Claudia Schulze-Clewing ist Personalreferentin im Holiday Inn München-Unterhaching und Ausbildungsbotschafterin des bayerischen Gastgewerbes. Sie spricht über den wachsenden Fachkräftemangel, die Chancen von ausländischen Kräften und wie sie ihr Haus noch arbeitnehmerfreundlicher gestalten möchte. An die Politik hat sie eine ganz klare Forderung: praxisorientierte Lösungen – "und zwar nicht erst morgen, sondern jetzt!"
Etwa zehn Auszubildende begrüßt das Holiday Inn München-Unterhaching alljährlich aufs Neue. 2018 waren es sogar rekordverdächtige 18, in diesem Herbst nur noch fünf. Erstmals in der Geschichte des Hotels konnten nicht alle freien Plätze besetzt werden. "Das ist für uns ein deutlicher Weckruf, dass wir noch weiter auf potenzielle Auszubildende zugehen müssen", sagt Personalreferentin Claudia Schulze-Clewing. Sie ist unter anderem Ausbildungsbotschafterin des bayerischen Gastgewerbes und hat in den letzten Jahren nach eigenen Angaben maßgeblich dafür gesorgt, dass ihr Haus sowohl bei Azubis, als auch bei Arbeitnehmern hoch im Kurs stand beziehungsweise immer noch steht.
Überzeugt haben laut Claudia Schulze-Clewing etwa eine faire Bezahlung, beschränkte Wochenenddienste, Fortbildungsangebote, Benefits wie Mitarbeiter-Wohnungen, eine Azubi-WG direkt im Hotel und auch ein Mitarbeiter-Auto. Daneben habe sie auch in verschiedene Aktivitäten investiert, wie Messebesuche, Info-Veranstaltungen in Schulen oder die Kooperation mit unterschiedlichen Arbeitsagenturen. Diese sollen nun noch intensiviert und ausgebaut werden.
Um auf den wachsenden Fachkräftemangel zu reagieren, werden derzeit zusätzlich im HR-Team flexiblere Arbeitszeitmodelle erörtert. Auch soll der Dienstplan noch enger mit den Mitarbeitenden abgestimmt und in einem "Wunschbuch" vorgemerkt werden. Diese Maßnahmen werden laut Claudia Schulze-Clewing helfen, "doch das Ruder komplett herumreißen, werden sie nicht – das können wir nicht alleine."
Fachkräfte aus dem Ausland
Da der hiesige Markt "schlichtweg leergefegt" sei, sieht Claudia Schulze-Clewing nur noch durch den Zufluss von ausländischen Kräften eine Lösung. Daher arbeitet sie auch schon jetzt mit Eures, dem Portal für internationale Fachkräfte, zusammen. Die Personalreferentin würde auch gerne noch mehr motivierte und fähige Menschen aus dem Ausland anwerben. Doch Bürokratie und Vorschriften stünden dabei oft im Weg. "In vielen Jobs dürfen nur zertifiziert 'Ausgebildete' arbeiten – ein solches Zertifikat gibt es allerdings nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz", erklärt Claudia Schulze-Clewing. "Andere Länder bilden in den Betrieben aus, also 'Learning by doing'. Ausländische Fachkräfte sind oftmals hochqualifiziert, sollen aber hier in die Berufsschule zu Azubis im ersten Lehrjahr gehen!" Das sei nicht praktikabel. Sie fordert daher schnellstmöglich Unterstützung bei Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitserlaubnissen sowie die Vereinfachung formeller Prozesse.
Forderung an die Politik
Vor allem durch die aktuelle Corona-Pandemie leide die Hotellerie- und Gastronomie-Branche unter dem Mitarbeitenden-Schwund. Doch die Politik lasse die Branche derzeit im Regen stehen. "Wir brauchen dringend kurzfristige, praxisorientierte Lösungen, mehr Flexibilität und Raum für praktikable Handlungsmöglichkeiten – und zwar nicht erst morgen, sondern jetzt", fordert Claudia Schulze-Clewing. Dies gelte nicht nur für die eigene, sondern auch für viele andere Branchen. "Es gibt so viele, sehr gute Hotellerie-Fachkräfte, die in Deutschland in ihrem Job nicht arbeiten dürfen, weil sie nicht genau die hier geforderten Qualifikationsbescheinigungen besitzen. Ein Patissier beispielsweise darf in Deutschland kein Schnitzel anfassen, weil er Spezialitätenkoch ist." Solche Regelungen würden die ohnehin angespannte Situation noch zusätzlich verschärfen.