The Westin Grand München Mehr Schein als Sein

© Shutterstock

Der erste Eindruck des Westin Grand München (ehemals Arabella-Sheraton Grand Hotel) mit seiner 1970er-Jahre Betonarchitektur mitten im vornehmen Stadtviertel Bogenhausen ist eher ernüchternd. Unser Tester ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und prüfte das Luxushotel und seinen Service »auf Herz und Nieren«.

SO. 04/05, 13:00 – Telefonische Reservierungsanfrage

Das Gute vorweg: Die zentrale Reservierung, zu der ich bei meinem Anruf im Westin Grand München weiterverbunden werde, ist auch am Sonntag besetzt. Und der überaus freundlichen jungen Dame am Telefon würde ich auf jeden Fall bescheinigen, dass sie »stets bemüht« war. Aber es bleibt bei den Bemühungen. Wie so häufig, ist auch diese »zentrale« Mitarbeiterin mit den Details der von ihr zu vermittelnden, einzelnen Häuser nicht ausreichend vertraut, und mit Detailfragen treibt man sie schnell in die Enge. Ich möchte zum Test ein romantisches Wochenende über Pfingsten buchen und will wissen, was das Westin Grand mir diesbezüglich zu bieten hat. »Da muss ich Ihnen ehrlich sagen …«, antwortet die Mitarbeiterin mehrfach mit geradezu entwaffnender Aufrichtigkeit, und dann kommt wahlweise »… da muss ich erst einmal nachschauen«, oder »… damit bin ich nicht so vertraut.« Immer wieder verweist sie auf das Internet, aber ich rufe ja an, um mich durch eine persönliche Beratung davon überzeugen zu lassen, dass es gerade dieses Haus für meinen Hochzeitstag sein soll. Eine besondere Idee für diesen Tag? »Unser Concierge kann da bestimmt eine wunderschöne Überraschung für Sie vorbereiten!« Was das sein könnte? »Ich muss Ihnen ehrlich sagen, da bin ich nicht sehr fantasievoll!« Wenn die Mitarbeiterin mir wenigstens einen Rückruf vom Concierge angeboten hätte – aber so wäre das Hotel »im Ernstfall« nicht in die engere Wahl gekommen.
Wertung: mangelhaft

Internet-Auftritt / Online-Buchung

Optisch kein großer Hingucker und grammatikalisch teilweise fehlerhaft präsentiert sich die im Corporate Design der Starwood Hotels gestaltete Homepage des Westin Grand München dennoch übersichtlich und informativ. So führen beispielsweise bei den gastronomischen Outlets Links zu deren eigenen Websites, die detailliert über die Philosophie der Küche sowie das Speisen- und Getränkeangebot Auskunft geben. Möchte man sein Zimmer per Computer buchen, findet man Hilfe unter dem Button »Zu viele Möglichkeiten? Suchen Sie ein Zimmer, das am besten zu Ihren Anforderungen passt.« Hier kreuze ich bei »Zimmerausstattung« das »Heavenly Bed & Bath«-Angebot an, das ich auf jeden Fall ausprobieren möchte. Automatisch schließen sich damit andere Optionen wie »10 % Nachlass im Spa« oder auch »zwei Einzelbetten«. Jetzt noch »obere Etage« angekreuzt und schon bin ich beim Grand Deluxe Zimmer Nichtraucher mit Kingsize-Bett zum Preis von 170 Euro pro Nacht ohne Frühstück. Gebucht.
Wertung: gut

Lage / Anreise

Die Lage im noblen Münchner Stadtteil Bogenhausen ist gut, der Englische Garten nicht weit und die Verkehrsanbindungen sind bestens. Aber ebenso wie das benachbarte Schwesterhotel, das Sheraton Arabellapark, beeindruckt das Westin Grand eher durch seine Größe als durch seine Architektur. 22 Stockwerke hoch und etwas schmuddelig präsentiert sich die Westin-Fassade mit dem Beton-Charme der frühen 1970er-Jahre, ihr zu Füßen liegt ein ebenso unattraktiver Flachdachbau mit der Hotelvorfahrt. Die großformatigen Pflanzkübel sind lieblos bepflanzt und wirken nicht gepflegt. Das Portiersdesk ist verwaist. Erst als ich durch die Drehtür ins Innere des Gebäudes trete, kommt mir der uniformierte Portier entgegen – und übersieht mich hoheitsvoll. Oder gelangweilt?
Wertung: noch befriedigend

FR. 09/05, 13:45 – Check-in

Nach dem nicht gerade vielversprechenden Äußeren überrascht die weitläufige Lobby mit einer gewissen Grandezza. Sie ist elegant in ruhigen Farbtönen gestaltet und mit Shops, Café und diversen Sitzbereichen zu jeder Tageszeit ein lebhafter Treffpunkt zum Sehen und Gesehen werden. An der langgestreckten Rezeption checkt mich Frau S. zuvorkommend ein. Die Informationen zum Hotel fallen allerdings denkbar knapp aus: Ich erfahre lediglich, dass man ein schönes Zimmer im 18. Stock »zur ruhigeren Seite« für mich reserviert habe und ich aufgrund des »Westin Weekends« in den Genuss eines kostenlosen Late Check-outs komme. Für alle weiteren Fragen und Wünsche verweist mich Frau S. auf die rund um die Uhr besetzte Service Express-Nummer 99, bietet mir noch Hilfe mit dem Gepäck an und wünscht mir schließlich einen »wunderschönen Aufenthalt«.
Wertung: gut

Zimmer 1827

Je höher das Stockwerk, umso besser die Aussicht (und umso teurer das Zimmer). Mit böser Zunge ließe sich allerdings behaupten, dass diese aus Zimmer 1827 bald nicht mehr wahrnehmbar ist, so schmutzig sind dessen Fenster und die angegilbten Gardinen. Ansonsten? Begriffe wie »klassisch« und »gediegen« fallen mir ein; über einen besonderen Charme oder eine eigene Note verfügt dieses Zimmer nicht. Es ist mit Möbeln in kirschbaumfarbenem Wurzelholz eingerichtet und in Braun-Beige-Dunkelblau gehalten, was etwas leblos wirkt. Es hat eine komfortable Größe und Ausstattung – ja sicher. Und es verfügt auch über die üblichen Standards, aber alles, was man darüber hinaus auf der Habenseite eines imaginären Kontos verbuchen würde, wird durch einen Schwachpunkt wieder revidiert: Der bequeme Ledersessel mit Fußhocker? Mutet wie Kunstleder an und ist nicht sauber. Der großzügige Schreibtisch? Hat eine verkratzte Oberfläche, der Stuhl dazu stimmt in der Höhe nicht, die Tür des Seitenfaches hängt in den Angeln. Die Messinglampen, die am Abend für Lesekomfort sorgen sollen? Haben völlig ausgeleierte Gelenke und hängen herunter. Und das »himmlische Bett« schließlich ist mit seinem vielschichtigen Aufbau zwar äußerst bequem – die abgesteppte Matratzenauflage hat jedoch auf ihrer Unterseite große und sehr unappetitliche gelb-braune Flecken. Und so geht es weiter. Es gibt eine kostenlose Kaffeestation, aber keinen Sekt in der Minibar. Und der Boden unter der Getränkehalterung im Kühlschrank weist dicken, rot-braunen Schmodder auf. Der Teppichboden ist in den Ecken schlecht gesaugt, auf der Bettumrahmung liegt dick Staub. Zur Begrüßung stehen zwei Flaschen Mineralwasser auf dem Schreibtisch und eine halbe Stunde nach meiner Ankunft klopft das Housekeeping und überreicht mir als Willkommen ein Minitablett mit dreierlei Nüssen.
Wertung: mangelhaft

Bad

Das Bad macht einen weitaus attraktiveren Eindruck als das Zimmer. Schwarz-weiß im Design und mit schwarz-goldenen Dekofliesen, einem Doppelwaschtisch, großen Spiegeln, Badewanne und separater, ebenerdiger Dusche ist der erste Eindruck überaus positiv. Warum die Raumecke neben der Toilette verspiegelt wurde, muss man allerdings nicht verstehen. Das Licht ist optimal, es gibt zudem einen beleuchteten Rasierspiegel. Sehr schön ist die »Heavenly Spa«-Auswahl an wohlduftenden Guest Supplies. Aber: Die gerundeten, zweiflügeligen Duschtüren bilden an einer Seite einen etwa fünf Millimeter breiten Schlitz, wodurch jeder Duschvorgang zwangsläufig eine Überschwemmung des Bades nach sich zieht. Das linke Waschbecken hält das Wasser nicht, beim rechten läuft es nicht richtig ab. An den Armaturen zeigen sich Kalk- und Abnutzungsspuren, am Duschboden ist eine Fliese gerissen und in den Fugen der Dusche sind unschöne Verfärbungen mit ersten Schimmelbildungen sichtbar. Die Toilette ist weder außen noch innen einwandfrei sauber und der massive Haartrockner, der in einem Staubbeutel im Kleiderschrank aufbewahrt wird, kreischt bei Benutzung wie eine Kreissäge. Da er auch noch unheilvolle Gerüche produziert, lasse ich ihn sicherheitshalber austauschen.
Wertung: mangelhaft

14:14 – Roomservice

Westin wirbt mit einem Superfoods-Konzept: Gesunde Lebensmittel, die reich an Antioxidantien und »auf natürliche Weise kalorienarm« sind, werden so zusammengestellt, dass sich ihre Wirkung potenziert. In der formschönen, umfangreichen Roomservice-Karte ist den Superfoods ein eigenes Kapitel gewidmet. Für meine Bestellung rufe ich zwar, wie angegeben, beim Service Express an, werde aber von der freundlichen Frau M. dann doch zum Roomservice weiterverbunden. Dort nimmt ein ebenso freundlicher Mitarbeiter meine Bestellung entgegen: Aus dem Superfoods-Angebot hätte ich gern den jungen Blattsalat mit Blaubeeren und gegrillten Pilzkappen (16€) und zum Nachtisch dreierlei Smoothies mit Beeren und Nüssen (11,50€). Ich warte ab, ob der Mitarbeiter mich nach einem Getränkewunsch fragt – und er wartet ab, ob ich noch etwas bestelle. Ich breche das Schweigen und ordere ein Glas Wein. Der Mitarbeiter bedankt sich, wiederholt die Bestellung korrekt und kündigt eine Servicezeit von 20 bis 25 Minuten an. Nach 21 Minuten klopft es an der Tür und eine junge Mitarbeiterin in schicker Uniform schiebt einen Servierwagen ins Zimmer. Sie grüßt lächelnd, lässt mich den Beleg unterschreiben, stellt das Tablett auf den Schreibtisch und schiebt den Wagen mit einem »Guten Appetit!« aus dem Zimmer. Offenbar soll ich vom Tablett essen, das mit einem grünen Läufer gedeckt und mit Brotkorb, Brotteller, Salatteller, Desserttablett, Glas, Weinkaraffe und Menagen voll bepackt ist. Auf eine Blumendekoration hat man verzichtet – sie hätte aber auch kaum noch Platz gefunden. Wenig stilvoll ist die flache Cloche mit Griffloch, die mich an Krankenhaus-Speisung erinnert und auch nicht einwandfrei sauber ist. Hätte die Servicemitarbeiterin die Cloche abgenommen, hätte ich auch direkt das Darunter reklamieren können: ein grüner Salat mit grünem Salat – sonst nichts. Keine Pilzkappen, keine Blaubeeren. Da ich Hunger habe, esse ich den Salat, der mit einem schmackhaften Dressing zubereitet ist, und labe mich an zweierlei Baguette mit Butter. Die Weinkaraffe ist abgedeckt, der Rosé darin, wie gewünscht, trocken und gut gekühlt (0,2 l für 9,40€). Ein Kärtchen auf dem Tablett weist darauf hin, dass man das schmutzige Geschirr per »99« auch wieder abholen lassen kann, worum ich bitte. Erneut erscheint die mir bereits bekannte junge Dame und fragt höflich, ob es geschmeckt habe. Als ich ihr von dem unvollständigen Salat erzähle, ist sie bestürzt und bietet mir Ersatz an. Ich schlage vor, mir stattdessen einen Milchkaffee zu spendieren, schließlich habe ich für das frugale Mahl samt fünf Euro Service Charge und Trinkgeld 46 Euro berappt. »Selbstverständlich!«, sagt die Mitarbeiterin und kehrt kurz darauf mit dem Kaffee zurück.
Wertung: befriedigend

Housekeeping – Wäscheservice

Bei der Bitte um Wäscheabholung macht der Service Express seinem Namen keine Ehre: Es kommt niemand. Erst auf einen erneuten Anruf hin erscheint ein Hausdiener. Ziemlich genau 24 Stunden später erhalte ich das zu reinigende Jackett und die Hose, die ich in die Wäscherei gegeben habe, zurück – beides picobello. Selbst den fehlenden Knopf an der Hose hat man farblich passend ersetzt. Für die Reinigung wird eine Liefergebühr von drei Euro berechnet, sodass die Dienstleistung mit 25 Euro zu Buche schlägt. Die Hausdame, die die Wäsche bringt, bitte ich um zwei getrennte Bettdecken für die zweite Nacht, da ich Besuch bekomme. Es ist wieder der Hausdiener, der die Decken bringt – im Hotel ist Multitasking angesagt.
Wertung: sehr gut

Spa

Vorne hui, hinten pfui. Dieser Spruch meiner Großmutter fällt mir ein, als ich das »Arabella Spa« unter die Lupe nehme. In den höchsten Tönen preist sich das Westin Grand München auf seiner Website als Wellnesshotel an, spricht von einer »Welt voller Frieden und Ruhe«, einer »eleganten und edlen Umgebung«. Zugegeben, nachdem ich im Bademantel im Untergeschoss des Hotels eine Gruppe von Tagungsgästen durchquert und den Eingang des »Paulaner Wirtshauses« passiert habe, empfängt mich im Eingang zum Wellnessbereich wohltuende Ruhe und schickes, asiatisch angehauchtes Ambiente. In der großen Obstschale gegenüber der Rezeption dümpeln allerdings nur noch zwei grüne Äpfel vor sich hin. Ein schwarz gekleideter junger Mann empfängt mich und zeigt mir, wo ich was finde. Auf ihn treffe ich auch noch spät abends und am frühen nächsten Morgen – er ist ein Fleißiger, und ein Netter dazu. Bis zu meiner Behandlung ist noch etwas Zeit, also sammle ich erste Eindrücke, die ich bei weiteren Besuchen während meines Aufenthalts vertiefe. Auf den ersten Blick erscheint das Wellnessangebot des Spa durchaus attraktiv: ein Pool (12 x 15 m) mit bequemen Ruheliegen drum herum, eine Liegewiese davor, eine Bar, eine Saunalandschaft mit kleinem Ruheraum und Saunagarten sowie mehrere Behandlungsräume – alles in reduziertem Ambiente mit viel dunklem Holz und Farbakzenten in Grün und Violett. Die Einrichter haben sich Mühe gegeben. Umso bedauerlicher, wenn die Betreiber (eine Fremdfirma) und/oder die Hotelverantwortlichen nicht ausreichend dafür Sorge tragen, dass alles einwandfrei gepflegt und instandgehalten wird. Soll heißen: Auf der Liegewiese stehen trotz schönen Wetters keine Liegen. Die hölzernen Deko-Elemente im Ruhebereich sind lieblos in die Ecken gequetscht, sonstige, auf den Fotos eingesetzte Dekorationen, fehlen ganz. Die Beleuchtung ist teilweise defekt, das Holz der Handtuchsammelkisten abgeplatzt. Der Ruheraum wird nicht regelmäßig aufgeräumt, die Bezüge der Kissen auf den Ruheliegen sind zerfetzt, der offene Mülleimer an der Bar quillt über vor Plastikbechern. Im eigentlich so hübschen Saunagarten sind die großen Pflanzkübel leer, die wenigen Pflanzen in den Beeten mickern vor sich hin. In der finnischen Sauna funktionieren zwei Downlights und die Messinstrumente nicht, die Holzbänke weisen zahlreiche Schweißflecken auf. Am späten Nachmittag sind die satinierten Türen mit Fingerabdrücken übersät, am frühen Morgen finden sich solche noch immer auf der Spültaste der Toilette, obwohl das gefaltete Toilettenpapier zeigt, dass hier eigentlich schon geputzt wurde. Aus dem Vorraum dieser Toilette blickt man nach draußen auf einen Haufen Kabel, Schläuche und eine Leiter – kein erhebender Anblick. Aber immer noch besser als der, der sich dem Gast bei der Verfugung der Fliesen in den Duschen offenbart: Dort finden sich jede Menge Rost und Schimmelsporen.
Wertung: mangelhaft

17:00 – Spa-Treatment

Der Behandlungsbereich gibt sich exklusiv. Schön gestylte Räume, eine anspruchsvolle Broschüre und Behandlungspreise, die sich selbst »echte« Wellnesshotels nur selten leisten. Doch auch hier gilt: mehr Schein als Sein. Durch die Kopföffnung meiner Liege schaue ich auf eine Schale mit Muscheln und Seesternen, aber auch auf das Untergestell der Liege, an dem schon vor geraumer Zeit etwas Klebriges heruntergelaufen sein muss. Vor der Liege ist keine Fußmatte ausgelegt, weshalb der Fußboden deutliche Spuren geölter Füße aufweist. Meine Behandlung beginnt mit zehn Minuten Verspätung, die nicht auf meine Kappe gehen, aber auch nicht hintendran gehängt werden. Und zur exzellenten Naturkosmetik der griechischen Firma Korres weiß Behandlerin A. nur verlegen zu sagen, dass diese homöopathische Inhaltsstoffe hat: »Die kenne ich aber nicht alle auswendig, manche kann ich nicht einmal aussprechen.« Das ist bei einem Preis von 158 Euro für eine 80-minütige Kombination aus Rückenmassage und kleiner Gesichtsbehandlung etwas dürftig. Aber eines muss man Frau A. lassen – sie hat begnadete Hände und weiß auch als Kosmetikerin eine grandiose Rückenmassage durchzuführen. Außerdem ist sie sehr sympathisch. Zum Abschluss bekomme ich noch einen Tee an der Bar.
Wertung: gut

20:35 – Restaurant »ZEN«

»ZEN Friday Food Market«: Für das allfreitägliche Buffet im panasiatischen Restaurant verspricht die Website eine »kulinarische Kreuzfahrt quer über die sieben Weltmeere« und fordert auf: »Steuern Sie mit uns beinahe jedes Land der Welt an!« Solch vollmundig versprochene Vielfalt macht neugierig; ich reserviere eine Kreuzfahrt für 45 Euro inklusive »Sensual Water« und Heißgetränke. Am Eingang des schlicht-edel designten, von Gasfackeln atmosphärisch beleuchteten Restaurants stehe ich eine Weile unbeachtet, bis der Restaurantleiter, der sich in der Nähe mit Gästen unterhält, einer Mitarbeiterin signalisiert, sie möchte sich doch um mich kümmern. Die dunkelhaarige N. begrüßt mich freundlich und lässt mir, da das Restaurant nicht ausgebucht ist, bezüglich eines Tisches die Wahl. Ich entscheide mich für einen Zweiertisch an einer gerundeten Sitzbank mit hoher Rückenlehne und Blick zum Restaurant. Der Tisch ist eingedeckt mit Tischsets, Stäbchen (plus Besteck), Gläsern, Menagen und einer weißen Calla in niedriger Vase. N. räumt das zweite Gedeck ab, bringt eine Karaffe mit dem »Sensual Water« (stilles Wasser mit Orangen- und Zitronenstücken aromatisiert) und überreicht mir eine schmale Weinkarte. Diese listet je zehn Weiß- und Rotweine sowie zwei Roséweine, die im Glas (0,1 l) oder als Flasche zu haben und in englischer Sprache erläutert sind. Ob es noch eine andere Weinkarte gibt? N. bedauert und notiert meinen Wunsch: ein Glas Blaauwklippen Rosé, der mir als Allrounder passend erscheint. Ein fliederfarbenes Tonpapier dient als Buffetkarte und führt die Speisen auf, die – wie ich wenig später bei meiner Vorspeisenrunde am Buffet feststelle – nicht in Gänze mit dem tatsächlichen Angebot übereinstimmen. Bei den Vorspeisen führt mich die Reise jedenfalls hauptsächlich nach Asien (Sushi und Sashimi, Frühlingsrollen, Crevetten-Glasnudelsalat), Italien (Vitello Tonnato) und Norddeutschland (Herings- und Matjessalat). Die restlichen kalten Vorspeisen wie Lachsterrine oder Tranchen von der Rinderhüfte kann ich ländertechnisch nicht eindeutig zuordnen. Und das Rohkostbuffet mit fünf grünen Salaten sowie grobgeviertelten, geschmacklosen Tomaten, Paprika, Gurke und Mais könnte auch in einem Dorfgasthaus stehen. Was ich an Angemachtem probiere, schmeckt ordentlich, auch wenn Sushi und Sashimi offensichtlich schon etwas länger auf dem Buffet stehen und ein wenig angetrocknet sind. Der eingelegte Sushi-Ingwer ist sehr lecker und der Wasabi hat genau die richtige Schärfe. Ich suche allerdings händeringend nach Sojasauce, die, wie mir ein Koch an der Front Cooking Station mitteilt, eigentlich auf meinem Tisch stehen sollte. Er informiert den Service, der mir ein Keramiktöpfchen voll bringt. Über die Zusammenstellung der Vorspeisen kann man geteilter Meinung sein; Punktabzug gibt es aber auf jeden Fall dafür, dass die eh schon eher kleinen Schalen und Platten nicht regelmäßig ausgetauscht werden und – wenn sie nur noch zu einem Viertel gefüllt sind – nicht mehr appetitlich aussehen. Gleiches gilt für die Buffetoberfläche, wo Verkleckertes liegenbleibt. Das Buffet wird schlichtweg nicht ausreichend kontrolliert. Auf den Wärmeplatten der Showküche stehen farbige Kasserollen mit einer sauer-scharfen Entensuppe, verschiedenen Currys und Beilagen wie Chinakohl in Austernsoße, Orecchiette mit Salbei und Tomaten oder Kartoffel-Speck-Stampf (Asien, Italien, Deutschland). An den Innenseiten der Töpfe haben sich schon krustige Ränder gebildet, und bei zwei oder drei Speisen muss man raten, da sie nicht beschriftet sind. Die kleinen Fischstücke und der Kohlenfisch im Schinkenmantel sehen besser aus und das Rinderfilet an der Tranchierstation ebenfalls. Ich stelle mir an der Wok-Station, die mit Zutaten wie Chinakohl, Bambus, Paprika, Zucchini und Mangowürfeln klassisch bestückt und mit Rindfleisch und Crevetten zu ergänzen ist, meine eigene Kreation zusammen. Der höfliche, schwarzgewandete Asiate am Wok gart alles kurz und fachmännisch, gibt die von mir gewählte Thai-Currysauce hinzu und überreicht mir den Teller mit einem Lächeln. Während ich den Hauptgang verspeise, fällt mein Blick noch einmal auf die Buffetkarte und ich entdecke ganz oben eine Zeile mit »Amuse Bouché: Garnelen, Belugalinsen, Trüffelmayonnaise.« Einmal abgesehen davon, dass wohl ein Amuse Bouche gemeint ist, welches dem Gaumen schmeicheln soll (das Adjektiv »bouché« steht für dümmlich, trüb, verkorkt oder behämmert!), hat man mir dieses vorenthalten. Dem Restaurantleiter, der just jetzt zum ersten Mal an meinem Tisch vorbeischaut und sich erkundigt, ob bei mir alles in Ordnung ist, fällt leider nichts Besseres ein, als mir das Amuse nachreichen zu wollen. Nach dem Hauptgang? Nein danke. Mein Ausflug ans Dessertbuffet ist kurz, da mich weder die Kuchenstückchen noch der weiße Schokoladenbrunnen mit Obst noch die wenig interessante Käseauswahl anlachen. Ich probiere eine Creme Brûlée, deren Kruste weich ist, sowie eine andere Creme, die wie alle Desserts unbeschriftet ist. Außerdem wird es an meinem Platz langsam ungemütlich, denn obwohl es erst 21:30 Uhr ist (das Buffet wird bis 22 Uhr angeboten), räumen die Servicekräfte peu à peu die Tische ab – wohl, um später schneller fürs Frühstück eindecken zu können. Das ist stillos. Deshalb nehme ich noch einen Kaffee und ordere die Rechnung. Die nette N. entschuldigt sich vielmals für den Fehler mit dem Amuse Bouche und berechnet zur Wiedergutmachung den Wein nicht. Doch ihre Freundlichkeit und ihr im Großen und Ganzen aufmerksamer Service ändern nichts an der Tatsache, dass ich mir von einem Abend im »ZEN« erheblich mehr versprochen hatte.
Wertung: noch befriedigend

Turndown-Service

Einen Turndown Service bietet das Hotel laut Gästeinformation nur auf Anfrage an. Ich wähle also die 99 und bitte darum. Als ich vom Abendessen zurückkehre, ist das Bad gründlich geputzt worden. Im Zimmer wurden der Papierkorb geleert, die schmutzige Kaffeetasse entfernt, mein Glas gespült und Mineralwasser aufgefüllt. Zu meinem Erstaunen jedoch blieb das Bett – eigentlich der Hauptaufmerksamkeitspunkt jedes Turndown-Service (dessen Name sich ja aus dem Abdecken des Bettes herleitet) gänzlich außen vor. Weder wurde es abgedeckt, noch ein Betthupferl bereitgelegt.
Wertung: mangelhaft

SA. 10/05, 07:15 – Weckruf

»Sieben Uhr und fünfzehn Minuten. Bitte aufstehen! Wir wünschen Ihnen einen wunderschönen und erfolgreichen Tag!« Geweckt wird im Westin Grand München per Computerstimme, was vermutlich bei 627 Zimmern nicht anders möglich ist. Unpersönlich zwar, aber immerhin pünktlich.
Wertung: gut

09:30 – Frühstücksbuffet

Am Eingang zum »ZEN«, in dem auch das Frühstück serviert wird, gibt es Tageszeitungen und eine Restaurantleiterin, die mit dem Handy telefoniert, während sie mir einen Beleg über 29 Euro ausstellt. Das Angebot fällt allerdings keineswegs so opulent aus, wie es der Preis vermuten ließe. Allenfalls das warme Buffet mit seiner asiatischen Abteilung und einer bunten internationalen Offerte ist vielfältig, wenn auch nicht originell. Die Käseplatte ist durchschnittlich sortiert und um 9:45 Uhr schon weitgehend abgegessen. Leider wird sie nicht mehr aufgefüllt. Gleiches gilt für einige andere Speisen. Eine Sorte roher Schinken und eine Sorte Salami sind die einäugigen Könige unter den ansonsten eher blinden Aufschnitt- und Geflügelwurstsorten. Der Räucherlachs ist labbrig, es gibt noch Hering, aber leider kein Sushi. Von sehr guter Qualität ist das angemachte Müsli, zu einem gleichfalls guten Angebot an Cerealien werden geschnittenes Obst, Stückobst und Convenience-Obstsalat angeboten. Naturjoghurt steht in Bechern bereit, diverse Fruchtjoghurts in Schüsseln. Quark und Kräuterquark suche ich vergeblich. In einem großen Korb liegt zu diesem Zeitpunkt bereits vorgeschnittenes Brot durcheinander und bietet kein sehr ansprechendes Bild – vom Trockenheitsgrad der einzelnen Scheiben ganz abgesehen. Dunkles Vollkornbrot vermisse ich, die Auswahl kleiner Brötchen ist auch nur mittelprächtig. Das Superfoods-Konzept lässt sich außer bei den Nüssen, Samen und Saaten sowie den Müslis allenfalls noch bei der Getränkeauswahl erkennen, wo neben Sekt, Säften und Mineralwasser auch Kombucha angeboten wird. Drei Dispenser enthalten Orangen-, Erdbeer- und Kiwisaft, die als »frisch gepresst« ausgewiesen sind – was ich vehement bezweifle. Ich finde weder Soja- noch lactosefreie Produkte, zumindest nicht als solche beschriftete, wobei die wirre Beschilderung sowieso nahezu sinnlos ist. Immerhin ist das Stückobst beschriftet (!). Die Konfitürengläser sind teilweise fast leer, die Unterlage verkleckert und die Löffel klebrig. Kein schönes Bild. Man kann sich, wie schon am Vorabend, des Eindrucks nicht erwehren, dass das Buffet nicht ausreichend überprüft, aufgefüllt und gesäubert wird. Die Servicekräfte laufen scheinbar ziellos durch den Raum, räumen mal hier etwas ab und mal da, aber nie alles, was anstünde. Um frisches Besteck muss man bitten. Die Atmosphäre ist hektisch und laut. Um 10:28 Uhr läuft die Frühstücksleiterin von Tisch zu Tisch und annonciert, dass das Buffet in Kürze abgeräumt wird.
Wertung: noch befriedigend

Housekeeping – Remake

Das Bett wurde ordentlich gemacht, die Gläser gespült, Dusche und Waschbecken gesäubert. Zwar schäumt es frisch in der Toilettenschüssel, die Markierung an der Brille ist jedoch noch vorhanden, auch der Body-Lotion-Fleck auf dem Fliesenboden wurde nur oberflächlich weggewischt. Die Guest Amenities sind nicht nur korrekt aufgefüllt, sondern auch um eine zweite Garnitur ergänzt. Dass Aufräumen im Sinne von Kleidung und Schuhe ordnen nicht zum Remake-Standard des Housekeepings zu gehören scheint, könnte man ja noch angehen lassen, aber Staubsaugen sollte schon sein. Unter meinem Schreibtisch liegen jedoch noch jede Menge Nusskrümel. Dafür wurde der Geldschein, den ich unter der Bettumrandung hervorlugen ließ, aufgehoben und auf den Nachttisch gelegt.
Wertung: noch befriedigend

Öffentliche Bereiche

Während die Lobby und die öffentlichen Toiletten im Erdgeschoss offenbar regelmäßig gecheckt und gesäubert werden, lässt die Aufmerksamkeit in den Stockwerken darüber und darunter nach. Im Untergeschoss fallen die extrem schmutzigen hohen Fenster auf dem Weg zum Spa unschön ins Auge. Die Aufzüge präsentieren sich innen sauber, aber an der Außenseite der Türen zeigen sich in meinem Stockwerk zwei Handabdrücke, die von Anfang bis Ende meines Aufenthaltes den Blick auf sich ziehen. Es sind genau diese Details, die den Gesamteindruck eines Hotels ausmachen.
Wertung: befriedigend

16:00 – Fitnessraum

Schön, dass es hier rein gar nichts zu meckern gibt. Der Work-out Room ist groß, hell, gut belüftet, hat hohe Fenster, eine prima Ausstattung, bietet kleine Handtücher, Wasser und Reinigungsspray. Eine gute Idee für Leute, die mit kleinem Gepäck reisen müssen: Der Gast kann über den Service Express frisch gereinigte Laufschuhe ausleihen, die in einem Netz mit einem Paar neuer Einlegesohlen und ebensolchen Socken aufs Zimmer geliefert werden. Kostenpunkt: fünf Euro. Schade nur, dass mir zwei linke Sohlen geliefert werden. Zwei linke Hände hat man ja schon einmal, aber zwei linke Füße?!?
Wertung: sehr gut

Front Office / Concierge

Eine sehr schöner Servicegedanke: Ein paar Tage vor Anreise erhalte ich eine Mail, in der sich eine »Westin Experience Spezialistin« auf mein Kommen freut und mir versichert, dass ihr mein Wohlergehen sehr am Herzen liegt. Sie möchte mir vor, während und nach meinem Aufenthalt persönlich zur Seite stehen, und: »Gerne schnüre ich ein Paket für Sie, um Ihren Aufenthalt so ausgewogen wie möglich zu gestalten.« Toll! Nichts wie angerufen, ich hätte da ein paar Wünsche: frühe Anreise, nachmittags eine Spa-Behandlung, abends eine Tischreservierung, ein Paar Nordic Walking Stöcke, und und und … Unter der angegebenen Telefondurchwahl meldet sich jedoch nicht die Dame, die den Brief unterzeichnet hat, sondern Frau H., die sich als Chefin dieser Abteilung zu erkennen gibt. Frau H. erreiche ich auf dem Handy, während sie gerade durch das Haus läuft. Sie klingt freundlich, aber hektisch, es ist laut und ich bitte um Rückruf. Das anschließende Gespräch dauert knapp neun Minuten und ist geprägt von der schnellen Sprechweise der Dame, klingelnden Telefonen und anderen Stimmen im Hintergrund. Auch wenn Frau H. sich mir gegenüber zuvorkommend gibt, habe ich doch das Gefühl zu stören. Die Mitarbeiterin beschreibt mir ihre Funktion als Bindeglied zwischen Gast und den einzelnen Abteilungen, wobei sie den Letztgenannten die Wünsche der Erstgenannten weitergibt. Das klingt schon deutlich profaner als in der Mail, aber es funktioniert: Sowohl Spa als auch Concierge rufen innerhalb angemessener Zeit bei mir an und kümmern sich um meine Anliegen. Vor Ort ist dann der Express Service die erste Anlaufstelle für alles, und das funktioniert im Großen und Ganzen gut.
Wertung: gut

18:30 – »Ducktail’s Bar« I

Ich habe Besuch bekommen und wir wollen in der »Ducktail’s Bar« einen Aperitif nehmen. Sie ist der Lobby angegliedert, mit großen Glaswänden transparent und geschützt zugleich gestaltet und offenbart sich als klassische, atmosphärisch angenehme Bar. Wir sind die ersten Gäste und nehmen am Tresen Platz. Barkeeper S. bitte ich um eine Empfehlung: Ich fühle mich müde und hätte gerne etwas Anregendes, mit nicht zu viel Alkohol. S. scheint nicht gerade inspiriert durch diese Bitte und überlegt zögerlich. Der Drink, den er mir dann jedoch kredenzt, ist klasse: ein schön herber »Gin Basil Smash« mit Tanqueray London Dry Gin, Zitronensaft, Basilikum und Zucker. Und siehe da, das opulente Barbuch listet den Pre Dinner Drink sogar mit dem Superfoods-Logo. Auch der Hugo meiner Begleitung ist richtig gut, sodass wir gestärkt den Weg ins »Paulaner’s« antreten.
Wertung: sehr gut

19:25 – »Paulaner Wirtshaus«

Wie nett – die Dirndln mit den Dirndl im »Paulaner Wirtshaus« haben unseren Tisch festlich blau-weiß eingedeckt und gratulieren meiner Begleitung zum (vorab von mir annoncierten) Geburtstag. Als kleine Aufmerksamkeit des Hauses stehen schon vier »Schmankerlnäpfchen« und ein Brezelkorb bereit (normalerweise 8,50 €). Wir werden an diesem Abend betreut von M., einer noch neuen, ausnehmend liebenswürdigen, jungen Mitarbeiterin. Der ersten Eigenschaft schuldet sie ein paar Patzer, die sie mit der zweiten auszugleichen versteht. So kommt nach der Vorspeise (einer gelungenen Spargelcremesuppe) so unmittelbar der Hauptgang, dass ich keine Chance habe, mir zuvor noch einen Salat vom Buffet zu holen, der als Beilage zu meinem Schweinskrustenbraten gehört. Dass meine Hoffnung auf hausgemachte Knödel und eine richtig schöne, kräftige, gleichfalls hausgemachte Dunkelbiersauce nicht erfüllt wird, ist nicht der Fehler von M., wohl aber, dass nach der Mahlzeit noch Schmankerltöpfchen und Brezelkorb sowie mittlerweile sage und schreibe zehn Gläser und zwei Espressotassen auf dem Tisch stehen. Die zwei Gläser Geburtstagssekt muss ich reklamieren, da dieser zu warm ist und nicht prickelt. Das darf bei 8,50 Euro pro Glas (und überhaupt) nicht sein. M. beteuert, eine frische Flasche geöffnet zu haben und kommt zum Beweis mit einer neuen Flasche an den Tisch, um uns zufriedenzustellen. Dabei handelt es sich doch tatsächlich um einen Piccolo. Au weia ... Der Sekt prickelt übrigens immer noch nicht, was vermutlich an zu viel Spülmittel am Glas liegt. Dann lieber ein halber Liter kaltes, frisches Weißbier für schmale 3,50 Euro. Die freundliche M. schafft es später mit links, aus dem Kopf zwei getrennte Rechnungen zu erstellen und berechnet einen Salat nicht.
Wertung: befriedigend

22:50 – »Ducktail’s Bar« II

Wir wollen es in der Bar noch einmal mit dem Sekt versuchen. Hier ist jetzt richtig was los, die Atmosphäre ist gut, die Stimmung der Gäste ebenfalls. Die des jungen Barkeepers, der an unseren Tisch kommt und nach unseren Getränkewünschen fragt, sinkt allerdings spürbar, als wir ihn um zwei kalte, prickelnde Gläser Sekt bitten, die doch hoffentlich aus einer großen Flasche kommen. Der schwarzgewandete M. scheint persönlich beleidigt. Weshalb er uns nach dem Servieren des Gewünschten für den Rest unseres Aufenthaltes uns selbst überlässt. Auch sein Kollege, den ich bescheiden um ein paar Nüsschen bitte, stellt diese mit einem kühlen »Bitte!« vor uns ab. Solche kleinen Defizite im Service sind ebenso unerfreulich wie das schmutzige Windlicht neben unserem Tisch. Und beides sorgt für Punktabzug beim Wohlgefühl des Gastes.
Wertung: befriedigend

Schuhputzservice

Laut Gäste A-Z sollten Informationen zum Schuhputzservice im Schrank ausliegen. Tun sie aber nicht – genauso wenig, wie es ein Körbchen oder Ähnliches für die Schuhe gibt. Ich rufe deshalb einmal mehr den Service Express an, der mir sagt, ich solle die Schuhe einfach vor die Tür stellen. Einfach so? Kriege ich sie denn dann auch sicher wieder? Die Dame am anderen Ende der Leitung lacht sich schlapp. Tatsächlich stehen beide Paare am nächsten Morgen wieder vor der Tür. Oder noch? Ich merke jedenfalls kaum eine sichtbare Veränderung.
Wertung: mangelhaft

SO. 11/05, 09:05 – Zimmerfrühstück

Am Morgen teilen mein Besuch und ich uns ein Frühstück, welches pünktlich von der mir bereits bekannten Roomservice-Mitarbeiterin ins Zimmer gerollt wird. Die junge Frau schiebt den üppig bestückten Servierwagen bis vors Bett und lässt sich den Beleg unterzeichnen. Als ich sie frage, wo und wie wir denn frühstücken sollen, ist sie erstaunt. »Wenn Sie noch einen Stuhl brauchen, müssen Sie den Service Express anrufen«, ist ihre einzige Idee, bevor sie geht. Wir haben ein Arabella Spa Frühstück geordert (26 €), dazu eine Portion Pfannkuchen mit Ahornsirup und einen Milchkaffee extra. So kommt das Frühstück auf 41 Euro für zwei. Und es ist so üppig, dass wir mehr als satt davon werden. Den »frisch gepressten« Orangen-Direktsaft (definitiv) teilen wir uns, die große, frische Obstplatte und die üppige Portion Westin Müsli ebenfalls. Die vier Pfannkuchen sind fest in ihrer Konsistenz und schmecken gut, der Ahornsirup ist allerdings viel zu dünnflüssig und nicht von hochwertiger Qualität. Statt eines probiotischen Joghurts wird ein Waldfrüchte-Bio-Joghurt serviert, im Brotkorb liegen zwar vier Körnerbrötchen, aber nicht das angekündigte Vollkornbrot. Dass die Platte des Servierwagens unter der Tischdecke beschädigt und verschrammt ist, sieht der »normale« Gast ja nicht. Aber dass erneut kein Blümchen das Arrangement verschönt, ist schon schade.
Wertung: noch gut

Sicherheit

In einem Hotel mit 627 Zimmern herrscht ständiges Kommen und Gehen. Wer sein Auto in der Tiefgarage parkt, kann auch als Nichtgast durch die Automatiktür ins Innere des Gebäudes und mit dem Aufzug in die Stockwerke gelangen. Dort trifft er dann hoffentlich auf eine ebenso gut geschulte Housekeeping-Mitarbeiterin wie die junge Thailänderin, die mir die Öffnung meines Zimmers mit den sympathischen Worten verweigert: »Würde gerne, aba ikke nikke daaf!« Am Empfang hapert es hingegen mit dem Sicherheitsverständnis der Mitarbeiter. Eine Ersatz-Zimmerkarte wird mir ausgestellt, ohne dass ich auch nur meinen Namen nennen oder bestätigen muss. Gleiches gilt für das Ausstellen einer Informationsrechnung. Zudem erhält ein Anrufer, der sein Ansinnen scheinbar vernünftig begründet, ohne Weiteres meine Zimmernummer. Das sind schon gravierende Mängel. Und da schlägt es kaum noch zu Buche, dass man auf den Stockwerken erst einmal gründlich suchen muss, bis man einen Feuerlöscher findet. Diese sind nämlich in den Fluchttreppenhäusern angebracht, und der Hinweis darauf befindet sich erst direkt an deren Türen.
Wertung: mangelhaft

11:35 – Check-out

Als ich vorab um eine Informationsrechnung mit den dazugehörigen Belegen bitte, muss ich geschlagene 15 Minuten warten, bis der junge Mann am Empfang die Belege zusammengesucht hat. Bei der Kontrolle der Rechnung stelle ich fest, dass die Laufschuhe nicht berechnet wurden, die Automatikfunktion meiner Minibar, welche die Entnahmen direkt ins System meldet, entgegen meiner Annahme zumindest doch teilweise funktioniert hat. Mein Checken der Haltbarkeitsdaten hat zu einer eklatanten Minibarrechnung geführt – obwohl es einen Hinweis an der Minibar gibt, dass man den Verzehr bei Abreise selbst meldet. Als ich später bei Frau G. auschecke, nimmt diese die beanstandeten Positionen ohne zu murren von der Rechnung und mein Bargeld mit einem Lächeln entgegen. Trotz vorab bezahlter 340 Euro für die Logis verbleiben 482,40 Euro für die Extras. Frau G. erkundigt sich freundlich, wie mir der Aufenthalt gefallen habe und wünscht eine gute Heimreise. Nach der nervigen Warterei auf die Belege ist es ihrer kompetenten Art zu verdanken, dass ich freundlich gestimmt das Haus verlasse.
Wertung: noch gut

Lost & Found

Der Gegenstand, den ich liegen gelassen habe, wurde nicht gefunden. Oder nicht abgegeben.
Wertung: ungenügend

Bilanz

»For a better you« – damit es dir besser geht – lautet der Slogan des Westin Grand München. Ein gutes Konzept, mit dem die Hotelgruppe 2009 angetreten ist, um aus einem in die Jahre gekommenen Kasten ein zeitgemäßes Grand Hotel zu machen. Schade, dass es mit der Umsetzung so hapert. Das schickste Restaurant zieht nur, wenn Küche und Service stimmen, das schönste Spa verliert, wenn es ungepflegt wirkt, und – symbolisch kaum zu übertreffen – die tollsten Laufschuhe kann der Gast nicht nutzen, wenn er zwei linke Sohlen dazu bekommt. Zudem hatte ich mit etlichen freundlichen und motivierten Mitarbeitern zu tun, denen es nur an Wissen mangelte; ich traf aber auch auf einige, die den Servicegedanken in keinster Weise verinnerlicht haben. Das Konzept auf den Prüfstand stellen, mit eisernem Besen durchs Housekeeping gehen, die Mitarbeiter schulen, den Spa-Betreiber in die Pflicht nehmen – es gäbe viel zu tun in diesem Hotel. Das Potenzial zur Qualität ist da.
 

Gesamteindruck: 41%

Testurteil: befriedigend

100-81 sehr gut;   80-61 gut;   60-41 befriedigend;   40-21 mangelhaft;
20-0 ungenügend. Der Gesamteindruck ist nicht das arithmetische Mittel;
die Check-Bereiche sind unterschiedlich gewichtet!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert