Im ersten Halbjahr 2022 wurden nach Angaben von Colliers rund 784 Millionen Euro in Hotelimmobilien investiert. Das sind rund 23 Prozent weniger als noch im ersten Halbjahr 2021. Nach dem relativ ruhigen, aber unter den Marktbedingungen soliden, Auftaktquartal bedeutet ein Transaktionsvolumen von 335 Millionen Euro im zweiten Quartal laut den Experten einen Dämpfer auf dem Investmentmarkt.
René Schappner, Head of Hotel bei Colliers führt aus: "Das sich verändernde und von Unsicherheiten geprägte Marktumfeld wirkte, wie in den anderen Assetklassen auch, dämpfend auf das Transaktionsgeschehen der letzten Monate. Insbesondere die gestiegenen Finanzierungskosten hatten Einfluss auf laufende Prozesse." Sei die Finanzierung von Hoteltransaktionen bereits seit dem Ausbruch der Coronapandemie erschwert gewesen, gestalte sie sich im aktuellen Umfeld steigender Zinsen und Risikoaversion der Banken zusätzlich komplizierter. Dennoch würden weiterhin Transaktionen stattfinden, wenngleich sich Prozesse verzögern.
Korrekturen der Spitzenrenditen
Blieben die Bruttospitzenrenditen während der durch Corona geprägten Quartale stets konstant, kam es im zweiten Quartal, aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten zu einer Korrektur nach oben, wie Colliers weiter mitteilt. Der Durchschnitt der Top 7 liegt bei 4,25 Prozent, nach zuvor vier Prozent. Wie schon seit knapp zwei Jahren würden die Angaben zu den Renditen aufgrund der begrenzten Anzahl der Core-Transaktionen in den Top 7 weniger auf abgeschlossenen Transaktionen beruhen, sondern auf Erkenntnissen aus laufenden Prozessen.
"Die gestiegenen Finanzierungskosten können von Hotelinvestoren nicht ignoriert werden. Die Diskrepanz zwischen Geboten und Forderungen hat sich in den letzten Monaten erhöht, die Preisfindung erschwert und somit die Verkaufsprozesse verlängert", so Schappner. Er ergänzt, dass die steigende Inflation auch einen positiven Aspekt haben könne, der die Investition in Hotelimmobilien attraktiv machen kann. "Die Preissetzung für Hotelübernachtungen ist äußerst flexibel und passt sich sehr schnell an die Inflationsentwicklung an. Davon profitieren, bei entsprechender Vertragsgestaltung mit dem Betreiber, natürlich auch die Eigentümer."
Core- und Value-Add-Objekte bleiben bei Investoren am beliebtesten
Die seit Mitte 2021 zu beobachtende Tendenz eines vermehrten Kapitalflusses in das Value-Add-Segment hält laut den Immobilienexperten auch nach dem ersten Halbjahr 2022 an. Rund ein Viertel des Transaktionsvolumens entfiel demnach in diesem Zeitraum auf Objekte dieser Risikoklasse. Objekte mit dem Risikoprofil Core würden zwar noch rund 37 Prozent auf sich vereinen, verglichen mit den Halbjahreswerten 2019 und 2020 sei dies aber ein deutlicher Rückgang.
"Durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen, gerade für das Gastgewerbe, hat sich der Markt, insbesondere auf Betreiberseite, konsolidiert. Hier bieten sich durch neue Konzepte und re-brandings Opportunitäten für Investoren. Darüber hinaus lässt die vergleichsweise schnelle Erholung der Hotelnachfrage Investoren positiv in die Zukunft blicken. Ankäufe mit dem Ziel der Umnutzung fanden in den letzten drei Monaten hingegen kaum statt. Hier wirken die rasant gestiegenen Baukosten dämpfend auf das Marktgeschehen, da Projektentwickler angesichts der gestiegenen Kosten derzeit etwas zurückhaltender agieren", führt Schappner aus.
Hinzu komme, dass in den vergangenen drei Monaten kaum Forward Deals stattgefunden haben. Im ersten Halbjahr lag ihr Anteil am Transaktionsvolumen lediglich bei rund neun Prozent, so Schappner. Im Vergleichszeitraum der beiden Vorjahre betrug er jeweils rund 20 Prozent.
Ausblick auf das zweite Halbjahr
Colliers teilt weiter mit, dass der Rückgang der Marktdynamik nicht mit dem zweiten Quartal 2020 vergleichbar, als Europa zum ersten Mal im Lockdown war. Zuletzt habe sich der Markt zusehends beruhigt.
René Schappner erklärt: "Mittelfristig ist erkennbar, dass der Hotelmarkt, was Übernachtungszahlen angeht, sich wieder dem Vor-Corona-Niveau nähert, beziehungsweise dieses teilweise auch schon übertrifft. Die Reiseaktivitäten legen zu und auch die Übernachtungszahlen steigen deutlich. Damit ist eine wichtige positive Grundlage für den Hotelmarkt wiedergegeben."
Das Risiko erneuter drastischer Einschränkungen aufgrund der Pandemie werde derzeit seitens der Marktteilnehmer als niedrig eingeschätzt. Allerdings würde eine Rezession auch den Hotelmarkt negativ beeinflussen. Daher bleibt abzuwarten, inwieweit sich die volkswirtschaftlichen Entwicklungen, insbesondere die Gasknappheit, im Jahresverlauf auf den Sektor auswirken werden, führt der Immobilienexperte weiter aus. Für die zweite Jahreshälfte erwartet er dennoch mehr Transaktionen.
"Das von uns nach dem ersten Quartal erwartete Jahresergebnis in Höhe von drei Milliarden Euro ist allerdings auf Grund der schwachen ersten Jahreshälfte mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu erreichen. Wir rechnen eher mit einem Volumen von zwei bis 2,5 Milliarden Euro. Allerdings ist der weitere Jahresverlauf zunehmend davon abhängig, wie schnell die Kaufprozesse im derzeitigen Marktumfeld abgeschlossen werden können", sagt Schapnner abschließend.