Innovationsgedanke im Hotel Schani Wien Learning by Doing

Am Self-Check-in-System für das Hotel Schani waren sechs Entwickler beteiligt. © Hotel Schani Wien/Arnold Poeschl
Mit seinem 2015 eröffneten ersten Hotel Schani wollte Benedikt Komarek Vorreiter für zukunftsweisende Lösungen in der Hospitality sein – und bleiben. Die ideale digitale Guest Journey ist sein Herzensprojekt, das er permanent optimiert. Mit Hotel+Technik sprach er über seine Motivation und wagte einen Blick in die Zukunft. Viele Hoteliers versuchen anhand von Gästebewertungen im Internet herauszufinden, mit welchen Innovationen sie Reisenden den Aufenthalt so angenehm wie möglich gestalten können. Benedikt Komarek, Inhaber des Hotel Schani Wien, wählte einen anderen Weg: „Vor allem in meiner Studienzeit war ich viel auf Reisen. Da hat mich als Gast einiges geärgert. Ich habe mir das alles gemerkt und überlegt, was ich besser machen würde. Ich dachte mir, ich kann nicht der einzige sein, den das stört.“ Als jemand, der selbst in einem Hotel aufgewachsen ist, hatte Benedikt Komarek natürlich auch einen geschärften Blick. Das erste Hotel Schani in Wien sollte ein Leuchtturmprojekt der digitalen Guest Journey sein. Zum Beispiel störte ihn, dass die Gäste im Hotel wiederholt ihre Kreditkarte zücken mussten: „Bei diesen Vorgängen, sei es beim Check-in oder nach dem Frühstück, ging für die Gäste viel zu viel Zeit verloren, und auch die Rezeption war zu stark eingebunden.“
Vermischung von Communitys, wie hier im Schani in Wien, ist ein großer aktueller Trend. © Hotel Schani Wien/Kurt Hoerbst
Die richtigen Partner finden Innovationen zu finden ist immer eine Herausforderung. Angefangen bei der Suche nach Firmen, die bereit sind, die Challenge anzunehmen. Jene, die mutig genug sind, sind oft nicht in der Lage, das komplette System zu stellen. „An der Digitalisierung unseres Check-in-Prozesses waren damals sechs Firmen beteiligt“, so Benedikt Komarek. Durch diesen Umstand sei zum einen bei Fehlern eine längere Ursachenforschung nötig – zum anderen seien es oft Start-ups, die sich an solchen Entwicklungen versuchen. „Da besteht das Risiko, dass es die Firmen in ein, zwei Jahren gar nicht mehr gibt.“ Dass der Schani-Inhaber viele technologische Features in seinem Hotel implementieren konnte, liegt auch in der Partnerschaft mit dem Fraunhofer Institut begründet: „Den Grundstein für unsere Zusammenarbeit haben wir 2012 beim Hotel Forum gelegt. Die Mitarbeiter des Projekts ‚Future Hotel‘ suchten einen Partner, der das, was sie im Labor erforschen, umsetzen wollte.“ Anhand einer umfassenden Gästebefragung wurde ein innovatives Zimmer entworfen. Alles, was sich dort ausprobieren lässt, testen die Forscher aus – bis heute. Doch was braucht es noch, um ein „First Mover“ zu sein? Durchhaltevermögen und Mut Um neue Konzepte und Technologien zu realisieren, braucht es eine gehörige Portion Durchhaltevermögen und Mut, so Benedikt Komareks Erfahrung. „Wir hätten damals nie gedacht, dass die digitale Guest Journey so schwierig und kompliziert umzusetzen ist. Im Nachhinein stelle ich immer wieder fest: Je simpler die Technik für die Gäste ist, desto aufwendiger ist sie in der Entwicklung für uns.“ Angst „auf die Nase zu fallen“, hat der kreative Kopf hinter dem Schani nicht – sein Motto ist Learning by Doing: „Wenn man eine Sache nicht ausprobiert, kann man nie sagen, ob sie funktioniert.
Benedikt Komarek schreckt nicht davor zurück, neue Dinge auszuprobieren. Dass nicht alles funktioniert, gehört für ihn zum Innovationsprozess dazu. © Hotel Schani Wien/Kurt Hoerbst
Seine Hotels, so Komareks Überzeugung, würden auch ohne innovative Technologien gut laufen. Dennoch lohnten sich die Mühen: „Wir haben viele Stammgäste, die uns nicht nur buchen, weil es bei uns gemütlich ist, sondern, weil wir noch das Bisschen-mehr bieten.“ Das derzeitige PMS ermögliche zum Beispiel, dass Stammgäste immer im selben Zimmer übernachten und sich so „ein bisschen mehr“ wie zu Hause fühlen können. Nutzen vor Image Digitaler Check-in, aber auch das individuelle und integrative Hotelerlebnis sind für ihn aktuell große Themen in der Hospitality. „Auch die großen Ketten sind gerade dabei, ihre Konzepte aufzupeppen. Bei vielen Hotels in zahlreichen Ländern geht das aber nur schleppend“, betont er. Mit seinen zwei Häusern – das dritte befindet sich gerade in der Pipeline – kann er schnell agieren. „Wenn ich eine neue Technologie oder ein innovatives Konzept habe, möchte ich das auch in allen meinen Hotels zeitnah umsetzen – nicht nur im neuesten. Um agil zu bleiben, lege ich den Fokus auf wenige Hotels, die mit der Zeit gehen können.“ Obwohl er fest an seinem Anspruch festhält, entwickelt Benedikt Komarek keine Innovationen nur um der Innovation willen. „Wichtig ist, dass die Neuentwicklung einen Nutzen hat. Ich würde niemals einen Roboter in die Lobby stellen, nur weil das lustig ist und man das heute so macht. Es muss auch ökonomisch Sinn machen. Wir können nur das bieten, was in unserem Preissegment finanziell möglich ist“, sagt er. Der Roboter, den das Hotel Schani Wien 2018 getestet hat, habe in seiner Einsatzzeit den Zweck erfüllt, zu erfahren, in welchem Verhältnis Kosten und Nutzen in der Praxis stehen. Außerdem sollten Technologien nach Ansicht des Hoteliers nicht alleine im Vordergrund stehen. Er lehnt es ab, auf Lichtschalter zu verzichten und stattdessen die Lampen nur noch über Smartphones zu steuern. Das solle zwar für Gäste möglich sein, die es mögen, andere müssten aber noch den normalen Lichtschalter betätigen können.
Keine Verdrängung durch innovative Technologien: klassische Lichtschalter werden im Hotel Schani weiterhin existieren. © Hotel Schani Wien/Kurt Hoerbst
Exakt berechnete Gästeprognosen Wo geht die Reise künftig hin? Was sind für Benedikt Komarek neue Technologien, auf die die Branche setzen kann? Den Schwerpunkt künftiger Innovationen für die Hospitality sieht er in digitalen Features, die die Administration für sich nutzen kann. „Es eröffnen sich ganz neue Welten. Es gibt bereits Programme, die ausrechnen können, wann welche Gäste kommen, indem sie die Feiertage und Ferien weltweit berücksichtigen. Auch Ankunftszahlen an den Flughäfen und Veranstaltungen in den Städten beziehen sie mit ein. Das kann ein Mensch gar nicht erfassen.“ Der Hotelier ist außerdem davon überzeugt, dass Gäste mit Betreten des Hotels automatisch eingecheckt sein werden und der Aufzug auf der Etage halten wird, auf der sich das Zimmer befindet. Die Zimmertür werde sich öffnen, sobald die Gäste sie erreichen. Das alles werde quasi aus der Hosentasche heraus möglich, ohne dass die Gäste ihre Geräte vor ein Lesegerät halten müssen, so seine Prognose. „Dieses Hotelerlebnis wird aber abhängig davon sein, wie die gesetzlichen Datenschutz-Bestimmungen aussehen.“ Er selbst werde in seinen Hotels „immer wieder Neues ausprobieren. Das kostet zwar Geld, aber das hat uns so weit gebracht.“ Dass der im Livetest noch nicht überzeugende Roboter künftig wieder zum Einsatz kommt, um zum Beispiel den Roomservice zu unterstützen, davon ist er überzeugt. Derzeit werde an der Infrastruktur dafür getüftelt – der Roboter könne sich bisher nur in barrierefreien Bereichen bewegen. Beim neuen Hotel in München, das 2021 eröffnen soll, will Benedikt Komarek noch eine „Schippe drauflegen“. Was das konkret bedeutet, verrate er aber noch nicht. Außer, dass nach wie vor fleißig im Labor von „Future Hotel“ geforscht wird. Außerdem wolle er eine eigene Abteilung in seinem Unternehmen gründen, die nur Ideen für neue Konzepte entwickeln soll.
Der 2018 eingesetzte „Schani Bot“ zeigte im Praxistest noch Schwächen und wird derzeit überarbeitet. © Hotel Schani Wien/Kurt Hoerbst
Wien-Konzept goes München Nach erfolgreichen Jahren in Wien planen die Schani Hotels den ersten Schritt ins benachbarte Ausland und kündigen für 2021 die Eröffnung des Hotel Schani München an. Die operative Verantwortung für die Expansion trägt COO Markus Marth. Er will gemeinsam mit seinem Team frischen Wind von Wien nach München bringen: „Ich bin mir sicher, dass der Wiener Charme und die Münchner Herzlichkeit an unserem neuen Standort eine einzigartige Atmosphäre schaffen werden.“ Wie das Haus in Wien wird das Hotel Schani München in Kooperation mit der „Future Hotel“-Forschungsreihe des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO errichtet. Das renommierte Wiener Architekturbüro BWM Architekten wurde mit der Planung beauftragt. Neben einer revolutionären Guest Journey und modernster Ausstattung will Benedikt Komarek auch im dritten Schani auf das Thema Nachhaltigkeit setzen.