Erweiterung des Apfelhotels Torgglerhof in Südtirol Mit der Natur verflochten

Die neue Wellnessanlage (links) und die zusätzlichen Gästehäuser orientieren sich nach Südwesten zum idyllisch gestalteten Garten. © Alex Filz

Eine in den Hügel gebettete Wellnessanlage und drei neue Häuser mit insgesamt 18 Zimmern sorgen für eine elegante Erweiterung des Torgglerhofs. Der Bezug zur Natur spielte bei der Gestaltung innen wie außen die Hauptrolle.
Der frei in der Landschaft des Passeiertals gelegene Torgglerhof hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer mehr vom Bauernhof zum familiengeführten Hotel und zum Ort der Begegnung und des Genusses gewandelt. Äpfel spielten und spielen dabei eine wichtige Rolle. Sie werden auf 45.000 Quadratmetern Fläche im Umland angebaut und zu den unterschiedlichsten Produkten verarbeitet: zu Apfelsekt und -cider ebenso wie zu Säften, Marmeladen, Chutney und Balsamicoessig, die allesamt im Hofladen verkauft werden. Hinzu kommt ein Restaurant, das sich bei Tagesausflüglern und Gästen aus der Region großer Beliebtheit erfreut. Bis vor Kurzem bestand allerdings keine klare Zonierung zwischen Tages- und Hotelgästen.
Ziel des 2014 eingereichten Vorschlags des Bozener Büros Noa Networks of Architecture war es, hier gestalterisch genau das zu schaffen. Mit Erfolg: Seit einigen Jahren wird der als Sieger hervorgegangene Entwurf des Büros etappenweise umgesetzt. Der jüngste, in diesem Jahr fertiggestellte Bauabschnitt beinhaltet eine Erweiterung des Restaurants, eine neue Wellnessanlage – das sogenannte Brunnenhaus – sowie drei Neubauten mit insgesamt 18 Zimmern.

Eingebettet in die Landschaft

Die Gäste gelangen von der Erschließungsstraße zunächst ans Haupthaus aus den 1960er-Jahren, in dem sich nach wie vor die Rezeption befindet. Haben sie ein Zimmer in einem der drei neuen Häuser gebucht, werden sie persönlich dorthin gebracht – nicht ohne zuvor auf dem Weg das gesamte Areal präsentiert und erläutert zu bekommen.
Die erste Station bildet das Restaurant im Haupthaus, das nun um einen eingeschossigen, raumhoch verglasten Pavillon erweitert wurde, in dem auch gefrühstückt wird. Mit seinen gedämpften Farben, den Lampenschirmen aus Korbgeflecht und der Holzmöblierung strahlt der Raum eine zurückhaltend elegante Ruhe und Naturverbundenheit aus, von der auch der durch die großen Fensterflächen erkennbare Garten geprägt ist. In der Ferne sind die bewaldeten Hänge der Südtiroler Berge zu sehen, während in der Nähe vor allem eine stimmungsvolle alte Trauerweide und unzählige neu gepflanzte Büsche und Bäume das Bild bestimmen. Wären die geführten Gäste nicht gerade ohnehin auf dem Weg dorthin, sie würden ohne Zweifel sofort ins Freie gehen, um diesen Garten hautnah zu erleben.
Auf der Außenterrasse angelangt, sind westlich des Haupthauses ein Pool und die bereits im Jahr 2016 von Noa errichtete Apfelsauna zu sehen. Sie liegt als eigenständiger Bau größtenteils nicht sichtbar in einem künstlichen, sanft ansteigenden Grashügel und verfügt über einen skulptural ausgebildeten Eingang, der durch einen schalenförmigen Hügeleinschnitt aus Sichtbeton definiert wird. Unweit hiervon befindet sich das neue Brunnenhaus, dessen Nordseite ebenfalls unter einem üppig begrünten Hügel verborgen ist, der sich jedoch großflächig nach Süden öffnet. Ein paar Schritte weiter stehen die Gäste direkt vor ihrer Unterkunft.

Analogien zur traditionellen Südtiroler Architektur

Die neuen dreigeschossigen Häuser, die auf dem Bauplatz eines ehemaligen Ferienhauses errichtet wurden, schließen den Garten nach Südosten zum steil ansteigenden Wald ab und wirken vertraut. Dafür gibt es mehrere Gründe: Ihre Dachneigungen entsprechen jenen der Häuser in der Umgebung, ebenso ihre Kubatur und ihre Fassadengestaltung. Außerdem ist vor den dunklen Putzfassaden eine diagonale Struktur aus schwarz lasierten Holzbalken zu erkennen. Sie lehnt sich gestalterisch an die Konstruktion des Stadels an, der sich (mit dem Hofladen im Erdgeschoss) in Sichtweite befindet. Diese Struktur sorgt nicht nur für ein filigranes Erscheinungsbild der Häuser, sondern vor allem für deren maßstäbliche Einbindung in die Hoflandschaft. Die kleinen und leicht zueinander verdrehten Baukörper schaffen Identität und wecken in den Gästen das Gefühl, nun in „ihr“ Haus zu gehen.

Die neue Wellnessanlage befindet sich in einem künstlichen Grashügel. © Alex Filz

Was aus dieser Perspektive auf den ersten Blick nicht auffällt: Die drei Häuser sind rückwärtig über alle Geschosse miteinander verbunden und verfügen über eine gemeinsame Erschließung. Nach dem Eingang im Erdgeschoss gelangen die Gäste – vorbei an einem bepflanzten Patio und einer Loungezone mit Bibliothek – schließlich zu ihren Zimmern. In jedem der drei Geschosse sind pro Haus zwei Wohnungen untergebracht, die sich jeweils nach Südwesten in den Garten orientieren. Weil das Gelände in diese Richtung leicht abfällt, ist der vordere Raumbereich der erdgeschossigen Zimmer um eine Stufe abgesenkt. Das sorgt für eine angenehme Großzügigkeit und gute Raumzonierung, da es das offene Bad vom Wohnbereich trennt. Die Ausstattung ähnelt jener des Restaurants, wirkt hier jedoch noch feinsinniger und gemütlicher.

Moderner Farmhouse-Style

Die Zimmer vermitteln eine Wohnlichkeit in einer Art Farmhouse-Style, die durch zahlreiche verschiedene Holz- und Textil­oberflächen in zurückhaltenden erdigen Farbtönen entsteht. Der Boden besteht aus Eichenparkett und setzt sich aus farblich unterschiedlichen geräucherten und geölten Eichendielen zusammen. Hinzu kommen Korbgeflechte, die nicht nur für Lampenschirme, sondern auch für Stühle und Beistelltische eingesetzt wurden. Insgesamt ist große Feinheit im Detail und Liebe zum Material zu erkennen, die Lust macht, die Oberflächen zu berühren – das gilt insbesondere für die Holzflächen, in die ästhetische Strichmuster eingefräst sind, oder für die Stoffbezüge der Sofas und Kissen. Deren Oberflächen zeigen grafische Muster aus Diagonalen, die an die Holzbalken an der Fassade erinnern.

Zweigeschossige Galerieräume schaffen ein besonderes Raumerlebnis. © Alex Filz

Wie das Restaurant vermitteln auch die Zimmer lockere Natürlichkeit. Alles erscheint nicht wie insgesamt neu eingerichtet, sondern im positiven Sinne zusammengewürfelt und im Laufe der Zeit gewissermaßen durch das Leben miteinander verwachsen und irgendwie regelmäßig unregelmäßig.
Die sechs Zimmer im Dachgeschoss verfügen über eine kleine Galerieebene mit Schlafplatz. Diese Galerie erscheint auf den ersten Blick komplett offen, was wesentlich zur Großzügigkeit des Raumes beiträgt. Tatsächlich ist sie jedoch hinter einer gitterförmigen, schwarz pulverbeschichteten Stahlstruktur raumhoch verglast – diese Struktur bildet den seitlichen Abschluss der Galerieebene und geht an der Treppe fließend in das Geländer über. Die zweigeschossige Raumkonfiguration schafft ein ganz besonderes Raumerlebnis sowie zusätzliche Spielräume. Beispielsweise können Kinder am Abend schon oben schlafen, während die Eltern unten ungestört Filme streamen, Karten spielen oder sich unterhalten.
Jedes der Zimmer bietet einen großen Balkon beziehungsweise eine große Terrasse, wobei die beiden unteren Geschosse jeweils über ein an vier Seilen aufgehängtes Schaukelbett verfügen. Diese Freiflächen geben nicht nur einen besonders guten Überblick über das neue Brunnenhaus, von hier aus wird auch klar, wie gut es mit seiner Hügelform dazu beiträgt, das gesamte Hofgelände zu zonieren – zum Beispiel indem es den eher den Gästen vorbehaltenen Wellnessbereich von dem öffentlicheren nördlichen Teil des Gartens mit Haupthaus, Restaurant und Hofladen abschirmt.

Wellness im Garten

Während das Brunnenhaus auf der öffentlichen Seite nur als begrünter Hügel mit eingeschnittenem Eingang in Erscheinung tritt, öffnet es sich zur Südseite mit einer konvexen Glasfassade, die den Gästen den Blick in den Garten und auf die benachbarten Apfelanbauflächen ­eröffnet.
Im Erdgeschoss des Brunnenhauses befinden sich neben der Wellnesslounge und der Rezeption für den Beauty-Bereich auch der Einstieg zum Außenbecken und ein Ruheraum. Das Obergeschoss ist als textilfreier Bereich mit Sauna und Dampfbad konzipiert, in dem es einen weiteren Ruheraum sowie Sitzmöglichkeiten, eine kleine Bibliothek und einen großen Balkon mit geschwungener Außentreppe in den Garten gibt. Gästen, die zuvor schon im Restaurant und auf ihren Zimmern waren, wird die Material- und Formensprache dieses Bereichs bereits bestens vertraut sein, sodass sie sich hier voller Wohlgefühl einfach nur dem ungestörten Genuss hingeben können.
Autor: Roland Pawlitschko