Interior Design Hier residiert die Kunst: Zimmergestaltung im Hotel Greif Bozen

Zimmergestaltung_Hotel_Greif_Bozen
Abbildungen der Arbeit „Desiderio“ von Bildhauerin Elisabeth Hölzl zieren die Wände in Zimmer 204. © Hotel Greif Bozen

Im Hotel Greif im historischen Stadtkern von Bozen ist keines der 33 Zimmer wie das andere. Jedes wurde von einem ausgewählten Künstler individuell ­mitgestaltet.

Passion schafft eine besondere Atmosphäre. Eine Atmosphäre, die einzigartig und nicht kopierbar ist. Ein besonders bezauberndes Beispiel dafür ist in Südtirols Landeshauptstadt Bozen zu finden, wo Franz Staffler, Hotelier in vierter Generation, seinem Erbe nicht nur zu Beginn neuen Schwung, sondern ein unverkennbares Profil von Dauer verliehen hat. Unablässig wird daran weiter gefeilt.

Das Hotel Greif am Wal­therplatz mit seiner denkmalgeschützten Fassade war schon im Mittelalter als Gasthof „Zum schwarzen Greifen“ bekannt. Im Jahr 1816 wurde es von Familie Staffler erworben und über die Jahre ausgebaut. 1910 kam, rund 80 Meter entfernt, als Neubau das Grand Hotel Laurin hinzu.

Anfang der 1990e- Jahre ließ Franz Staffler zunächst diesen Betrieb in der Kategorie Viersterne-Superior umfassend restaurieren und positionierte ihn als Haupthaus des Unternehmens. Differenziert dazu wurde in der Folge aus dem reinen Hotelkomplex des Hotel Greif ein modernes Multi-Use-Objekt mit Ladenlokalen, Büros, Wohnungen – und eben 33 besonderen, im Jahr 2000 wiedereröffneten Doppelzimmern beziehungsweise Junior-Suiten. Ein Einzelzimmer gibt es ebenfalls. In Summe wandelte sich das Greif zu einem kleinen Design- und feinen Arthotel der Viersterne-Kategorie, das Mitglied im Verbund der Design Hotels ist.

Firmeneigene Tischlerei sorgt für die Verbindung von Alt und Neu

An beiden Umbauprojekten war maßgeblich der Wiener Architekt Boris Podrecca beteiligt, der es laut Staffler versteht, Altes und Neues harmonisch zu verbinden. Für das Hotel Greif wurde zum einen Bestandsmobiliar aus Biedermeier und Jugendstil in der firmeneigenen Tischlerei aufgearbeitet, die sich im Tagesgeschäft der Instandhaltung widmet. Zum anderen wurden neue Ahornholz-Möbel nach Zeichnungen von Boris Podrecca angefertigt, die sich bis heute ebenso zeitlos präsentieren wie die Marmorbäder, deren Marmor zwischen schwarz und weiß, gelb und bunt variiert.

Ähnlich wie bei den Bädern verhält es sich mit den Zimmern: Formell ist die Möblierung weitgehend gleich, doch unterscheiden sich unter anderem die Bezüge der Sitzmöbel oder Kopfteile der Betten. Prägend hinzu kommen Wenge-Holzböden und handgeknüpfte Gabbehs, die Staffler selbst kuratiert und über einen längeren Zeitraum bei einem Mailänder Teppichhändler passend zu den jeweiligen Zimmergrößen in vielfältigen Farbspektren beschafft hat.

  • Bild 1 von 5
    Zimmergestaltung_Hotel_Greif_Bozen_Aussenansicht
    © Hotel Greif Bozen
    Das Hotel Greif mit seiner denkmal­geschützten Fassade blickt auf mehr als 500 Jahre ­Geschichte zurück.
  • Bild 2 von 5
    Zimmergestaltung_Hotel_Greif_Bozen_Bar_Grifoncino
    © Hotel Greif Bozen
    Die Cocktailbar „Grifoncino“ wurde von Greif-Architekt Boris Podrecca entworfen.
  • Bild 3 von 5
    Zimmergestaltung_Hotel_Greif_Bozen_Aussen
    © Annette Fischer
    Im Park des Hotels Laurin können die Greif-Gäste, umgeben von Skulpturen, Kunst-Installationen und jahrhundertealten Bäumen, entspannen.
  • Bild 4 von 5
    Zimmergestaltung_Hotel_Greif_Bozen_Florin_Kompatscher
    © Hotel Greif Bozen
    Maler Florin ­Kompatscher versah Zimmer 108 mit Venusmotiven aus der Kunst­geschichte.
  • Bild 5 von 5
    Zimmergestaltung_Hotel_Greif_Bozen_Künstler Arnold_Dall_O
    © Hotel Greif Bozen
    „Il Sole“: Künstler Arnold Dall‘O ­montierte in ­Zimmer 107 vergoldete Seifen­stücke an Decke und Wand.

Einzige Vorgabe: Harmonie von Kunst und kostbaren Teppichen

Auf diese Rahmenbedingungen trafen die vorwiegend in der Region gebürtigen zeitgenössischen Künstler. Der Greif-Inhaber hatte sie – gemeinsam mit dem Direktor des Museums für Moderne Kunst in Bozen, Dr. Andreas Hapkemeyer, und dem Kunsthistoriker Dr. Carl Kraus aus Innsbruck – ausgewählt und mit der Frage angesprochen, ob sie bereit wären, jeweils ein Zimmer mit ihren Werken zu „veredeln“. Sie hatten dabei unter dem Motto „Augenlust“ weitgehende Gestaltungsfreiheit, ein sinnliches Vergnügen zu schaffen.

Einzige Vorgabe: Ihre Kunst sollte mit den Teppichen der jeweiligen Zimmer harmonieren. Die unterschiedlichsten Techniken kamen zur Anwendung: von der Ölmalerei über Zeichnung, Skulptur, Fotografie und Installation bis hin zur Künstlertapete. Baulich-architektonische Eingriffe blieben die Ausnahme, „da wir natürlich die volle Funktionalität unserer Einrichtung erhalten wollten“, so Staffler.

An den Wänden von Zimmer 208 rekelt sich nun beispielsweise hundertfach eine nackte Venus – nicht etwa wiederholt dieselbe, sondern eine ganze Sammlung an Motiven quer durch die Kunstgeschichte. Der Südtiroler Maler, Zeichner und Bildhauer Florin Kompatscher hat sie zusammengestellt. Bildhauerin Elisabeth Hölzl wiederum schmückte „ihr“ mit rotem Lesesessel und grünem Gabbeh ausgestattetes Zimmer mit der Fotoserie „Desiderio“ auf gelb gestrichener Wand. Einen Teil der Zimmer dekorieren zusätzlich ältere Papierarbeiten von teils sehr renommierten Künstlern aus der Privatsammlung von Franz Staffler.

Buchungsberatung: Welches Zimmer für welche Gäste?

Moderner Komfort wird trotz aller Historie großgeschrieben, Beispiele sind das Prismenlicht über dem Badezimmerspiegel, die bequeme Lichtsteuerung vom Bett aus oder die individuell regulierbare Raumtemperatur. Gäste bekommen beim Einchecken an der Rezeption zusammen mit der Zimmerkarte einen kleinen Prospekt in Visitenkartengröße ausgehändigt. Dieser gibt Auskunft über Künstler und Kunst ihres temporären Domizils.

„Wir haben viele Stammgäste aus Deutschland und Österreich, die teils fünf- bis sechsmal im Jahr zu einem Einkaufs- oder Kulturwochenende vorbeikommen und unsere ruhige Oase inmitten der Stadt zu schätzen wissen. Sie haben meist ein bis drei Wunschzimmer“, berichtet Hotelmanagerin Christina Amplatz und fügt hinzu: „Bei neuen Gästen ist es Teil unserer Beratung, das jeweils für sie passende Zimmer zu empfehlen.“

Dank Firmenkooperationen ist das Hotel Greif auch Anlaufstelle für Businesskunden, wobei deren Anteil aufgrund der zunehmenden Videokonferenzen rückläufig ist. „Aktuell besuchen uns viele Amerikaner, da es für sie gerade günstig ist, nach Europa zu reisen.“ Anderthalb Tage umfasst die durchschnittliche Aufenthaltsdauer, „denn leider wird Bozen trotz all seiner Möglichkeiten noch immer als Durchzugsstadt wahrgenommen“, bedauert der Hausherr.

Nach dem Frühstück ins Nachbarhotel Laurin

Das Hotel Greif, das auch über eine kleine Sauna sowie ein ebensolches Fitnessstudio verfügt und Zimmer mit Balkon, Dachterrasse, Whirlpool oder Dampfsauna bietet, ist nicht zuletzt für sein Frühstück bekannt. So duftet es morgens im Haus abwechselnd nach Apfelstrudel, Linzer Schnitte, Schokoladenkuchen, Wiener Guglhupf oder Früchteschnitten aus der eigenen Backstube. Je nach Saison werden Orange, Marille, Waldbeeren, Zwetschgen oder Preiselbeeren zu Marmelade verkocht. Der Frühstücksraum, mit Thonet-Stühlen ausgestattet, erweitert sich über eine beschauliche, zum Innenhof ausgerichtete Dachterrasse mit Blick auf den Schlern, einen Teil der Dolomiten.

Hier können Gäste die Seele ebenso baumeln lassen wie im großzügigen Privatpark des Laurin, dessen öffentliche Bereiche die Greif-Gäste mitnutzen können. Entspannung unter jahrhundertealten Bäumen, umgeben von Skulpturen und Installationen, ist hier ebenso möglich wie das Abtauchen im beheizbaren Außenschwimmbad.

Oder man genießt das quirlige Treiben in der „König Laurin Bar“ mit ihren original erhaltenen Wandfresken, bei einem Glas hauseigenem Gin und/oder einem Jazzkonzert. Wobei auch das Hotel Greif mit einer Abend-Cocktailbar aufwartet. „Grifoncino“, so der Name der von Boris Podrecca entworfenen Bar, ist mit seinem futuristischen Dekor und aufwendigen sowie wechselnden Audio-, Video- und Lichtinstallationen zu einem Treffpunkt der Bozener Nachtszene geworden. In den heißen Sommermonaten zieht die im Erdgeschoss beheimatete Bar auf die begrünte Dachterrasse im ersten Stock um.

Auch das Parkhotel Laurin erhält in diesem Jahr ein Upgrade. Das Außenschwimmbad wird wintertauglich gemacht, eine Sauna hält Einzug im Park, ebenso wie zwei Suiten. Das romantische Glashaus wird Veranstaltungsraum und weiterer gastronomischer Treffpunkt. Und ein Teil der Zimmer wird, so nennt es Franz Staffler, „repositioniert“ – unter anderem mit edlen Holzböden sowie handgeknüpften Teppichen. Denn auch hier sind dank des zeitlosen Designs keine Komplett-Modernisierungen erforderlich – sie wären sogar kontraproduktiv.