Bester Service ist und bleibt das Nonplusultra in der Hotelgastronomie. Digitale Helfer können das – knapper werdende – Personal entlasten. Hoteliers und Gastro-Coaches berichten über ihre Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz. Doch alle sind sich einig: Ohne engagierte und exzellent ausgebildete Fachkräfte wird es künftig nicht gehen.
"Drei Engel und Charlie", so heißen die vier Serviceroboter, die seit November 2021 im Best Western Plus Kurhotel an der Obermaintherme in Bad Staffelstein im Einsatz sind. Mit besten Erfahrungen, wie von Hotelchef Andreas Poth zu hören ist: "Unsere menschlichen Mitarbeiter möchten die digitalen Kollegen nicht mehr hergeben", sagt er. "Sie sind bestens mit ihnen eingespielt und dankbar, dass sie ihnen Tag für Tag etliche Kilometer Laufstrecke und Tragegewicht zwischen Küche, Theke sowie Gast abnehmen, dass sie zudem verlässlich ohne Krankheits- sowie Urlaubszeiten zu Diensten sind und immer lächeln. Auch ein Geburtstagsständchen singen sie ohne Hemmungen." Natürlich mussten die Roboter angelernt werden. "Das war jedoch in drei Tagen geschafft", so Poth. Auch ein regelmäßiges Finetuning im laufenden Betrieb sei erforderlich, aber "das ist ebenso überschaubar wie das monatliche ‚Gehalt‘ für Strom und den Wartungsvertrag bei Digpanda aus München."
Mit Robotern lässt sich Service "inszenieren"
Konkret sieht der Arbeitseinsatz der "Engel" so aus: In der Küche werden die fertigen Essen auf ihre Tablets gestellt und eine der acht Servicestationen in den beiden hoteleigenen Restaurants als Ziel eingegeben. Die Speisen werden dann direkt dorthin gebracht, sodass die Servicekräfte sie nur noch entgegennehmen und servieren müssen. Das Abräumen übernimmt "Charlie", der auch beim Frühstück eine tatkräftige Unterstützung ist, schafft er doch 60 Kilogramm leeres Geschirr auf einer Tour. Für das "leibhaftige" Personal bleibt so mehr Zeit für den eigentlichen Job – das Umsorgen der Gäste.
"Unsere Restaurantleitung begrüßt am Empfang jeden persönlich, gibt die Tischnummer in den Roboter ein, der die Gäste dann zu ihrem Platz geleitet. Dort kann das Teammitglied dann direkt die Getränkewünsche aufnehmen, und auch für Gesprächsstoff ist auf Anhieb gesorgt", sagt Andreas Poth. "Die Roboter symbolisieren zugleich unseren Mut zu Innovation." Und was sagen die Gäste? "Manche kommen eigens wegen der Roboter zu uns. Über Selfies und Videos haben sie bereits eine hohe Verbreitung gefunden. Natürlich gibt es auch einzelne kritische bis ablehnende Stimmen, aber solche Haltungen gab es ja auch schon, als die erste Eisenbahn von Fürth nach Nürnberg gefahren ist", bleibt der Hotelchef gelassen.
"Die Möglichkeiten der Robotik werden seitens der Hotellerie bisher noch zu ängstlich betrachtet", findet denn auch Andrea Nadles, Präsidentin des Verbands der Servicefachkräfte, Restaurant- und Hotelmeister (VSR) sowie Geschäftsführerin des Unternehmens Gastro Coaching: "Die Roboter können ja auch dazu beitragen, den Service richtig zu inszenieren, indem sie etwa die Zutaten bringen, um am Tisch zu flambieren, oder indem sie beim Weinservice zur Seite stehen."
Service profitiert von Digitalisierung
Auch Pero Vrdoljak, ebenfalls Gastro-Coach, ist überzeugt, dass der Service von der Digitalisierung profitiert: "Das Spektrum reicht von Apps, die für effizientere Prozesse bei der Bestellung und Abrechnung in der Kommunikation mit der Küche sorgen, über Apps, die Schichtpläne automatisch auf Basis der Arbeitszeitwünsche erstellen und Arbeitsstunden, Löhne sowie Urlaubsanträge digital erfassen, bis hin zu Apps, mit denen Gäste ihre Reservierungen online eingeben oder wiederum die Vorlieben von Gästen erfasst werden können." Auch einen Tipp für die Personalgewinnung hat Pero Vrdoljak parat: "Hinter der App Gronda steht ein Netzwerk aus mehr als 60.000 Gastro-Mitarbeitenden."
Das detaillierte Wissen um die Präferenzen und Vorlieben der Gäste, sprich Customer Relationship Management (CRM), spielt im Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden eine zentrale Rolle. "Dafür verfügt unser gesamtes Serviceteam über Tablets mit Table-Management-Systemen, die mit den nötigen Informationen aus dem CRM gefüttert werden", berichtet Simon Seis, Director of Food & Beverage. Ebenso interessant: "Unsere Führungskräfte beschäftigen sich vermehrt damit, die Arbeitsabläufe und den Workflow so aufzustellen, dass es für die Teams so leicht wie möglich ist, alle Anforderungen zu erfüllen. Das bedeutet, dass Prozesse bis ins kleinste Detail analysiert werden, um zu verstehen, wo Mitarbeitende unnötig Zeit – und somit Service-Qualität – verlieren."
"Guter Gastro-Service setzt voraus, dass ausreichend gut geschultes Personal eingesetzt wird."
Pero Vrdoljak, Gastro-Coach
Aus zu weiten Laufwegen resultiere beispielsweise schnell eine gewisse Hektik, die auch von den Gästen wahrgenommen werde. Darum sei es wichtig, dass das Service-Equipment genau dort ist, wo es gebraucht werde. "Im vergangenen Sommer haben wir die Laufwege unseres Poolpersonals analysiert und festgestellt, dass unser Serviceteam aufgrund der weiten Wege 50 Prozent der Servicezeit mit dem Hin-und-her-Laufen verbracht hat", so Seis. Die Reaktion in diesem Fall: Das Brenners Park-Hotel & Spa hat – statt eines Roboters – eine "Oldtimer-Champagner-Ape" angeschafft, die gerade passgenau umgebaut wird. Der kultige Dreirad-Transporter soll ab der Frühjahrs-Saison alles bereithalten, was am Pool bestellt und dann auch dort zubereitet wird.
Fachkunde bleibt wichtig, loslassen können auch
Sich nicht permanent überlastet fühlen – gerade auch dieser Aspekt trägt aus Sicht von Pero Vrdoljak neben Wertschätzung und fairer Bezahlung dazu bei, dass Mitarbeitende im Unternehmen bleiben. "Guter Gastro-Service setzt jedoch zusätzlich voraus, dass ausreichend gut geschultes Personal eingesetzt wird", so der Coach. "Kleine Schulungsvideos zu wichtigen Abläufen und Themen können hier hilfreich sein." Andrea Nadles hält daneben das Patensystem, bei dem Neueinsteigern ein erfahrenes Teammitglied zur Seite gestellt wird, für eine erfolgversprechende Maßnahme.
Entsprechende Weiterbildungs-Aktivitäten dürften ganz im Sinn von Hans Stefan Steinheuer sein, Präsident der L’Art de Vivre Residenzen. Die Vereinigung privat geführter Hotels mit ausgezeichneter Küche vergibt seit 2010 den "Preis für Große Gastlichkeit" und rückt damit ganz bewusst den Berufsstand der Servicekräfte in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. "Weil sie die wichtige Brücke bauen zwischen Küche und Gast sowie zudem entscheidend die Atmosphäre eines Hauses prägen." Die Mitglieder der L’Art de Vivre Residenzen möchten laut Steinheuer, "dass das Berufsbild nicht verflacht und Fachkunde wichtig bleibt. Das perfekte Servieren eines Cognacs, einer Zigarre oder das Dekantieren zählen zu den besonderen Service-Erlebnissen, die von unseren Gästen honoriert werden – und die zugleich den Mitarbeitenden Freude bereiten. Fähigkeiten wie diese wollen wir erhalten und fördern."
Andreas Poth vom Best Western Plus Kurhotel an der Obermaintherme bestätigt: "Die jungen Menschen sind lernbegierig und froh, wenn wir ihnen die Kunst der Dienstleistung beibringen. Wir müssen uns nur die Zeit nehmen und als Vorbild vorausgehen." In seinem Haus beginnt der erste Nachwuchskontakt über Praktika. "Diese bieten wir höchst strukturiert und professionell an. Das gesamte Team ist sich der Wichtigkeit bewusst, dass es hier um spätere Entscheidungen für den Beruf und unseren Betrieb geht", so Poth, der damit sehr gute Erfahrungen macht. "Nicht zuletzt, weil wir bereit sind, alte Sichtweisen und verkrustete Strukturen aufzubrechen. Dazu gehört, dass wir loslassen können. Wir bieten unseren Mitarbeitenden eine Plattform, um in Austauschbetrieben oder im Rahmen von Work-and-Travel-Jahren externe Erfahrungen zu sammeln." Poths Resümee: "Was wir geben, bekommen wir im Regelfall zurück."