Der Markt der Freizeithotellerie boomt in Deutschland. Die Arcona Hotels & Resorts haben ihren Fokus bereits 2019 auf das Leisure-Segment gerichtet. Tophotel hat mit CEO Alexander Winter über die Zukunfts- und Expansionspläne des Unternehmens gesprochen – auch in Hinblick auf den Rollout der Barefoot Hotels in Kooperation mit Til Schweiger.
Tophotel: Herr Winter, 2019 haben Sie Arcona mit dem Verkauf Ihrer Stadthotels neu ausgerichtet. Zu einer Zeit, als Corona nicht vorstellbar war. Was war der Grund für Sie, sich von Ihren Stadthotels zu trennen?
Alexander Winter: Wir haben bereits 2017/18 einen kritischen Blick auf die Entwicklung unserer Stadthotels geworfen und beobachtet, dass sich in den Kleinstädten, in denen wir vor allem vertreten waren, zunehmend Markenkonkurrenz breitgemacht hat. Wir haben gemerkt, dass der Markt dort enger wird. Auch die Preisentwicklung verlief in Relation flacher als in unseren Leisure-Häusern. Das war für uns der Ausgangspunkt, die Strategie zu ändern und die Ferienhotellerie wieder verstärkt ins Portfolio zu nehmen, obwohl wir uns zuvor auf die Stadthotellerie konzentriert hatten.
Das Stadtportfolio mit 17 Häusern wurde von Vienna House gekauft ...
Es war eine glückliche Fügung, dass wir von Vienna House ein sehr gutes Angebot erhielten. Allerdings hatte ich auch Angst vor der eigenen Courage, da wir mit unseren vielen Standorten breit und krisensicher aufgestellt waren. Der Verkauf kam keinen Tag zu spät, kann ich aus heutiger Sicht sagen. Im April 2019 haben wir 17 Hotels verkauft. Die Zentrale ist in dem Zuge geschrumpft, was auch Unruhe ins Unternehmen gebracht hat. Wir mussten dem Team in der Zeit viel Mut zusprechen. Im Februar 2020 hat sich das Bild dann schlagartig geändert. Da ist uns allen schnell bewusst geworden, dass Größe nicht alles ist, sondern dass es im entscheidenden Moment sogar von großem Vorteil ist, in einem kleinen Team zu agieren. Heute sehen das auch die Mitarbeiter so, zusätzlich bestärkt durch die aktuellen Entwicklungen bei uns mit großartigen neuen Projekten.
Wie das neue Projekt, das geplante Barefoot Hotel am Tegernsee (wir berichteten) in Kooperation mit Schauspieler und Regisseur Til Schweiger?
Genau. Ich hatte in den Fachmedien vom ersten Barefoot Hotel am Timmendorfer Strand gelesen und danach Til Schweiger zufällig getroffen, den ich aus anderen Zusammenhängen kannte. "Das schreit nach Vervielfältigung", habe ich zu ihm gesagt. Es hat dann etwas gedauert, bis unsere Zusammenarbeit verhandelt war. Ich bin ein großer Fan des ersten Barefoot Hotels, welches nun nicht mehr unter der Marke geführt wird, was schade ist (wir berichteten). Das Objekt ist wunderschön, hat eine gute Reputation, eine tolle Lage am Timmendorfer Strand. Auf der anderen Seite gibt es uns die Chance, am Tegernsee ganz neu mit der Marke Barefoot Hotels nach vorn zu gehen.
Wie sehen Ihre Expansionsziele für Barefoot aus?
Wir planen 20 Barefoot Hotels in zehn Jahren. Wenn keine Pandemie dazwischenkommt. Wir haben im Juni den Bauantrag für das Barefoot Hotel in Bad Wiessee am Tegernsee eingereicht, sodass wir im nächsten Frühjahr mit dem Bau beginnen können. Parallel arbeiten wir an mehreren Standorten im In- und Ausland, sind aber noch nicht so weit, als dass wir sie konkret benennen könnten. Nur so viel: Wir wünschen uns ein Barefoot Hotel an der Ostseeküste, eines an der Nordseeküste. Und eines auf Mallorca.
Also geht Arcona nun auch über den DACH-Raum hinaus ins Ausland?
Wir denken, dass die Marke Barefoot international gut aufgestellt ist. Das Konzept wird überall als lässig verstanden. Die Innenarchitektur ist international, hochwertig, natürlich und zeitlos. Der Name Til Schweiger zieht enorm auf dem deutschen Hotelmarkt und ist auch in ausländischen Märkten sehr bekannt.
Steht die Weiterentwicklung mit Barefoot bei Ihnen ganz oben auf der Agenda?
Ja, aber nicht nur. Wir haben zwei Säulen. Die eine sind die Barefoot Hotels mit einem klar definierten Auftritt. Auch in der Arcona-Welt möchten wir weiter wachsen. Hier konzentrieren wir uns auf gut entwickelte Tourismusdestinationen und da wiederum auf sehr gute Standorte. Es kann vielleicht noch die zweite Reihe sein, aber nicht die dritte oder vierte. Lage, Lage, Lage – das Motto von Conrad Hilton ist unser Expansions-Credo. Dass wir damit richtig liegen, hat die Vergangenheit gezeigt. Wir waren auch in den Städten immer in einer extrem guten Lage zu finden und damit auch sehr gut positioniert. Im Unterschied zu Barefoot konzentrieren wir uns bei den Arcona-Häusern auf den DACH-Raum. Auch wenn unser Fokus Leisure ist, so gehen wir nicht nur in klassische Feriendestinationen. Wir sind sehr erfolgreich mit dem Hotel Elephant in Weimar, mit unserem Romantik Hotel auf der Wartburg, das wir seit 2001 im Betrieb haben. Mit dieser Erfahrung ist es uns gelungen, den Pachtvertrag für das Schloss Cecilienhof der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zu sichern. Das Hotel stand acht Jahre leer, das Museum ist gerade aufwendig saniert worden. Das ist keine klassische Ferienhotellerie, aber wir sprechen mit den Produkten Freizeitreisende an. Weimar, Potsdam: das sind Leisure-getriebene Standorte, die durch die kulturelle Ausrichtung der Destinationen gut funktionieren.
Mit der Expansion werden Sie wieder mehr Mitarbeiter benötigen. Wie gehen Sie mit der angespannten Arbeitsmarktsituation um?
Es ist ein großes Problem, dass aufgrund der Pandemie im Moment viele Entscheidungen gegen unsere Branche fallen. Ich glaube schon, dass es junge Menschen gibt, die sich für die Hotellerie interessieren, denen die Eltern aufgrund der Kurzarbeit im Lockdown jedoch von der Hotellerie abraten. Viele Mitarbeiter haben die Branche verlassen. Wir müssten große Rückholkampagnen auf nationaler Ebene starten. Am Ende brauchen wir auch vernünftige Vergütungssysteme, wir selbst zahlen übertarifliche Zulagen. In den Leisure-Destinationen haben wir zusätzlich die Herausforderung, dass wir für Wohnraum sorgen müssen. Da muss aus meiner Sicht auch etwas mit den kommunalen Wohnungsbauunternehmen an den Orten geschehen, die sich die Förderung des Tourismus auf die Fahnen geschrieben haben. Auch als Arbeitgeber ist man gefragt, die Arbeitsbedingungen neu zu denken. Es beginnt ja schon beim Dienstplan: Wir müssen den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, die Destination auch selbst zu erleben, nur so werden wir besser binden können. Derzeit arbeiten wir daran, bis Ende des Jahres die Klammer unserer einzelnen Betriebe etwas klarer zu fassen, die Arcona-DNA stärker zu transportieren, nicht nur für den Kunden, sondern auch für die Mitarbeiter sichtbarer zu machen.
Vor welchen großen Herausforderungen stehen unsere Branche und Sie derzeit noch?
Wir sind froh, dass wir in diesem Jahr nicht mehr bauen. Wir haben gerade unser Haus auf Rügen saniert. Da haben wir sehr deutlich gespürt, dass die Rohstoffpreise unter Druck geraten sind und wir unser Budget erheblich anheben mussten. Ich hoffe, dass sich die Entwicklung ab 2022 mit der Normalisierung des globalen Handels wieder etwas egalisiert. Wir interessieren uns aber auch für Bestandsimmobilien wie das Maritim Kaiserhof auf Usedom, das wir Anfang des Jahres übernommen haben. Hier lassen sich die Investitionskosten besser abschätzen. Für uns als Hotelgruppe ist die Neuausrichtung unserer Marke ein wichtiges Thema. Wir möchten sie wieder als Publikumsmagnet nutzen, daran arbeiten wir gerade. Wir haben im Lockdown zwei neue Projekte an den Start gebracht. Eine Übernahme ist geglückt. Das macht uns auch stolz, dass wir das geschafft haben.
Von der Nordsee bis Tirol
Die Arcona Hotels & Resorts wurden 2008 gegründet. Aktuell betreibt Arcona sieben Hotels: das Hotel Kaiserhof Heringsdorf auf Usedom, das jüngst komplett renovierte Vju Hotel Rügen (ehemals Hanseatic), das Wyn Strandhotel Sylt und das ebenfalls nach Sanierung neu eröffnete Erika Boutiquehotel Kitzbühel; auch das bekannte und 2018 renovierte Hotel Elephant Weimar, das traditionsreiche Romantik Hotel auf der Wartburg und der Golfclub Schloss Teschow zählen zum Portfolio von Arcona. Ein neues Geschäftsfeld werden künftig die lässigen Barefoot Hotels in Kooperation mit Schauspieler Til Schweiger sein. Arcona-Gesellschafter sind Alexander Winter und Treugast-Gründer Professor Stephan Gerhard. Firmensitz ist die denkmalgeschützte Zeek’sche Villa des Architekten Paul Korff in Rostock.