Tourismus auf Rügen LNG-Terminal macht vielen Gastgebern Sorgen

Binz Seebrücke LNG Tanker Schiff
Von der Seebrücke des Seebads Binz zu sehen: Ein Tanker für Flüssigerdgas. © Pressentin/DUH

Viele Hoteliers auf Rügen befürchten, dass das geplante Terminal Urlauber abschrecken wird. Das Vorhaben widerspricht ihren Bemühungen um Nachhaltigkeit und Umweltschutz.

Das Grand Hotel Binz liegt direkt am Strand – in einem der beliebtesten Seebäder Deutschlands. Von hier aus schaut man auf die Seebrücke und das Meer. Für Hotelier Daniel Hutter kaum vorstellbar, dass seine Gäste von hier aus bald auch auf ein rund 300 Meter langes und 50 Meter hohes Terminal für Flüssigerdgas (LNG) schauen werden.

„Das wäre ja wie ein großes Bürogebäude, direkt vor der Nase“, sagt er. Einige Gäste haben ihn schon angesprochen und danach gefragt. Einwohner, Urlauber und Mitarbeitende seien verunsichert. Hutter befürchtet, dass das Terminal viele Urlauber abschrecken könnte.

„Unsere Gäste kommen ja gerade wegen der unberührten Natur auf die Insel – und nicht, um auf Industrieanlagen zu schauen.“ Der Tourismus ist der größte Wirtschaftszweig auf Rügen. Nicht nur Binz, sondern die gesamte Region hängen davon ab. Auch Einzelhändler und viele Handwerksbetriebe profitieren vom Tourismus. „Es geht um die Arbeitsplätze auf der ganzen Insel“, sagt Hutter.

Widerspruch zum Image der Insel als Ort für Naturschutz und Nachhaltigkeit

Anfang Juli hatte der Bundestag beschlossen, ein schwimmendes Flüssigerdgas-Terminal im Fährhafen Mukran bauen zu lassen. Damit soll die Gasversorgung im Winter gesichert werden. Eine Offshore-Pipeline soll rund 50 Kilometer von Mukran durch den Greifswalder Bodden bis zum Industriehafen Lubmin verlegt werden. Dort ist bereits ein Terminal in Betrieb.

Das Vorhaben ist für Hutter und viele andere auf der Insel Rügen ein großer Widerspruch zum Image, dass sich die Menschen hier in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Es gibt viele Bedenken: Wegen Lärms, Umweltverschmutzung und möglichen Havarien.

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    Kurhaus Ostseebad Binz, Insel Rügen
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    Eines der beliebtesten Seebäder Deutschlands ist Binz auf Rügen. Auf der Insel machen jedes Jahr mehr als eine Millionen Menschen Urlaub.
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    Greifswalder Bodden Rügen Ostsee
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    Durch den geschützten Greifswalder Bodden soll die rund 50 Kilometer lange Offshore-Pipeline von Mukran nach Lubmin verlegt werden.
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    Rügen Kreidefelsen Nationalpark
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    Die Kreidefelsen auf Rügen sind weltbekannt. Auf der Insel gibt es mehrere Nationalparks und ein Biosphärenreservat.
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    LNG Tanker Schiff Gas Ostsee
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    Bis zu 350 Meter lang und 50 Meter hoch - hier ein Tanker für Flüssigerdgas in der polnischen Ostsee.

Rügen gehört mit seinen bekannten Kreidefelsen zu den am besten geschützten Naturräumen in Europa. Die Insel hat mehrere Schutzgebiete: Drei Nationalparks und ein Biosphärenreservat. Auch der Greifswalder Bodden, durch den die Pipeline gehen soll, ist geschützt. Der Tourismusverband Rügen wirbt mit Slogans wie „Unsere Natur ist unser Schatz“, und gibt Urlaubern Tipps, wie sie die Natur auf Rügen schützen können.

Viele Betriebe haben in Nachhaltigkeit investiert

Hotelier Daniel Hutter betreibt insgesamt vier Hotels in Binz. So wie ihm geht es aber vielen Gastgebern auf Rügen. Viele haben in den vergangenen Jahren in Umweltschutz und Nachhaltigkeit investiert – und inzwischen Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern. „Wir wollen ja nach vorn gehen“, sagt Hutter. „Wir wollen Nachhaltigkeit unterstützen. Wir möchten, dass unsere Destination mit Respekt behandelt wird. Nur so können wir unser Alleinstellungsmerkmal erhalten.“ Außerdem spielen Umweltschutz und Nachhaltigkeit auch für immer mehr Gäste eine wichtige Rolle. „Die Gäste setzen sich immer öfter mit dem Thema auseinander, sie interessiert, wie nachhaltig ihr Urlaubsort ist.“

Der Hotelier vertritt als Regionalvorsitzender des Dehoga auf Rügen rund 160 Betriebe. Diese haben beschlossen, zusammen gegen die Pläne für das Flüssigerdgas-Terminal vorzugehen. Auch Vertreter anderer Branchen, Kommunalpolitiker, Naturschützer und Wissenschaftler haben sich angeschlossen. Mehrere Bürgerinitiativen wurden gegründet, eine Petition eingereicht, die Einwohner haben demonstriert. Die Gemeinde Binz, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Naturschutzbund (Nabu) haben beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geklagt, um einen Baustopp zu erzwingen.

Umwelthilfe, Nabu und Gemeinde wollen Baustopp einklagen

Vor wenigen Tagen hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage der Deutschen Umwelthilfe abgewiesen. Die Richter begründen das damit, dass infolge des Kriegs in der Ukraine derzeit zusätzliche Möglichkeiten gebraucht werden, um Flüssigerdgas zu speichern. Die Deutsche Umwelthilfe fordert dennoch weiter, das Projekt zu stoppen. Sie will weitere rechtliche Mittel einlegen. Mehreren Experten zufolge sei das Terminal auf Rügen für die Energiesicherheit nicht notwendig. Auch die Bundesnetzagentur gehe zurzeit davon aus, dass die Gasversorgung für den kommenden Winter gesichert sei.

Die Gastgeber auf Rügen verstehen nicht, warum die Politik ihre Kritik nicht berücksichtigt. Der Präsident des Dehoga Mecklenburg-Vorpommern, Lars Schwarz, kritisiert: "Die Entscheidung der Politik in Berlin geht an den Menschen und der Branche vorbei.“

„Die Entscheidung der Politik in Berlin geht an den Menschen und der Branche vorbei.“

Lars Schwarz, Präsident des Dehoga Mecklenburg-Vorpommern

Viele fühlen sich nicht gut informiert, sagt Schwarz. Trotzdem geben die Gastgeber auf Rügen die Hoffnung nicht auf. Daniel Hutter meint: „Wir sind froh über die Unterstützung auf Bundesebene und wir glauben nach wie vor, dass wir den Bau stoppen können.“