als Reisedestination stark, Hotels und Destinationen haben aus der Corona-Not vielfach eine Tugend gemacht und einige Stammgäste gewinnen können." Insgesamt bleibe aber oft noch die Unsicherheit: Kostendruck und Finanzierung sowie Mitarbeitermangel fordern die Branche weiterhin heraus.