Was tun mit dem „alten“ Mobiliar nach einer Renovierung? Auf die Weiterverwertung spezialisierte Dienstleister bieten lohnenswerte Lösungen an.
Das Fünfsterne-Luxushotel Taschenbergpalais Kempinski in der barocken Innenstadt von Dresden wurde 1995 eröffnet. Nun steht, mit Ausnahme der Restaurant-, Veranstaltungs- und Spa-Bereiche, eine umfassende Renovierung an. Am 3. Januar, nach einem rauschenden Silvesterfest, schloss der Beherbergungsbetrieb seine Türen, im November soll das Hotel wieder in neuem Glanz erstrahlen. "Zunächst hatten wir vor, das Bestandsmobiliar im Rahmen einer eigenen Kampagne zu vermarkten", erinnert sich Clemens Degenhardt, Director of Sales & Marketing. Die Hürde: "Uns blieben vor dem Start der Baumaßnahmen nur knapp zwei Wochen Zeit, um das gesamte Hotel mit 200 Zimmern und 70.000 Einzelteilen zu räumen. So haben wir uns alternativ für die Zusammenarbeit mit einem professionellen Dienstleister entschieden."

Auf Basis mehrerer Angebote erhielt das Team Eilers aus Berlin den Zuschlag. Die Professionalität und Expertise von Astrid Eilers haben im Taschenbergpalais Kempinski überzeugt. Sie ist Inhaberin des Team Eilers sowie der Twins Company, die auf den Vertrieb von Hotelmöbeln aus zweiter Hand spezialisiert ist.
"Die Räumung eines Hotels ist eine logistische Herausforderung. Wir verfügen über ein großes Team, das tagtäglich Möbel abholt, die wir dann im Rahmen spezieller Verkaufstage oder über unsere Website weiterverkaufen. Wir sind deutschlandweit und im europäischen Ausland aktiv", führt die Unternehmerin aus und ergänzt: "Hoteliers bezahlen mitunter sehr viel Geld für die Entsorgung. Wir bieten meist, abhängig vom Zustand und Niveau der Einrichtung, zumindest die kostenneutrale Räumung an. Es gibt eigentlich kein Hotel, aus dem sich nichts mehr verwerten lässt. Mit dem Taschenbergpalais Kempinski Dresden haben wir aufgrund seines wertvollen Mobiliars eine finanziell besonders attraktive Lösung finden können."
Das Team Eilers übernahm vom Taschenbergpalais selbst Kleinteile wie Wasserhähne. Auch Dachboden und Keller wurden geräumt. Ganz ließ sich das Dresdner Hotel jedoch die öffentlichkeitswirksame Selbstvermarktung nicht nehmen: Teile der historischen Einrichtung der Kronprinzen-Suite, in der der einstige US-Präsident Barack Obama oder Königin Silvia von Schweden genächtigt haben, wurden mit der Botschaft "Sichern Sie sich Ihr Stück Taschenbergpalais" offeriert. Auch hochwertige Leuchten aus Murano-Glas kamen in Eigenregie unter den Hammer. Manches prägende Kunstwerk wurde darüber hinaus eingelagert und wird nach der Renovierung wieder eingesetzt.
Unternehmen
Twins Company:
www.twins-company.de
Hotelservice 1:
www.hotelservice1.de
Re-consult:
www.second-hand-hotelmoebel.de
Greencartour:
www.gebrauchtehotelzimmer.com, www.camerehotelusate.it
Ähnlich wie das Team Eilers beschäftigt sich auch das Unternehmen Hotelservice 1 aus Aschersleben seit fast 20 Jahren mit der Wiederverwertung von gebrauchten Hoteleinrichtungen und ist europaweit tätig. "Wir räumen die Hotelzimmer besenrein aus, inklusive Abtransport beziehungsweise Entsorgung", erläutert Geschäftsführer Albrecht Minkner. Der Ankauf von Möbeln wird mit dieser Dienstleistung verrechnet. Mitunter arbeitet das Unternehmen auch auf Provisionsbasis.
Re-consult aus Leichlingen wiederum ist als reiner Vermittler aktiv. "Zunächst prüfen wir die Möbelstücke auf ihren Zustand, ihre Qualität und den Stil. Sollte die Ware unseren Anforderungen genügen, nehmen wir sie in unser Vermittlungsportfolio auf", beschreibt Geschäftsführer Bernd Monzel das Prozedere. Selbst Jurist, unterstützt er seine Klientel zudem mit professionell aufgesetzten Kaufverträgen sowie der Empfehlung von Logistik- und Demontagepartnern – falls die Ankäufer nicht mit einem eigenen Logistikteam zur Räumung anreisen. "Erst wenn der Hotelier seinen Kaufpreis erhalten hat, stellen wir unsere zuvor vereinbarte Provision in Rechnung", betont Monzel.
Hohe Nachfrage nach Secondhand-Mobiliar
Die Nachfrage ist seiner Aussage zufolge "unendlich hoch. Betten beispielsweise könnten wir wegen der Flüchtlingslage gerade weitaus öfter vermitteln, als es das Angebot hergibt". Häufig werde Einrichtung aus Fünf- und Viersternehotels an solche ohne oder mit bis zu drei Sternen weitervermittelt, auch Ferienapartments zählen zum Kundenstamm. Eine gut erhaltene Fünfsterne-Zimmereinrichtung ab 1.000 Euro gebraucht oder ab 20.000 Euro neu – das sei schließlich ein erheblicher Unterschied.
Aber sind Hotelzimmer mit gebrauchten Möbeln eingerichtet auch wirklich wettbewerbsfähig? "Wir wundern uns mitunter selbst, wie schick die aus zweiter Hand eingerichteten Zimmer am Ende aussehen und wie deutlich die Bewertungen im Anschluss steigen. Wir unterstützen allerdings auch mit Designempfehlungen – und produzieren bei Bedarf neue Betten dazu", führt der Re-consult-Geschäftsführer aus.
Monzel erwähnt allerdings auch: "Bei der Preisfindung gehen die Ansichten teils deutlich auseinander." Gut verkaufen sich seiner Erfahrung nach moderne Einrichtungen oder im Gegensatz dazu Antiquitäten. Was dazwischen liegt, sei nur über einen sehr günstigen Preis zu vermitteln, wenn überhaupt. Zehn bis fünfzehn Prozent des Neupreises sei mit No-Name-Einrichtung zu erzielen, Designeinrichtung von zum Beispiel Vitra erbringe entsprechend höhere Erträge.
Team erfahrener Monteure sorgt für die Abwicklung
Ebenfalls als Vermittler tätig ist das italienische Unternehmen Greencartour, das auch in Deutschland, Österreich und Spanien auf Provisionsbasis aktiv ist. "Bisher wurden alle Zimmer verkauft, die wir im Angebot hatten", resümiert CEO Lino Castellano und ergänzt: "Wir haben ein Team erfahrener Monteure, die gebrauchte Zimmer ab- und andernorts wieder aufbauen." Auch er bemerkt, dass der Aspekt der Nachhaltigkeit in der Branche zunehmend wichtiger wird und sich das Thema Secondhand aus der Tabuzone ins positive Gegenteil verkehrt.

Im Flemings Hotel München-Schwabing entschieden sich die Inhaberfamilie und ihr Interior-Team daher bei der Renovierung für Upcycling statt Neukauf. Möbel aus dem eigenen Bestand der Hotelgruppe wurden umfassend aufbereitet und Teil des neuen Konzepts, das neben ressourcenschonendem Design auf regionale Bezüge setzt. Orange, Hellblau und Creme geben farblich den Ton an, auch bei den Zimmerböden, und spielen mit ihren geometrisch angeordneten Quadraten auf bedeutende Münchner Bauwerke an, wie die Residenz, das Schloss Nymphenburg oder den Alten Hof, wo sich ähnliche Böden finden. "Die neu renovierten Zimmer kommen sehr gut an", sagt Henning Kiebach, Cluster General Manager Flemings Hotels München, erfreut. Was deutlich macht: Gebrauchtmöbel eröffnen inzwischen eine Spielwiese an Möglichkeiten.
Stefanie Hütz