Markus Tischberger im Interview "Der persönliche Austausch ist nicht zu ersetzen"

Tischberger Interview
Die Intergastra wird dieses Jahr nicht stattfinden können. © Uli Regenscheit Fotografie

Trotz optimistischer und perfekter Vorbereitung können die Intergastra, Leitmesse für Hotellerie und Gastronomie, sowie die Gelatissimo, Fachmesse für handwerklich hergestelltes Speiseeis, coronabedingt nun vom 5. bis 9. Februar in Stuttgart doch nicht stattfinden. Im Interview spricht Markus Tischberger, Projektleiter der Intergastra, über die gegenwärtige Situation und die Zukunft der Messe(n).
Tophotel: Herr Tischberger, wie ist der Status quo?
Markus Tischberger: Das Land Baden-Württemberg hat im Dezember 2021 ein Veranstaltungsverbot für Messen und Ausstellungen verhängt. Seitdem fehlt uns die dringend erforderliche Planungssicherheit. Dabei waren die sonstigen Vorzeichen ausgesprochen gut: Wir hatten bereits eine erfreuliche Aussteller-Substanz auch in der Breite, und der Dehoga-Verband spiegelte uns von der Besucherseite eine spürbare Vorfreude auf den persönlichen Austausch wider. Die Intergastra sollte der hoffnungsvolle Startschuss in ein wieder normaleres 2022 werden.
Als Sie mit der Planung der Intergastra 2022 begannen, waren Sie, was die mögliche Durchführung angeht, sicher hoffnungsvoller?
Ja, und das nicht nur, was den Verlauf der Pandemie angeht. Wir sind von unserem Sicherheitskonzept „Safe Expo“ überzeugt und daher besonders enttäuscht. Noch im November haben wir unter anderem mit der Publikumsveranstaltung „Messe Herbst“, die an vier Tagen über 50.000 zufriedene Besucher zählte, unter Beweis gestellt, dass die Durchführung von Messen auch in der aktuellen Situation möglich ist. Unter anderem haben wir die Gänge zwischen den Messeständen von drei auf fünf Meter erweitert, um mehr Abstand zu gewährleisten und die Verkostungen, trotz Maskenpflicht, weiterhin möglich zu machen. Dies bedeutet ein Drittel weniger Ausstellungsfläche und zeigt, dass für uns nicht das Maximum an Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt steht. Menschen müssen sich wohl und sicher fühlen, damit sie kommen, das ist uns bewusst.
Bei allen Veranstaltungen arbeitet zudem unsere hochmoderne Lüftungsanlage. Die Hallen werden vollständig mit gefilterter Außenluft versorgt, die je nach Bedarf gekühlt oder erwärmt wird. Die Kontaktnachverfolgung gewährleisten wir über das Eintrittsticket, das ausschließlich online verfügbar ist und für das sich jede Person einzeln mit ihren Kontaktdaten registrieren muss. Es wäre wahrscheinlich die gesündeste Intergastra aller Zeiten geworden. Wir alle – Gastronomie, Hotellerie und Messen – haben in der Coronazeit viel in den Gesundheitsschutz investiert.
Die Herausforderung mit Blick auf die Pandemie liegt ja nicht nur beim eigentlichen Messebesuch, sondern ebenso bei An- und Abreise. Vor zwei Jahren informierten sich immerhin gut 100.000 Menschen auf Ihrer Messe.
Im Unterschied zu Stadion- und anderen Großveranstaltungen verzeichnen wir ein hohes Maß an Individual-Anreisen mit dem eigenen Auto, das wäre aktuell sicher in nochmals höherem Maß der Fall gewesen. Das Kernpublikum kommt aus Deutschland. Wir würden uns daher wünschen, dass jede Messe und jede Branche individuell betrachtet wird.
Vermeintlich weniger Besucher gegenüber der Vor-Corona-Zeit machen die Messe aber auch unwirtschaftlicher?
Natürlich haben der Verkauf von weniger Eintrittskarten und die geringere Ausstellungsfläche eine wirtschaftliche Komponente. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Messe weniger erfolgreich wäre. Wir hätten auch dieses Mal die 115.000 Quadratmeter Fläche in allen zehn Hallen der Messe Stuttgart mit der gesamten Welt der Gastlichkeit bespielt und mit rund 1.000 Ausstellern einen attraktiven Marktplatz geboten, an dem Angebot und Nachfrage zusammentreffen. Wahrscheinlich wären viele Betriebe selektiver mit weniger Personal angereist. Dennoch sind wir sicher, dass in Summe ähnlich viele Unternehmen präsent gewesen wären wie zuvor und entsprechend relevante Gespräche und Geschäfte stattgefunden hätten.
Wie geht es nun mit der Intergastra weiter?
Die Intergastra findet turnusmäßig alle 24 Monate statt. Der nächste Termin wäre insofern der 3. bis 7. Februar 2024. Eine (Vor-)Verlegung ist schon deshalb keine wahrscheinliche Option, da 2024 parallel zur Intergastra wieder die IKA/Olympiade der Köche stattfinden wird. Wir sind sicher, dass sich die Branche bis dahin noch mehr auf das Wiedersehen freut. Denn der persönliche Austausch, das spontane Kennenlernen, das Live-Entdecken und -Ausprobieren, der umfassende fachliche Marktüberblick über alle Bereiche des Betriebs, der direkte Anbieter-Vergleich in Echtzeit, das optische und haptische Erleben sowie das Schmecken sind durch nichts zu ersetzen. Insofern hoffen wir, dass die gesamte Hotellerie und Gastronomie sagen: Da müssen wir hin! Da sehen wir innovative Produkte und Dienstleistungen, da treffen wir spannende Menschen!
Was empfehlen Sie der Branche bis dahin?
Optimistisch zu bleiben und ihr Business auch ohne Messe im Hinblick auf Innovation zu hinterfragen. Es sollte weiter in die Betriebe investiert werden. Gastgeber aus Leidenschaft zu sein – dieser Anspruch sollte gerade jetzt Bestand haben und mit Leben gefüllt werden.
Interview: Stefanie Hütz