Jens Sroka (42) ist bekannt für seine unkonventionellen Häuser an der Nord- und Ostsee. Im exklusiven Tophotel-Interview spricht der gelernte Hotelfachmann über die neue Gästegeneration an der Küste, über das Meer als Standortfaktor und die innige persönliche Bindung zu seinen Hotels.
Tophotel: Herr Sroka, Sie haben Ihre vier Häuser 2018 unter die Dachmarke Heimathafen Hotels gestellt. Welche Philosophie eint die unterschiedlichen Hotels?
Jens Sroka: Eigentlich ist es für uns keine Dachmarke, die wie eine Klammer ist, sondern eine Kernmarke, die von innen heraus wirkt. Die Häuser und die Standorte sind alle einzigartig. Diese Individualität wollen wir feiern. Wir stehen für ehrliche Produkte, echte Menschen und dafür, dass wir anders sind und auch anders sein dürfen. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter so sind, wie sie sind und dass unsere Gäste so zu uns kommen, wie sie kommen wollen. Und natürlich stehen wir für einen entspannten und stylischen Aufenthalt am Wasser.
Das klingt sehr emotional. Was bedeuten die Heimathafen Hotels für Sie persönlich?
Meine Hotels sind meine Babys. Ich habe zwei Geschäftspartner, zu dritt rocken wir die Bude. Die Ideen kommen aber in erster Linie von mir. Deshalb habe ich eine besonders enge Beziehung zu den Hotels. Für mich sind es vor allem die Menschen, die die Häuser ausmachen. Einige sind schon seit 16 Jahren an meiner Seite und über die Jahre sehr gute Freunde geworden.
2019 werden Sie Ihr Portfolio von vier auf sechs Häuser an der Küste erweitern.
Welche Produkte erwarten die Gäste?
Zunächst das Fliegerdeich Hotel & Restaurant in Wilhelmshaven, das im Mai eröffnet. Es ist ein Boutiquehotel, unser erstes. Das Gebäude hat nur 13 Zimmer – dafür aber eine große Gastronomie. Es ist mehr ein Restaurant mit Zimmern. Weil es auf der Wasserseite des Deiches liegt, kommt die Flut bis an das Gebäude heran. Außerdem gibt es am Standort bis heute eine Erlaubnis für Wasserflugzeuge. Das greifen wir thematisch auf.
Das andere neue Haus wird Ihr erstes Viersterne-Superiorhotel.
Richtig. Das Lighthouse Hotel & Spa in Büsum wird unser erwachsenstes Produkt bisher. Wir investieren 35 Millionen Euro – so viel wie noch nie – in einen Neubau mit 111 Einheiten und fünf Gastrobereichen. Die Einrichtung im Beach Motel ist ja eher frisch und ‚beachy‘. Im Lighthouse wollen wir dagegen maskuliner sein – dunklere Wandfarben, edlere Möbel, urbaner Chic.
Weshalb planen Sie jetzt zwei neue Produkte und kein weiteres Beach Motel?
Das Entscheidende ist immer, dass wir uns erst den Ort ansehen und uns dann fragen: Welches Konzept passt hierher? Natürlich wäre es einfach zu sagen, wir machen jetzt das dritte Beach Motel oder noch eine Bretterbude. Aber ich finde, dass sich ein Projekt in den Ort einfügen muss und kein Fremdkörper sein darf. Wir haben zudem immer eine gewisse städtebauliche Verantwortung. In Büsum ist das Durchschnittsalter einfach höher als in anderen Destinationen. Es würde nicht passen, wenn wir dort versuchen, einen auf supercool und hip zu machen.
Was macht die deutsche Küste generell als Standort so attraktiv?
Zum einen ist das Meer für viele ein Anzugspunkt. Es ist eine Urgewalt, hat aber auch etwas Beruhigendes. Zudem gibt es einfach schöne Orte an der Küste, die viel bieten – beispielsweise Heiligenhafen. Da hast du einen tollen Strand, eine Seebrücke, einen Binnensee, einen Hafen, ein Naturschutzgebiet, eine kleine Stadt. Und das Flair aus unterschiedlichen Lebenswelten. Zudem profitieren allgemein die Städte, die Berge und eben das Meer vom Trend zu mehr Kurztrips. Noch dazu haben wir in Deutschland den Vorteil, dass wir Nord- und Ostsee haben. Beide haben ihre Fans.
Sie sprechen die zunehmende Tendenz zum Kurztrip an. Kommen Ihre Gäste verstärkt aus der Region?
Ja. Gäste, die sich für ein paar Tage eine Auszeit gönnen möchten, wollen sich vorher nicht sechs Stunden ins Auto setzen. Vor 15 Jahren hatten wir noch einen Durchschnittsaufenthalt von fünf Nächten, die meisten Gäste kamen aus NRW und Bayern. Inzwischen ist es so, dass ganz viele Gäste nur ein paar Tage bleiben und maximal zweieinhalb Stunden fahren. Unsere Top drei Destinationen sind Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen.
Hat sich die Klientel an der Küste generell verändert?
Da bin ich mir sicher. Man kann heute nicht mehr sagen: Es gibt diesen einen Gast und den wollen wir ansprechen. In unseren Häusern haben wir von supercoolen Surfern bis hin zu entspannten Senioren alles dabei. Und das ist auch gut so – die Mischung macht es. Es kommen Singles, Pärchen und Familien. Elf Prozent unserer Gäste bringen auch ihren Hund mit. Das Durschnittsalter liegt bei Anfang, Mitte 40. Marketingmäßig sprechen wir zwar jüngere Leute an. Aber heute will sich eben jeder jung fühlen.
Das günstigste Zimmer in der Bretterbude kostet 59 Euro pro Nacht. Fährt dort trotzdem auch der Typ mit dem Ferrari vor?
Unbedingt! Das hätten wir selbst nie gedacht. Wenn man auf dem Parkplatz einen Mercedes für 180.000 Euro stehen sieht, dessen Fahrer in der Butze für 59 Euro pro Nacht schläft, denkt man auf den ersten Blick schon: hey, das passt ja gar nicht zusammen. Aber diese moderne Gästegeneration sucht einfach einen gewissen Lifestyle und ein gewisses Image. Und nicht mehr zwei, drei, vier oder fünf Sterne.
Schlägt es sich auch in der Auslastung der bestehenden Häuser nieder,
dass Ihre Konzepte eine breite Klientel ansprechen?
Die Bretterbude liegt bei 86 Prozent im Jahr. Im Beach Motel St. Peter-Ording kommen wir auf 93 Prozent. Dort wollen wir jetzt ein wenig runterfahren, eher Richtung 91 Prozent. Weil das Produkt sich natürlich abnutzt. Nach fünf Jahren renovieren wir jetzt alle Zimmer. Sie sollen etwas wertiger und schicker werden, weil wir gemerkt haben, es kommen auch die Gäste, die gern mehr ausgeben – aber auch höhere Erwartungen haben.
Wie sieht Ihre Expansionsstrategie für die kommenden Jahre aus?
Es gibt auf jeden Fall ein Projekt in Hamburg, vielleicht auch zwei. Bei einem davon sind wir gerade in der Bauvoranfrage. Außerdem planen wir eine weitere Bretterbude an der Nordsee und das Friesland auf einer Schleuseninsel zwischen Deich, Hafen und See in Wilhelmshaven. Da haben wir zwei wunderschöne alte Gebäude von 1908, von denen man einen 360-Grad-Wasserblick hat. Dann ist aber erst einmal Ende der Fahnenstange. Denn jedes Produkt muss durchdacht sein und erfolgreich am Markt positioniert werden. Wir können uns kein faules Ei dazwischen erlauben. Dazu kommt, dass irgendwann auch das Eigenkapital zu Ende ist. Bisher bauen wir ja jedes Haus, das wir betreiben, selbst.
Können Sie sich in fernerer Zukunft auch Hotels im Ausland vorstellen?
Berge kann ich mir schon vorstellen, sei es in Deutschland oder Österreich. So eine
Bretterbude in den Bergen, das würde perfekt passen. Oder Mallorca, das wäre auch eine Überlegung wert.
Unter dem Dach der Heimathafen Hotels sind:
• 2013 Beach Motel, St. Peter-Ording (Amerikanisches Strandhaus)
• 2016 Beach Motel, Heiligenhafen
• 2016 Bretterbude, Heiligenhafen (Themenhotel für Surfer und Skater)
• 2016 Beach Apartments, Heiligenhafen
• 2019 Fliegerdeich Hotel & Restaurant, Wilhelmshaven
• 2019 Lighthouse Hotel & Spa, Büsum
• 2020 Das Friesland, Wilhelmshaven