Auf über 1.400 Metern Höhe liegt Andermatt im Schweizer Urserntal. Hier soll das größte Luxusresort der Alpen entstehen. Bereits Ende 2013 eröffnete das Chedi Andermatt als erstes und bisher einziges Luxushotel vor Ort. Wie sich die Nobelherberge in der Abgeschiedenheit des Kantons Uri präsentiert, hat sich unser Hotetester genauer angeschaut
DO. 24/03, 11:00 – Telefonische Anfrage
Mit schweizerisch dunklem »a« gesprochen, klingt die Meldung der Telefonistin wie »The Chedi Ondermott«, gefolgt von ihrem Namen und einem kräftigen »Grüezi!« Die Dame leitet das Gespräch weiter an die »Reservation« und an Frau K., die mich, von der Telefonistin bestens vorbereitet, gleich mit Namen anspricht – und mit einem Lächeln in der Stimme. Obwohl Frau K. in einem Luxushotel arbeitet, hat sie ein Herz für Menschen mit weniger dickem Portemonnaie.
Deshalb hilft sie mir freundlich und geduldig bei der Suche nach dem günstigsten Preis für zwei Übernachtungen, die ich – so die Legende – meiner »besseren Hälfte« schenken möchte. Wir landen beim Package »Romance in Style«, das 810 Schweizer Franken pro Person für zwei Nächte kostet.
Es inkludiert außer der Übernachtung mit Frühstück 60 Minuten balinesische Massage (200 Franken pro Person), eine halbstündige »Liebesbad-Zeremonie« (150 Franken), ein Vier-Gänge-Menü (135 Franken) und eine Flasche Champagner mit Kanapees (100 Franken). Also eigentlich ein Schnäppchen. Zumindest wenn man bedenkt, dass die günstigste Doppelzimmerrate in der Nebensaison während der Woche 500 Franken beträgt und am Wochenende 700. Frau K. meint herzlich, man müsse sich auch mal etwas gönnen und ist dennoch nicht böse, als ich um Bedenkzeit bitte.
Hoteltest: sehr gut
Internet-Auftritt / Online-Buchung
Tatsächlich habe ich mein Zimmer aber längst online gebucht und dabei ebenfalls eine Art Schnäppchen gemacht. Von Karfreitag bis Ostersonntag, zu einer Zeit also, zu der man in einem schneesicheren Schweizer Skigebiet Hochsaison mit Höchstpreisen vermutet, zahlen meine Begleitung und ich je 640 Schweizer Franken für das »Swiss Chamber Music Package«.
Darin enthalten sind zwei Übernachtungen mit Frühstück, ein Welcome Aperitif mit Kanapees, ein Drei-Gänge-Menü sowie die Eintrittskarte für ein Konzert im Rahmen des »Swiss Chamber Music Circle Classic Easter Festival«, welches in Andermatt stattfindet. In allen Raten inbegriffen sind stets die Nutzung des Spa und des Highspeed-WLAN, eine Tageszeitung und die nicht alkoholischen Getränke der Minibar. Kurz vor der Abreise gehe ich noch einmal in die Buchungsmaske: Selbst am Karfreitagmorgen sind noch Zimmer ab der Juniorsuite aufwärts (1.000 Franken pro Nacht) für Ostern buchbar.
Das lässt tief blicken, was die Auslastung des Chedi Andermatt angeht, die im Jahresdurchschnitt mit knapp 30 Prozent angegeben wird. Am Internet-Auftritt kann das nicht liegen. Dessen seitenfüllende Fotos wecken jede Menge Sehnsucht, die der betuchte Betrachter gleich mit dem Erwerb einer Residenz im Chedi Andermatt stillen kann.
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit weist die Website auf diese Möglichkeit hin, was auf die Dauer ein bisschen nervt. Die eigentlichen Hotelinformationen sind umfassend und aussagestark. Nur die Speisekarte ist nicht mehr aktuell. Und die schrecklich verschwurbelte Sprache hätte das Chedi gar nicht nötig.
Hoteltest: gut
Lage / Anreise
Das 1.400-Seelen-Dorf Andermatt liegt auf 1.444 Meter Höhe im Schweizer Urserntal, 45 Autominuten von Luzern und etwa vier Autostunden von Stuttgart und München entfernt. Nahe dem Gotthard wirbt das Tal mit hohen Gipfeln, tiefen Schluchten, rauschenden Wasserfällen und klaren Bergseen.
Garantierter Schneefall im Winter und 1,4 Millionen Quadratmeter natürliche Alpenlandschaft zum Bergwandern, Fischen und Mountainbiken im Sommer sollen zahlungskräftige Touristen und solche anlocken, die hier einen Schweizer Zweitwohnsitz erwerben wollen. Das erhoffen sich zumindest die Bewohner des Dorfes.
Nach dem Abzug der Schweizer Armee, welche früher Andermatts wichtigsten Wirtschaftsfaktor darstellte, stimmten sie mit großer Mehrheit für die Idee des ägyptischen Investors Samih Sawiris, aus Andermatt das größte Luxusresort der Alpen zu machen. Doch von den 42 geplanten Apartmenthäusern mit 500 Ferienwohnungen stehen erst vier und von den sechs Hotels erst eins – das Chedi.
Mit der Verwirklichung des ehrgeizigen Projektes liegt man Jahre hinter Plan, und so sind außer dem Hotel und einer Großbaustelle am Ortseingang der Golfplatz, eine neue Seilbahn und ein paar ehrgeizige Läden und Kneipen im Dorf die einzigen Beweise für das »neue St. Moritz«. Das eigentliche St. Moritz ist Ziel des weltberühmten Glacier-Expresses, der auf seinem Weg von Zermatt dorthin in Andermatt hält. Mit dem Zug kann man auch aus Zürich und vom Züricher Flughafen anreisen. Stilvoller ist natürlich der Limousinen-Service des Chedi.
Hoteltest: gut
Fr, 25/03, 15:25 – Check-in
Bei Nebel, Kälte, Schnee- und Graupelschauern will man nur noch eins: schnell ins Warme. Der riesige gläserne Windfang vor dem Hoteleingang hält zwar das schlimmste Wetter ab, trotzdem ist es schön, dass gleich ein freundlicher Mitarbeiter des Valet Service parat steht. Er übernimmt gegen Quittung den Autoschlüssel, lässt sich kurz zeigen, welche Gepäckstücke ausgeladen werden sollen und bittet uns dann nach drinnen.
Ein exklusives Ambiente aus fünf Meter hohen Räumen, warmen dunklen Farben und angenehmem Licht sorgt für sofortiges Wohlgefühl – ebenso die Menschen, die uns willkommen heißen, als hätten sie nur auf uns gewartet: Concierges, Wagenmeister und Pagen haben sich während der Hauptanreisezeit zur Begrüßung quasi aufgereiht. Die Mitarbeiter hinter dem langen Rezeptionstresen lächeln uns entgegen, und sogar der Hoteldirektor schüttelt uns die Hand und begrüßt uns wie alte Freunde.
An der Rezeption gibt es ein heißes Tuch zur Erfrischung, einen Tee und einen köstlichen Brownie, bevor uns eine dunkelhaarige junge Frau eincheckt. Leider ist das Zimmer noch nicht bezugsbereits, obwohl es schon nach 15 Uhr ist, weshalb die Empfangsmitarbeiterin zu einer kleinen Hausführung einlädt und uns anschließend ein Upgrade auf ein Zimmer in einer höheren Etage spendiert.
Die junge Deutsche trägt wie die meisten Hotelangestellten einen Hosenanzug und ein Stehkragenoberteil, aber kein Namensschild – diese Anonymität der Mitarbeiter zieht sich leider durch das ganze Hotel. Jedenfalls plaudert die junge Frau die ganze Zeit so locker und nett mit uns, dass wir uns höchst willkommen fühlen. Im Zimmer erklärt sie die wichtigsten Features und das iPad, mit dessen Hilfe sich die meisten Zimmerfunktionen steuern lassen.
Dann wünscht sie uns zwei wunderbare Tage und lässt uns allein. Bedauerlicherweise ist das Gepäck im ursprünglich vorgesehenen Zimmer gelandet und es bedarf einer Nachfrage unsererseits, bis das entdeckt wird. Aber ansonsten sind wir erst einmal überwältigt von der Herzlichkeit dieses Empfangs.
Hoteltest: sehr gut
Zimmer 1407
Mit 52 Quadratmetern sind die Deluxe-Zimmer die kleinsten Wohneinheiten im Chedi. Der fast quadratische Grundriss teilt sich auf in ein Drittel Vorraum, begehbarer Kleiderschrank und Bad, alles sehr offen gehalten, und zwei Drittel Zimmer mit hohen Glasdoppeltüren nach draußen.
Zwischen diesen ist ein Gaskamin in die Wand eingelassen, dessen Feuerschein man auch auf dem Balkon genießen kann. Der große Flatscreen-TV über dem Kamin lässt sich sowohl zum Bett als auch zum Sofa drehen. Letzteres ist mit Fellkissen geschmückt und erstreckt sich über vier Meter, die ganze Wand des Zimmers entlang.
Darüber hängt ein ebenso breites und zwei Meter hohes Schwarz-Weiß-Fotomotiv mit Tiefschnee-Skifahrern wie zu Trenkers Zeiten. Den besonderen Reiz erhält dieses Zimmer aus seiner ungewöhnlichen Zusammenstellung: Viel Holz, Stein und Leder verleihen ihm alpinen Charakter, orientalische Accessoires einen exotischen Touch, und ein aufwendiges Beleuchtungskonzept samt Kerzen und Kamin sorgt für anheimelnde Atmosphäre.
Alles wirkt großzügig und wertig, ist schön anzuschauen und schön anzufassen. Kamin, Klima, Beleuchtung, Verdunkelung und das Bose Surround Soundsystem lassen sich über ein iPad steuern. Für weniger technikaffine Gäste geht das aber auch alles per Hand. Highspeed Internet ist kostenlos. Ebenfalls im Zimmerpreis inbegriffen sind die alkoholfreien Getränke der Minibar. Wer das Tonic jedoch mit einem Schlückchen Gin mixen möchte, muss die 350-Milliliter-Flasche für 70 Schweizer Franken erwerben. Neben ähnlichen Größen Wodka, Whiskey und Cognac stehen Champagner und verschiedene Weine bereit – oder besser »liegen« – im speziell gekühlten Weinfach des EuroCave.
Diverse, exklusiv für das Chedi hergestellte salzige Snacks und Schokoladen gibt es ebenso wie ein kleines Beutelchen Goldbären. Als Begrüßung erwarten uns eine kleine Flasche Rotwein, Wasser und ein kleiner Obstteller sowie ein handgeschriebenes Kärtchen, das von General Manager Jean-Yves Blatt unterzeichnet ist: »Lassen Sie es sich gut gehen – wir sind für Sie da.«
Zum Es-sich-gut-gehen-lassen ist das Zimmer schon einmal eine hervorragende Basis, zumal es sich überaus sauber präsentiert – lediglich nicht ganz perfekt polierte Gläser und die seit ein paar Tagen abgelaufene Kaffeesahne bei der Espresso-Bar sind zu beanstanden. Und nach einem Tag Aufenthalt erkennt man einige kleine Schwachpunkte: Wo soll man etwas schreiben, wenn man etwas schreiben muss? Wo und wie kann man eine Mahlzeit einnehmen? Und warum klingelt das Telefon, wenn jemand an der Tür läutet?
Hoteltest: sehr gut
Bad
»Nach Verlassen Ihres komfortablen Pillow Top Bettes können Sie Ihr geräumiges Bad erforschen«, wird auf der Homepage vorgeschlagen. Geräumig ist das Bad in der Tat – mit separater Toilette und begehbarer Dusche, breitem Doppelwaschtisch und frei stehender Badewanne. Vom Zimmer aus offen und einsehbar, optional durch Schiebetüren abzutrennen.
Dunkelgrauer Naturstein und Holz bestimmen auch im Bad das Bild, dazu große, flauschige, weiße Badetücher und als Farbtupfer die gelben Tuben der edlen Gästekosmetika von Acqua di Parma. In den mit taupefarbenem Leder bezogenen Schubladen und Fächern des begehbaren Kleiderschrankes finden sich neben einer großen Auswahl an Kleiderbügeln, Guest Amenities und einem Safe auch braune Microfaserbademäntel und weiche Badeslipper, beides jeweils in zwei Größen.
Neben vielen nützlichen Accessoires und Details begeistert an diesem Bad vor allem das WC mit Sitzheizung, Warmwasser-Intimreinigung und Warmluftföhn, mit automatischer Geruchsabsaugung und LED-Nachtlicht. Ob es bei so viel luxuriöser Intimhygiene nicht mehr für einen beleuchteten, höhenverstellbaren Kosmetikspiegel gereicht hat?
Stattdessen gibt es nur ein einfaches Standardmodell, was doppelt bedauerlich ist, da die Badbeleuchtung zum Schminken und Rasieren nicht optimal ist. Aber das vermag die Freude am ansonsten edlen und penibel sauberen Bad nicht zu trüben.
Hoteltest: sehr gut
Housekeeping / Valet-Service
Kaum sind wir eingezogen, klingelt eine Housekeeping-Mitarbeiterin und tauscht das durch den Zimmerwechsel noch falsche Begrüßungskärtchen aus. »Ist mit dem Zimmer alles in Ordnung? Vielleicht möchten Sie anderes Obst? Nein? Dann einen schönen Aufenthalt für Sie.« Lächelnd verabschiedet sich die junge Frau.
Der Mitarbeiter, der nach 30 Minuten endlich Koffer und Mäntel bringt, entschuldigt sich vielmals für die Wartezeit. Er hängt die Mäntel an die Garderobe, bittet uns, das restliche Gepäck auf Vollständigkeit zu kontrollieren und verstaut dann alles im begehbaren Kleiderschrank.
Hoteltest: gut
16:20 – Roomservice 1
Neben jedem Zimmertelefon liegt ein Kärtchen mit den wichtigsten Kurzwahlnummern. Beim Roomservice meldet sich sofort eine freundliche Mitarbeiterin, nennt ihren Namen und erkundigt sich, was sie für mich tun kann.
Wenig später erscheint die junge Frau mit einem Tablett, zwei edlen Gläsern und einer offenen Flasche Taittinger Champagner, aus der sie mir zunächst einen Probeschluck einschenkt, bevor sie die Gläser füllt. Der Champagner ist frisch und kalt (20 Franken pro Glas), der Service durch die Mitarbeiterin herzlich und kompetent. Auch sie wünscht lächelnd einen schönen Aufenthalt.
Hoteltest: sehr gut
16:40 – Housekeeping Wäscheservice
Ob man mir wohl eine Strickjacke aufbügeln und dabei gleich ein Stück aufgegangene Naht reparieren kann? »Aber ja, gar kein Problem! Ich schicke gleich jemanden hoch«, heißt es am Housekeeping-Telefon, bevor mir noch ein schöner Tag gewünscht wird. Ich suche einen Wäschebeutel, finde aber keinen.
Die Wäschereipreisliste liegt auf einem geflochtenen Korb, in den meine Schmutzwäsche einer ganzen Woche passen würde. Als die Mitarbeiterin nach zehn Minuten klingelt, gebe ich ihr die Jacke deshalb »ohne alles« mit. Zwei Stunden später hängt sie unter Zellophan im offenen Schrank, genäht und gebügelt. Ein Wäschezettel listet die Kosten für die Leistung mit 13 Schweizer Franken. Erst beim Anziehen der Jacke bemerke ich, dass beim Bügeln ein Ärmel vergessen wurde.
Hoteltest: gut
Spa
Im Spa-Bereich des Chedi drängen sich Superlative auf – der 35 Meter lange Innenpool mit sich anschließendem Außenpool, die fünf Meter hohen Räume, die ungewöhnlich großen Tauch- und Jacuzzi-Becken, Saunen und Dampfbäder. Wie alles im Chedi ist dieser mal geradlinig, mal geschwungen-verwunschen gestaltet, mit viel Stein, Holz und Glas, in überwiegend dunklen Tönen und mit asiatischen Dekorationen sparsam geschmückt.
Superlativ sind auch die riesigen Saunalaken, die vielen Gaskamine (an jeder Ruhezone einer) und die unablässig patrouillierenden Mitarbeiter der Spa-Crew, die (Kunststoff-)Gläser abräumen, aromatisiertes Wasser, Handtücher und Body Lotion auffüllen, die saubermachen und ihre aufmerksamen Augen überall haben.
Dazu die überaus freundliche Begrüßung und Verabschiedung an der stets besetzten Spa-Rezeption, an der man die 60-minütige Chedi-Jade-Massage für 350 Schweizer Franken buchen oder sich einen Termin beim Hausfriseur Pedro Sanchez geben lassen kann (laut Homepage ein »transformierendes Erlebnis«).
Und doch gilt es auch in diesem scheinbar makellosen und wunderschönen Spa Abstriche zu machen: Der Saunabereich ist durch die Umkleiden und eine Treppe vom Poolbereich getrennt und man muss sich erst einmal orientieren, wo sich überhaupt was befindet. Im Saunabereich ist aus der Anordnung der Schwitzbäder nicht klar ersichtlich, wo der Nacktbereich aufhört und der Textilbereich anfängt.
Es ist nicht erkennbar, ob überhaupt und wenn ja wo nackt geschwitzt werden darf. Es gibt keinerlei Hinweise an den Saunen und auch die schriftliche Spa-Etikette ist diesbezüglich nicht eindeutig. In den Duschen des Saunabereichs gibt es kein Duschgel, in den Dampfbädern steht das Wasser auf dem Boden und die schönen hölzernen Schiffsplanken, die anstelle von Fliesen den Boden um die Pools bedecken, sind ziemlich rutschig.
Und last, but not least: So originell und trendy die Futons, Daybeds und Sofalandschaften auch sind, die hier zum Herumlümmeln einladen – der echte Saunagänger vermisst schmerzlich einen Ruheraum – kühl, still und mit bequemen Liegen zum Nachruhen.
Hoteltest: gut
Fitnessraum
Nicht nur der bestens ausgestattete Fitnessraum lässt keine Wünsche offen, es gibt zudem einen ebenfalls professionell gestalteten Kursraum mit Parkettboden und Spiegelwand, in dem Yoga, Fitnesskurse und Personal Trainings abgehalten werden.
Was fehlt, sind Verhaltenshinweise zur Nutzung des Fitnessbereichs, insbesondere was Kinder betrifft. Die in Regalen vor dem Eingang gestapelten Pyramiden aus gerollten Handtüchlein beziehungsweise Wasserflaschen werden so schnell wieder nachgefüllt, dass sie immer ein tadelloses Bild abgeben.
Hoteltest: sehr gut
Housekeeping / Turndownservice
Als wir aus dem Spa ins Zimmer zurückkehren, erschrecken wir dort eine Mitarbeiterin beim Turndownservice. Kein Kärtchen oder ähnliches hatte von außen dar-
auf hingedeutet, dass sich jemand im Zimmer aufhält – für beide Seiten unangenehm. Ansonsten wird an diesem wie auch am folgenden Tag das Zimmer bestens für die Nacht gerichtet. Nur die Champagnergläser wurden vergessen mitzunehmen.
Hoteltest: sehr gut
19:30 – »The Restaurant«
Vor dem Besuch des Restaurants machen meine Begleitung und ich einen Abstecher in die Bar, um dort unseren »Willkommensaperitif mit Kanapees« einzunehmen. Der Barchef ist jedoch nicht informiert, entschuldigt sich und verspricht nachzuhören. Da wir schon spät dran sind, winken wir ab und gehen direkt zum Essen.
Über sieben verschiedene F&B Outlets verfügt das Chedi – vom japanischen Gourmetrestaurant über das schweizerische »The Chalet« neben der hauseigenen Eislaufbahn bis hin zum »The Club House« auf dem Golfplatz. Hauptrestaurant ist das »The Restaurant« (bei der Namensgebung hätte man ruhig etwas kreativer sein können), ein beeindruckend großer und hoher Raum mit hölzerner Kassettendecke und wagenradähnlichen Kronleuchtern.
Vier gläserne Showküchen sind auf der Fläche untergebracht, eine für die Schweizer Spezialitäten, eine für die asiatische Küche, in einer arbeiten die Gardemangers und in einer kann man die Patissiers beobachten. Zudem läuft der Gast geradewegs auf ein fünf Meter hohes Glashaus zu – den Käsekeller, in dem sehr dekorativ Käseköstlichkeiten aus der Region lagern.
Wieder einmal Superlative, zu denen der überaus aufmerksame und herzliche Service gut passt. Sie haben das Package gebucht? Was hätten Sie denn gerne als Aperitif? Gin Tonic? Und welchen Gin bevorzugen Sie? Darf etwas Pfeffer und Gurke hinein? Schwupps, stehen auch schon die Gläser und vier Kanapees vor uns. Sie sind hübsch dekoriert – im Gegensatz zum Tisch, der ohne Tischdecke und Tischsets auskommt und als einzigen Schmuck ein Teelicht aufweist.
Dafür sind das eingedeckte Besteck von Robbe & Berking, das Geschirr von Dibbern und die Gläser von Riedel. Das Studium der Karte kann also beginnen. Denn uns wird nicht etwa ein von der Küche vorgegebenes Drei-Gänge-Menü serviert, wir können uns die Gänge vielmehr völlig frei aus der Karte wählen. Der aufgeschlossen wirkende junge Ober kann, obwohl die Karte ganz neu zusammengestellt ist, gut beraten.
Wir bleiben auf der linken Seite (Schweizer Küche – die rechte Seite nehmen asiatische Speisen ein) und wählen zur Vorspeise einmal Weißen Spargel und luftgetrockneten Berg-Yak (!) mit Alpenkräutermayonnaise sowie einmal Tatar vom Reh, luftgetrockneten Hirsch und gebeiztes Gemüse. In etwas zu rascher Folge kommen nach den Kanapees Brot (vier kleine unterschiedliche Stangen) und Butter, ein asiatisches Amuse-Gueule und dann auch schon die Vorspeisen, zu denen uns der schwedische Sommelier zwei unterschiedliche Weißweine empfohlen hat, die wir vorab probieren dürfen.
Ausgeschenkt wird immer ein Deziliter. Wunderschön angerichtet sind beide Vorspeisen; das Rehtatar schmeckt kräftig, es ist auch reichlich mit Kapern bestückt. Yak und Hirsch erweisen sich als identische, in hauchdünn geschnittene und zur Blüte geformte Scheiben und erinnern vom Geschmack an Bündner Fleisch. Mein Spargel mit der Mayonnaise und den halbierten Wachteleiern schmeckt gut dazu, aber ein bisschen langweilig.
»Möchten Sie mit dem Hauptgang warten, bis Sie Ihren Weißwein ausgetrunken haben?« Ja, bitte, denn zum Hauptgang haben wir einen Rotwein aus dem Trentino bestellt. Wieder sind die Hauptgänge wahre Prachtexemplare der Anrichtekunst. Meine Begleitung ist auch sehr glücklich über die Medaillons von der Berner Ziege mit Alpen-Eisenkraut, Spargel und Rahmpolenta. Ich habe mir ein Urner Kalbskotelett bestellt, mit Bärlauchblättern und Waldpilzrisotto.
Zunächst erscheint das Kotelett perfekt rosa gebraten, doch je weiter ich mich zum Knochen vorarbeite, umso englischer und sehniger wird das Fleisch, sodass ich ziemlich viel davon liegen lasse. Der Ober nimmt dies bestürzt zur Kenntnis, ebenso, dass mir das Risotto zu salzig war. Darf es vielleicht ein Digestif auf Kosten des Hauses sein?
Schon steht ein Grappa di Brunello vor mir, und auch die beiden doppelten Espressi finden wir auf der Rechnung nicht wieder. Um diese bitten wir, nachdem der Käsekuchen mit roten Früchten und Joghurteis uns den Magen definitiv geschlossen hat. Und zahlen 62 Schweizer Franken für die vier offenen Weine und eine Flasche Wasser.
Hoteltest: sehr gut
22:30 – »The Bar and Living Room«
Zwei Kamine knistern, ein DJ legt Lounge-Musik auf, das Soundsystem ist toll, die Beleuchtung schummrig-angenehm. Beste Voraussetzungen also für gute Stimmung in der behaglichen Bar, die wie alle F&B Outlets im Chedi innenarchitektonisch sehr gelungen ist.
Nur die Barkeeper tun mir ein wenig leid, müssen sie doch, um bestimmte Flaschen zu erreichen, eine Bibliotheksleiter nutzen, so hoch reicht das Flaschenregal hinter dem Bartresen. Das stumm laufende Fußballspiel auf dem großen Flatscreen empfinde ich als stilistisch unpassend und überflüssig. Es schaut nämlich keiner hin, denn außer uns nippt nur ein Pärchen gelangweilt an seinen Drinks.
Die Barkarte listet eine eindrucksvolle Auswahl an Spirituosen, darunter auch einen Mezcal, die Urform des Agavenschnapses Tequila, und einen raren Scotch Single Malt von 1964, von dem vier Zentiliter 899 Franken kosten. Wir probieren lieber ein Schweizer »Stiär Biär«, schon weil es so nett klingt, und eine hauseigene Kreation, den Chedi Mountain Cocktail. Dieser wird aus Monkey 47 Sloe Gin, Lavendelsirup, Limettensaft und Sodawasser gemixt.
Er kommt standesgemäß für seinen Preis (24 Franken) in einem hohen Tumbler aus Bleiglas, schön dekoriert mit einer Lavendelblüte und drei dicken Heidelbeeren auf einem Holzstäbchen. Das herb-blumige Aroma ist gewöhnungsbedürftig, aber ich komme schnell auf den Geschmack. Zu den Getränken werden zwei Schälchen mit Oliven und einer Nuss-Trockenfrucht-Mischung gereicht, korrekt mit Löffeln und Servietten. Der Service ist freundlich und aufmerksam, der Barchef erkundigt sich noch einmal wegen des kleinen Fauxpas zu Beginn des Abends, aber nun ist ja alles gut.
Hoteltest: sehr gut
Sa, 26/03, 08:30 – Weckruf
»Guten Morgen, hier ist der Stefan von der Rezeption! Sie hatten einen Weckruf gewünscht. Soll ich noch einmal anrufen? Nein? Dann einen schönen Tag für Sie!« Gut gelaunt, schwungvoll und zudem pünktlich hat Stefan uns »geweckt«. Die herzliche Art macht wett, dass er mich nicht mit Namen angesprochen und auch nicht die Uhrzeit genannt hat.
Hoteltest: gut
10:00 – Frühstücksbuffet
Wir werden am Eingang zum »The Restaurant« nach der Zimmernummer gefragt und zu einem Tisch begleitet. Am Morgen wirkt der große Raum fast wie ein Speisesaal. Trotz der vielen Gäste und der glatten, keinen Schall schluckenden Oberflächen bleibt der Geräuschpegel erträglich.
Es laufen etliche Servicekräfte herum, die teilweise etwas fahrig und teilweise etwas muffig wirken – kein Vergleich zum fixen und fitten Service vom Vorabend. Der bestellte Kaffee ist, auch nachdem wir vom Buffet zurückgekommen sind, noch nicht serviert, meine versuchte Zeichengebung an den für uns zuständigen Kellner läuft ins Leere.
Endlich kommt die Serviceleiterin und entschuldigt sich – die Maschine habe gestreikt, jetzt gebe es aber sofort Kaffee. Ob Milchkaffee in der Schweiz etwas anderes ist als in Deutschland? Das, was den Kaffee in der kleinen Tasse bedeckt, würde ich jedenfalls nicht Milchschaum nennen. Aber vielleicht liegt das ja an der defekten Maschine.
Im Verlauf des Frühstücks laufen zwar nach wie vor etliche Mitarbeiter umher, das schmutzige Geschirr auf unserem Tisch bleibt jedoch stehen oder wird nur zum Teil abgeräumt. Das Frühstücksbuffet ist an den vier Showküchen aufgebaut, sodass man erst einmal herumlaufen muss, um sich zu orientieren.
Ich laufe sogar zweimal rundherum, weil ich irgendwie nicht glauben kann, dass das, was ich gesehen habe, alles sein soll. Bei der Patisserie gibt es Cerealien und Trockenobst, ein hausgemachtes Birchermüsli, Naturjoghurt, Fruchtjoghurt in Bechern und dreierlei Milch (normale, laktosefreie und Sojamilch).
Außerdem Obst, das von einer Mitarbeiterin in der Küche ständig nachgefüllt bzw. frisch aufgeschnitten wird. Die Auswahl ist gut, es gibt diverse Beeren, Melone, Kiwi und Weintrauben. An der Gardemanger-Station stehen Karaffen mit verschiedenen Säften, darunter frischer Orangen- und Grapefruitsaft, und einer Erdbeermilch, kleine abgepackte Actimel-Drinks, Räucherlachs und Forellenfilets mit Sahnemeerrettich, Hüttenkäse und ein bisschen Gemüse.
In einem zweiten mit Eis gekühlten Fach finden sich kleine Schalen mit Oliven, Mixed Pickles und Antipasti sowie fünf schwarze runde Teller mit zweierlei Aufschnitt, gerollter Putenbrust, Schinken und Salami. An der dritten Showküche stehen Brot und Brötchenauswahl, an der vierten braten zwei Köche Eier nach Wunsch und bereiten Crêpes und Pfannkuchen zu.
In Chafing Dishes werden gegrillte Tomaten, Pilze, dreierlei Würstchen, Speck, Rührei und Baked Beans offeriert. Irgendwo zwischen den Stationen stehen noch die hausgemachten Marmeladen, eine Honigwabe, Nutella und eine kleine Auswahl glutenfreier Produkte – und das war’s. Halt: Den Käseturm habe ich vergessen, in dessen Innerem mich um 10:30 Uhr (Frühstück gibt es bis 11 Uhr) ein abgegessenes Käsebrett angähnt.
Keine Frühstückskarte mit zusätzlichen Offerten, keine über den Standard hinausgehenden Speisen oder Getränke, und das einzig Asiatische – wohlgemerkt in einem Hotel, das über ein japanisches Gourmetrestaurant verfügt – ist ein Schüsselchen mit Lychees. Das überrascht und verwundert gleichermaßen.
Zwar sind alle verkosteten Speisen von guter Qualität, vieles hausgemacht, das Obst frisch, aber ein so dürftiges Bild, wie es die Aufschnittstation bietet, mit ihrem mageren Angebot an Wurstwaren auf nicht ausgarnierten, zu kleinen Tellern, auf denen die entnommenen Waren bereits fettige Spuren hinterlassen haben, das ist eines Fünf-Sterne-Superior-Hotels nicht würdig.
Gleiches gilt für das mickrige Schüsselchen, in dem ein paar Pilze und Paprikastreifen vor sich hin dümpeln und das mit »Antipasti« beschriftet ist. Die Marmeladen stehen in großen Weckgläsern auf einem tiefen Fensterbrett, ohne Unterteller und Serviette, was unsauber wirkt, zumal die Kleckerspuren dazwischen nicht beseitigt werden.
Lange Wege, lieblose Präsentation der Speisen und ein nicht dem Standard des Hauses entsprechendes Angebot. Nur die Qualität der einzelnen Offerten schützt da vor einem »Mangelhaft« in der Wertung.
Hoteltest: ausreichend
Housekeeping / Remake
Zimmer und Bad wurden ordentlich aufgeräumt, die Kleidung zusammengelegt und die Schuhe paarweise ausgerichtet. Kleingeld und Wertsachen blieben unberührt. Mein auf einem Zettel hinterlassener Wunsch das Bett betreffend wurde zu zwei Dritteln erfüllt: Statt der einen übergroßen Bettdecke hat das Housekeeping zwei einzelne Decken bezogen und ein härteres Kopfkissen bereitgelegt.
Der weiche Matratzentopper, den ich entfernt haben wollte, liegt jedoch noch immer auf. Im Bad liegen die privaten Kosmetikartikel adrett geordnet auf weißen Frotteetüchlein; Spiegel, Toilette und Dusche wurden geputzt, alle verbrauchten und angebrochenen Guest Supplies großzügig aufgefüllt. Lediglich ein Fleck auf dem Boden im Bad und einer auf dem Tablett der Kaffeestation wurden übersehen.
Hoteltest: gut
Öffentliche Bereiche
An den Fluren habe ich einen Narren gefressen. Massives Eichenholz und dicker Teppichboden treffen hier auf schlichte Stablampen, die ein orientalisches Muster an die Wände werfen. Mich begeistert aber auch, wie picobello sauber Flure und Teppichböden sind.
Und nicht nur sie, sondern auch die vielen Sitzgruppen im Erdgeschoss, die Lobby, die Lounge, der Eingangsbereich – es müssen wohl Heinzelmännchen sein, die hier agieren, denn nie »erwische« ich jemanden bei der Arbeit. Die fünf Meter hohen, einem Boudoir gleichenden, fantastischen Toiletten sind selbst um 23 Uhr frisch gecheckt, das Toilettenpapier gefaltet. Meine Hochachtung.
Hoteltest: sehr gut
14:00 – Message-Transfer
Während ich im Spa bin, wird um 14 Uhr an der Rezeption ein wichtiger Anruf für mich entgegengenommen. Der Mitarbeiter gibt der Anruferin zwar korrekterweise nicht meine Zimmerdurchwahl, aber er leitet die Nachricht – die Bitte um dringenden (!) Rückruf – auch nicht unmittelbar weiter.
Um 16 Uhr darauf angesprochen, meint der junge Mann, er habe in regelmäßigen Abständen im Zimmer angerufen, um mir die Nachricht persönlich zu übermitteln. Sein Kollege bestätigt das. Als ich den Mitarbeiter frage, warum er mir keine entsprechende Notiz aufs Zimmer gelegt hat, antwortet er, das sei eigentlich nicht üblich. Aus der Gästeinformation: »Der Valet Attendant liefert Nachrichten unverzüglich nach Empfang bei Ihnen im Zimmer ab.«
Hoteltest: mangelhaft
Sicherheit
Im Chedi lassen sich die Aufzüge nur mit der Zimmerkarte bedienen. Auch die sonstigen Brandschutz- und Fluchtwegebestimmungen sowie die Richtlinien zur Wahrung der Diskretion gegenüber dem Gast werden eingehalten.
Hoteltest: sehr gut
Front Office / Concierge / Ski Butler
Ricardo ist spitze. Er weiß alles und wenn nicht, weiß er, wo er die Information herbekommt. Alles rund um das im Package enthaltene Kammerkonzert bringt der Concierge in Erfahrung, organisiert die Karten und den Transfer.
Er kennt die besten Spazierwege und weiß, auf welchen wie lange die Sonne scheint. Außerdem ist er immer guter Laune und zu einem Schwätzchen aufgelegt. Auch am Front Office wird uns weitergeholfen. Als mein Brillenbügel abzufallen droht, wird kurzerhand der IT-Experte des Hauses gerufen, weil er über filigranes Werkzeug verfügt.
Die Wintersportler unter den Hausgästen sind zudem voll des Lobes über den hervorragenden Ski-Butler-Service – eine Truppe sportlicher junger Menschen, die sich um alles kümmert, was den weißen Sport angeht – vom Vorwärmen der Skischuhe über den Transport der Ausrüstung bis hin zu Insidertipps, wo der beste Pulverschnee zu finden ist.
Hoteltest: sehr gut
16:15 – Tea Time
Eine original englische Tea Time ist etwas Köstliches und ersetzt eine Mahlzeit. Ideal also am Nachmittag vor unserem Konzertbesuch. In der Lobby wird zwischen 15 und 17 Uhr der »The Chedi Afternoon Tea« angeboten, wahlweise mit Tee und/oder Champagner für 35 oder 55/60 Schweizer Franken.
Zuerst wird mir der bestellte Champagner serviert, den ich zurückgehen lasse, weil er nicht mehr frisch ist. Die neue Flasche wird vor meinen Augen geöffnet. Nach einer Weile kommt der Tee, bei dem ich nachfragen muss, wie lange er schon zieht, da der Beutel im heißen Wasser hängt, aber kein Tea Timer mitgeliefert wurde.
Die junge Servicemitarbeiterin ist unsicher und muss erst nachfragen. Noch einmal einige Minuten später wird die Etagere mit den feinen Sachen eingesetzt. Sie sind gut, aber nicht exzellent. Die vier Mini-Sandwiches sind wenig einfallsreich alle mit Lachs belegt, der Scone ist etwas zu hart und bei der Erdbeermarmelade hätte ich mir eine hausgemachte gewünscht und kein Portionsglas.
Doch es gibt auch ein Stückchen des himmlischen Brownies, zwei feine Macarons und mehrere Miniküchlein aus der Patisserie, garniert mit ein paar Beeren. Auf die Rechnung muss ich lange warten.
Hoteltest: befridigend
21:40 – Roomservice 2
Nach unserer Rückkehr vom Konzert haben wir keine Lust mehr auf Öffentlichkeit. Aber Hunger. Die Roomservicekarte listet eine große Bandbreite verfügbarer Speisen, von »Häppchen« wie Austern, Kaviar oder einem »Ursener Plättli« mit Wurst und Käse aus dem Tal über die Room Service Klassiker wie Entrecote und Club Sandwich bis hin zu Spezialitäten aus der asiatischen Küche.
Die Preise sind gesalzen, wie für alles hier im Haus. Wir ordern sparsam einen klassischen Caesar Salad ohne alles für 29 Franken und ein Club Sandwich für 36 Franken. Dazu zwei Bier vom Fass. »Gerne«, tönt die freundliche Stimme aus dem Telefon und kündigt die Speisen in etwa 25 Minuten an.
Doch schon nach 17 Minuten klingelt es an der Tür und eine Mitarbeiterin schiebt einen recht abgeschabt aussehenden Servierwagen ins Zimmer. Wir hatten vorab schon überlegt, wo und wie man hier essen soll, da es weder Stühle noch einen Tisch in passender Höhe gibt, doch die junge Frau schiebt den Wagen vors Sofa und klappt eine Seite aus.
So wird es wohl einigermaßen gehen. Eine Tischdecke bekommt der Servierwagen nicht und auf eine Blume wird auch verzichtet, aber immerhin werden zwei kleine weiße Tischsets aufgelegt und Brotteller, Stoffservietten und Besteck eingedeckt. Menagen, ein Brotkorb, ein Tellerchen mit Butter und ein Tellerchen mit Senf, Mayonnaise und Ketchup sowie die bestellten zwei Bier sind ebenfalls vorhanden und der auf einem Vorspeisenteller servierte Caesar Salad auch.
Das Club Sandwich sowie ein Schälchen mit Pommes frites holt die Servicemitarbeiterin aus dem Wärmefach des Servierwagens. Sie lässt sich die Rechnung unterschreiben (79 Franken) und wünscht guten Appetit. Was später mit dem schmutzigen Geschirr passieren soll, erfahren wir weder von ihr noch gibt es einen entsprechenden Hinweis auf dem Servierwagen. Die kleine Mahlzeit kann nicht so recht überzeugen.
Dass die Bierkrone zusammengefallen ist, ist nachvollziehbar und noch das kleinste Übel. Das Club Sandwich ist zwar geschmacklich gut, doch nur noch lauwarm und schon ziemlich durchweicht. Was man mit den dazu gereichten Röstzwiebeln, der Cocktailsauce und den Mixed Pickles anfangen soll, ist nicht klar ersichtlich.
Dem Dressing meines Caesar Salads mangelt es an Worcestersauce, dafür tummeln sich sehr viele Sardinen darin und große, geröstete, leider kalte Brotstücke darauf. Immerhin schmecken die Brotstangen und die aus frischen Kartoffeln geschnittenen Pommes richtig lecker. Und das Bier auch. Den verschrammten Servierwagen sollte man jedoch entweder abdecken oder aus dem Verkehr ziehen. Letzteres wäre auch die richtige Maßnahme für die abgeschrappten Menagen.
Hoteltest: mangelhaft
22:55 – Schuhputzservice
Die Gästeinformation liefert keinen Hinweis auf einen nächtlichen Schuhputzservice. Doch für irgendwas muss der Korb im Schrank ja gut sein. Die zwei Paar Stiefel, die ich darin vor die Tür stelle, wurden irgendwie bearbeitet. Ein gut geputzter Schuh sieht aber anders aus.
Hoteltest: befriedigend
So, 27/03, 10:30 – Frühstück 2
Es ist Ostersonntag und ich bin gespannt auf das Osterfrühstück. Und tatsächlich: Es gibt eine Aufwertung des Buffets – in Form zweier großer Schalen mit hartgekochten, bunten Eiern. Ansonsten ist alles beim Alten.
Halt, der Service ist heute sehr viel aufmerksamer als am Vortag. Doch als ich mich beim Maître nach einem Glas Sekt erkundige, schüttelt er bedauernd den Kopf. »Wir haben leider nur Champagner.« Dieses »leider« muss doppelt unterstrichen werden. Denn wer das Näschen so hoch trägt, weiß nichts über die hervorragenden Sekte dieser Welt.
Hoteltest: befriedend
12:10 – Check-out
Ein bisschen Small Talk, ein nettes »Haben Sie sich denn wohl gefühlt bei uns?«, ein zügiger, aber keinesfalls eiliger Abrechnungsvorgang – der Check-out verläuft nach allen Regeln der Kunst. Wir zahlen alles in allem 1.713 Schweizer Franken, was etwa 1.570 Euro entspricht.
Der Valet Service hat schon das Auto vorgefahren und das Gepäck verstaut, Ricardo verabschiedet sich herzlich und auch der General Manager hält sich im Empfangsbereich auf und sagt Gästen Adieu. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel und es fehlt nur noch, dass man uns hinterherwinkt. Dass wir vermutlich nicht wiederkommen werden, hat jedenfalls nichts damit zu tun, dass wir uns hier nicht wohlgefühlt hätten.
Hoteltest: sehr gut
Lost & Found
Die Fundsache wurde gefunden und mir zugeschickt. Kreditkarte? Nachnahme? Nein: Service.
Hoteltest: sehr gut
Bilanz
Manche Luxushotels sind protzige Paläste, andere wirken steril oder langweilig. Wahre Klasse zeigt sich darin, dass ein Haus den Gast mitnimmt in eine besondere Welt, die ihn zum Staunen bringt, in der er sich aber auch rundum wohlfühlt. Wo Architektur und Ambiente einzigartig sind, wo luxuriöser Lebensstil locker gepflegt wird und wo das Gastgeberteam das Gastgebersein verinnerlicht hat, auf herzliche, natürliche Art und Weise.
Auch wenn im Test nicht alles perfekt lief: Das Ende 2013 eröffnete Chedi Andermatt ist solch ein Haus. Daher wäre es ihm zu wünschen, auf Dauer zu reüssieren und nicht nur Verluste zu schreiben, wie es momentan noch der Fall ist. Ob das gelingt, hängt stark davon ab, wie sich die Destination Andermatt weiter entwickelt, und das wiederum hängt wohl davon ab, wie lang der Atem des Investors Samih Sawiris ist.
Gesamteindruck: 82%
Testurteil: sehr gut
100-81 sehr gut; 80-61 gut; 60-41 befriedigend; 40-21 mangelhaft;
20-0 ungenügend. Der Gesamteindruck ist nicht das arithmetische Mittel;
die Check-Bereiche sind unterschiedlich gewichtet!