Kleinevents im Bereich MICE Automatisch rentabel

Felix Undeutsch ist Gründer von Hivrai. Er möchte mit seiner Software Tagungshotels und Eventlo­cations unterstützen. Diese automatisiert gewisse Prozesse der Angebotserstellung. © Hivrai

Wie lässt sich mit kleinen Veranstaltungen Geld verdienen? Eine Lösung wäre, arbeitsintensive händische Prozesse wie die Buchung oder das Erstellen von Angeboten per Software zu erledigen, erläutert Felix Undeutsch, Gründer von Hivrai.
In ihrem „2021 Global Meetings and Events Forecast“ hebt die American Express Company (AMEX) das Segment der kleinen und einfachen Meetings auf das Siegerpodest im weltweiten Vergleich der beliebtesten Veranstaltungsformen. Zusammen mit den internen Meetings machen sie rund 40 Prozent des globalen Veranstaltungsaufkommens aus, in Europa ist der Vorsprung mit 43 Prozent noch größer.
Große Konferenzen und Messen hingegen sind rückläufig. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das German Convention Bureau in seinem jährlichen Meeting- und Eventbarometer: Rund 40 Prozent aller Events in Deutschland waren 2018/2019 Veranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmern. Mit einem Plus von 2,4 Prozent war dies auch das am stärksten wachsende Segment.
Eine weitere Erkenntnis der Studien: Hybride Formate, die sich während der Pandemie als sinnvoll erwiesen haben, gewinnen weiter an Beliebtheit. Das können kleine Parallelveranstaltungen an mehreren Orten sein oder das Umsetzen eines Events als Standort- und als virtuelles Event. So halten Veranstalter nicht nur Hygienevorschriften und Unternehmensrichtlinien ein, sondern erreichen auch mehr Personen. Denn die Teilnahme ist über mehrere Kanäle möglich und somit unabhängig vom Wohnort oder Reisekostenbudget.

Bedarf an Kleinevents steigt

Verstärkt werde dieser Trend durch die Zunahme von Remote-Arbeitsplätzen, erklärt Felix Undeutsch, Gründer von Hivrai, ­einem Start-up, das mit seiner gleichnamigen Software Tagungshotels und Eventlo­cations unterstützen möchte. Aktuell arbeitet das Start-up in einer Pilotphase mit den Lindner Hotels sowie den H Hotels zusammen.
Wo sich eine Bürogemeinschaft seltener trifft, da leiden auch der kreative Austausch und der ­Wissenstransfer. Es steigt der Bedarf an internen Teamevents und Schulungen – eben Kleinevents. So bestätigten dem Ifo-­Institut in einer Umfrage 54 Prozent von 7.300 Betrieben, dass das ­Homeoffice ihrer Erwartung nach zunehmen werde.

Felix Undeutsch ist der Gründer des Startups Hivrai. © Hivrai

„Mit schärferen Hygienevorschriften und mehr Homeoffice-­Tätigkeit wächst der Bedarf an Kleinevents, die sehr zugänglich für
Automatisierung sind.“

Die Veranstaltungsbranche verändert sich also, der Markt der kleinen und einfachen Events wächst, zugleich steigt der Bedarf an hybriden Formaten. „Mit schärferen ­Hygienevorschriften und mehr Homeoffice-­Tätigkeit wächst der Bedarf an Kleinevents, die sehr zugänglich für Automatisierung sind“, betont Felix Undeutsch von Hivrai.

Arbeitsintensive Prozesse als Herausforderung

Ob ein Hotel von diesem Trend profitiert, hänge davon ab, wie seine operativen Prozesse organisiert sind. Denn Kleinevents seien im Vergleich zu größeren Veranstaltungen ähnlich arbeitsintensiv, erreichten aber geringere Margen, erläutert der Unternehmer. So müsse beispielsweise ein Hotel mit fünf Meetingräumen, das eine Auslastung von 40 Prozent anstrebt, jeden Monat allein 120 bis 250 Stunden Arbeitszeit in die Angebots­erstellung investieren.

Arbeitsintensive Angebotserstellung: Ein Hotel mit fünf Meetingräumen muss – ohne entsprechende Software – überproportional viel Zeit dafür veranschlagen, wenn es eine Auslastung der Räume von 40 Prozent erreichen will. © Hivrai

„Warum das so ist, wird schnell klar, wenn man erkennt, wie solche Formate gebucht werden.“ Planer nutzen für ihre Recherche und das Buchen von Kleinevents bevorzugt Online-Tagungsportale. So geben sie einmal ihre Rahmendaten ein und schicken die Anfrage per Mausklick parallel an mehrere Hotels.

Nur ein Bruchteil der Angebote wird zu Buchungen

„Das ist zeiteffizient und bequem für den Planer, aber problematisch für das Hotel“, sagt Felix Undeutsch. Denn Anfragen würden häufig an fünf bis sechs Hotels parallel gesendet. Diese berechnen Preise manuell, Angebote werden per Hand erstellt, ins Tagungsportal eingetragen und zusätzlich im Property Management System (PMS) – ebenfalls händisch – gepflegt. Der anfragende Planer wählt seinen Favoriten, und alle anderen Hotels gehen leer aus.
Für das Hotel bedeutet dies, dass nur ein Bruchteil der mühsam erstellten Angebote tatsächlich in Buchungen konvertiert wird. Die Preise würden zudem oft nach Bauchgefühl ermittelt, und die manuelle Dateneingabe sei langsam und fehleranfällig, so Undeutsch.
Noch problematischer werde die Sache bei Hybrid-Events, denn ihre Planung sei durchaus mit dem Arbeitsaufwand für die Planung von zwei separaten Meetings vergleichbar. Veranstaltungen dieser Art könnten sich somit zur Kostenfalle für Hotels entwickeln, warnt der Unternehmer. Hier helfe es dem Hotel, Angebots- und Buchungsprozesse zu automatisieren. Dabei rechne sich die Einbindung einer entsprechenden Software für fast jedes Hotel in kurzer Zeit.

Automatisierte Prozesse ­steigern Effizienz und
geben Ressourcen frei

Die Software automatisiere Prozesse dort, wo ein manuelles Bearbeiten durch das Hotel oder den Veranstalter ineffizient ist, sagt Hivrai-Gründer Undeutsch. Dafür sammele die Lösung Meeting-­Anfragen über Vertriebskanäle hinweg, erstelle eigenständig Angebote mit dynamischer Bepreisung basierend auf Daten aus den PMS-, Sales- und Catering-Systemen und verteile diese Daten an die Tagungspor­tale und Tagungsplaner – in Echtzeit sowie ohne Zusatzaufwand für die Mitarbeiter.

Vergleich der manuellen Arbeitsprozesse mit automatisierten Prozessen: Die Bearbeitungszeit lasse sich durch Automatisierung um bis zu 70 Prozent reduzieren, rechnet das Start-up Hivrai vor. © Hivrai

In einer manuell geprägten Branche wie der Tagungshotellerie wird der Einsatz einer derartigen Software Berechnungen des Unternehmens zufolge schnell spürbar: Über das komplette Bearbeiten von Meetinganfragen hinweg dürfte sich die Arbeitszeit eines Hotels um durchschnittlich 70 Prozent reduzieren. Die Vertriebskosten würden parallel um bis zu 30 Prozent schrumpfen, die Buchungsquote könne um das bis zu Dreifache steigen – dank der effizienteren Angebots­abgabe.
So bleibe dem Hotel mehr Zeit, komplexe Veranstaltungen, die weniger affin für eine Automatisierung sind, zu planen und zu organisieren. Mit den frei gewordenen Ressourcen könne es dann dem Kunden als Berater und Gastgeber zur Seite stehen.


 
Interview mit Alexandra Weber, Sales Director MICE, Key Accounts Lindner Hotels

„Die Umstellung erfordert ein Umdenken auf allen Seiten“

Alexandra Weber, Sales Director MICE, Key Accounts Lindner Hotels © Hivrai

Tophotel: Frau Weber, Sie haben 2014 begonnen, den Angebots- und Buchungsprozess Ihrer Veranstaltungsräume zu automatisieren. Was war der Anlass dafür?
Alexandra Weber: Wir bemerken seit einigen Jahren neue Buchungsgewohnheiten im Veranstaltungssegment. Mehr Anbieter für strukturierte Anfrageprozesse kamen auf den Markt, viele Unternehmen übertrugen ihre etablierten strategischen Einkaufsprozesse im Logis­bereich auf den Eventbereich.
Der einheitliche, lückenlose Erhalt von Anfragen erspart uns als Hotels in Teilen Arbeitsaufwand. Die zunehmende Anbieterlandschaft führt allerdings auch dazu, dass Kunden ohne Aufwand mehrere Hotels für ein und dasselbe Event anfragen, um das vermeintlich beste Angebot zu finden. Beim Anbieter führt dies bei gleichbleibender Auslastung und höherem Anfragevolumen zu einer schlechteren Konvertierung. Auch wächst die Zeitspanne zwischen Erhalt der Anfrage und Angebotsabgabe.
Was wollten Sie mit der Digitalisierung Ihrer Prozesse erreichen? Und wie sind Sie das Thema angegangen?
Unser Ziel war und ist es, Kunden schnell ­Informationen zu Verfügbarkeiten und Preisen zu geben und unserer Rolle als Dienstleister und Gastgeber gerecht zu werden. Deshalb haben wir 2014 begonnen, unsere Kapazitäten für Veranstaltungen bis 30 ­Personen in Echtzeit für den Kunden zugänglich zu machen. Um jeden Tag den für jeden Raum richtigen Preis anbieten zu können, haben wir zeitgleich zur Automatisierung der Angebote in unser MICE Revenue Management investiert.
Was sind Ihre wichtigsten Learnings aus diesem Projekt?
Die wichtigste Erkenntnis vorweg: Kleinere und standardisierte Events lassen sich in Echtzeit darstellen und buchen. Die Umstellung auf diesen neuen Prozess erfordert aber ein Umdenken auf allen Seiten und einen technischen Partner, der die Bedürfnisse darstellen kann.

„Nur die klare Regel kann in ein System transferiert werden.“

Dabei ist es besonders wichtig, dass die vielen kleinen Details in Bezug auf Set-up und Pricing darstellbar sind. Und natürlich muss aufseiten des Anbieters eine klare Strategie vorhanden sein, die festlegt, wann welches Produkt in welcher Zeit zu welchem Preis an wen verkauft wird. Nur die klare Regel kann in ein System transferiert werden.
Ebenso muss die Akzeptanz auf Kundenseite geschaffen werden. Hier bedarf es einer Anleitung. Ein System, das sich intuitiv bedienen lässt, spielt zudem eine große Rolle.
Was ist Ihrer Meinung nach besonders wichtig?
Fakt ist, dass das schnelle Bereitstellen von Preisen und Verfügbarkeit und somit die Einbindung automatisierter Prozesse entscheidend ist. Angebote, die zeitnah abgegeben werden, führen auch eher zu einer festen Buchung.

„Jedes Event erfordert die persönliche Detailabsprache.“

Das alles ersetzt aber nicht die persönliche Beratung beim Kunden. Jedes Event erfordert die persönliche Detailabsprache. Und bei der Planung größerer Veranstaltungen und hybrider Events ist die persönliche Beratung bereits während des Angebotsprozesses unerlässlich. Um hier professionell zu agieren, ist die Zeitersparnis an anderen Stellen sinnvoll und notwendig.