Industrietalk Patrick Pötzsch: "Ein Schritt zurück und vier nach vorn"

Mit den Lösungen seines Unternehmens will Gastromatic-­Mitgründer Patrick Pötzsch allen Gastronomie-Mitarbeitenden­ den Arbeitsalltag erleichtern. © Gastromatic

In einem Biergarten mit hohem Personalaufwand hatten fünf Freunde vor rund neun Jahren die Idee, Dienstpläne für das Gastgewerbe zu digitalisieren. Inzwischen beschäftigt der Softwareentwickler und Dienstleister Gastromatic 93 Mitarbeitende. Im Interview mit Hotel+Technik erläutert Geschäftsführer Patrick Pötzsch die Leistungen für die Branche.

Hotel+Technik: Herr Pötzsch, wie würden Sie die Leistungen Ihres Unternehmens beschreiben?

Patrick Pötzsch: Wir bieten ausschließlich Lösungen rund um die Mitarbeitenden an. Die digitale Dienstplanerstellung war unser erstes Projekt, dann wurden 2015 das Mindestlohn-Gesetz und das Gesetz zur Zeiterfassung verabschiedet. Daraufhin entwickelten wir eine Software zur Zeiterfassung, ­Urlaubsplanung und Erfassung von ­Abwesenheiten. Alles in allem: Wir ­konsolidieren Themen rund um die ­Mitarbeitenden, die zwar zusammen­gehören, aber bisher häufig getrennt bearbeitet wurden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Im Laufe der Zeit haben wir unsere Leistungen auf Prozesse wie On- und Off-Boarding, die Verwaltung von Mitarbeiterdokumenten, die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden oder arbeitsrechtliche Belange ausgeweitet. Über unsere Programme werden Führungskräfte aber zum Beispiel auch darauf aufmerksam gemacht, dass sie mal wieder ein Feedback-Gespräch mit Mitarbeitenden führen sollten.

Wie ermittelt das System zur digitalen Dienstplanerstellung, wie viele Mitarbeitende in 14 Tagen auf welchen Posten benötigt werden?

Wir arbeiten mit KI und ziehen unsere Daten aus verschiedenen Quellen, auch aus dem Property Management Systemen (PMS) der Hotels. Für sie war es am Anfang schwierig, mit uns zusammenzuarbeiten, weil sie es nicht gewohnt sind, Daten rauszugeben. Sie sammeln sie in der Regel selbst, um sie zu inte­grieren, davon leben sie. Inzwischen klappt das aber gut. Auch über Kassensysteme (POS) erfahren wir, welche Umsätze die Betriebe in der Vergangenheit zu bestimmten Zeiten generierten. ­Weitere Quellen sind beispielsweise Google mit seinen Grafiken über die meistfrequentierte Besuchszeit im Restaurant oder Wetterprognosen, die darauf schließen lassen, wie voll der Biergarten wird oder ob mehr Gäste übers Wochenende ins Ferienhotel reisen werden. Der Clou dabei ist, dass es auch ­einen Abgleich mit den IST-Zahlen gibt und der Algorithmus so selbst dazulernt und sich verbessert.

Welche weiteren Software-Partner binden Sie in Ihr System ein?

Unter den HR-Prozess fallen auch Schnittstellen zu Lohnabrechnungssystemen oder im Bereich Kommunikation, wo zum Beispiel „Hotelkit“ oder „Beekeeper“ das Team darüber informieren, wo Arbeit ansteht. Andere Beispiele sind Recruiting-Systeme wie „Softgarden“ oder „Personio“. Alle unsere Ansätze ­lassen sich einem von drei Segmenten zuteilen: Dienstplanung, Zeiterfassung und HR-Administration.

Wie erleichtert Gastromatic das Leben der Mitarbeitenden?

Sie müssen zum Beispiel keine Urlaubs­anträge mehr auf dem Papier ausfüllen oder die Überstunden beim Vorgesetzten abfragen. Sie finden alles in ihrer App, die wir inzwischen in zehn Sprachen übersetzt haben. Digitalisierung wird für die Mitarbeitenden immer wichtiger. Und die Zeiten, in denen ältere Menschen kein Smartphone hatten, sind definitiv passé.

Wie aufwendig ist die Einführung des Systems in einem Hotel?

Kleinere Hotels haben weniger Entscheidungsträger und weniger Systeme im Einsatz, das erleichtert die Implementierung unserer Leistungen. In der Kettenhotellerie ist es üblich, dass es für viele Belange bereits eigene Systeme gibt, die aber nicht miteinander kommunizieren und teilweise sehr veraltet sind. Hier empfiehlt es sich oft, mal einen Schritt zurückzugehen, um danach mit uns vier Schritte voranzukommen. Es sollten ohnehin nicht zu viele Systeme nebeneinanderher laufen, das verursacht doppelte Systemkosten und es ist doppeltes Know-how nötig.

Wie lange dauert es, bis die Personalverantwortlichen Ihr System beherrschen?

Das hängt von der Größe des Hotels und dem Paket ab, das erworben wird. In großen Hotels erfolgt die Einarbeitung aber auch in Paketen, denn dort arbeitet beispielsweise ein Mitarbeiter nur am Dienstplan, also wird ihm auch nur der Dienstplan vermittelt. Das dauert insgesamt etwa eineinhalb Stunden. In den ersten sieben Wochen spüren wir in der Regel ein erhöhtes Aufkommen im Support, dann lässt es stark nach.

Wie läuft der Support ab?

Per Telefon oder Video. Unser Ziel ist es, dass der Kunde Soforthilfe erhält, ohne viel Zeit in der Warteschlange zu vergeuden. Wir wollen einen erstklassigen Support bieten. Der Trainingsstand unserer eigenen Mitarbeitenden ist uns daher sehr wichtig. Wir checken auch, wie viele Probleme beim ersten Anruf sofort gelöst werden können.

Wie viele Mitarbeitende haben Ihre Kunden im Schnitt, und sind darunter auch Hotelketten?

Die meisten unserer Kunden haben 20 bis 300 Mitarbeitende. Wir haben auch einige Ketten unter unseren Kunden, denn im Grunde genommen bestehen sie aus einzelnen Häusern. Die Personalplanung ist meist dezentralisiert. Das heißt, die Systeme werden in den einzelnen Hotels implementiert. Am unteren Limit arbeiten wir aber auch mit Betrieben ab acht Mitarbeitenden.

Berechnen Sie die Kosten nach Zimmerzahl?

Nein, sondern nach der Anzahl der Mitarbeitenden. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie festangestellt oder Minijobber sind.

Welche Kosten kommen auf einen Betrieb mit 100 Mitarbeitenden zu?

Unsere Core-Lösung kostet bei 100 Mitarbeitenden 4,70 Euro im Monat pro Kopf, das sind also insgesamt 470 Euro. Je weniger Mitarbeitende ein Betrieb hat, desto teurer wird es im Verhältnis. Bei 50 Mitarbeitenden kostet das Core-Paket 5,56 Euro, also 556 Euro im ­Monat. Unser Most-wanted-Bestseller, das Plus-Paket, beläuft sich bei 100 Köpfen auf 6,50 Euro pro Person im Monat, also ­insgesamt 650 Euro.

Was wollten Sie der Branche immer schon sagen?

Ein großes Dankeschön an all die tollen Gastgeber da draußen. Den wenigsten ist bewusst, wie systemkritisch diese Branche eigentlich ist und welche unternehmerische Leistung hinter jedem Betrieb steckt. Chapeau! Daher sind wir von Gastromatic immer hoch motiviert dabei, die Organisation der Mitarbeitenden weiter zu vereinfachen und zu automatisieren.