Energiekonzept Wie das Frankfurter Radisson die Brennstoffzelle nutzt

Das Radisson Blu in Frankfurt am Main ist mit der Brennstoffzelle Vorreiter in der Branche. © RHG

Bei der Erzeugung von Strom und Wärme setzen viele Hotels auf Blockheizkraftwerke. Ronald Hickel von der Radisson Hotel Group schlug für das Hotel in Frankfurt eine andere Technologie vor. Nach eineinhalb Jahren mit der Brennstoffzelle zieht der verantwortliche Ingenieur eine positive Bilanz.
Das Radisson Blu in Frankfurt am Main und das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin haben eines gemeinsam: Beide Gebäude verfügen über eine Brennstoffzelle, die Teil des jeweiligen Energiekonzepts ist. Das Radisson mit 434 Zimmern ist Deutschlands erstes Hotel mit dieser Technologie und damit Vorreiter in der Branche. Ronald Hickel, Area Chief Engineer bei der Radisson Hotel Group: „Wir haben das Glück, dass unsere Hotelgruppe sehr mutig ist. Es waren einige Risiken mit der Entscheidung verbunden, dessen waren sich alle Beteiligten bewusst. Die Bereitschaft ist da, etwas auszuprobieren und auch mal einen Fehler zu machen. Als wir das ‚Go‘ für die Brennstoffzelle bekommen haben, habe ich mich sehr gefreut.“
Die Technologie braucht Platz, daher ist direkt am Hotel bei der Warenannahme vor anderthalb Jahren die Brennstoffzelle in einem Raum so groß wie eine Garage installiert worden. Unscheinbar in den Farben des Hotels gestrichen, ahnen Gäste von der Solmsstraße kommend in die Franklinstraße abbiegend nicht, was sich hinter den Mauern verbirgt. Die Brennstoffzelle im Inneren des Anbaus wird mit Erdgas angetrieben. Dieses wird zersetzt – durch eine chemische Reaktion verbunden mit einer hohen Temperatur wird Strom erzeugt. Als Abfallprodukt entsteht Wärme, die das Radisson Blu ebenfalls nutzt. Mit der Technologie werden mehr als drei Viertel des hoteleigenen Bedarfs an Strom sowie Wärme produziert und das Radisson Blu spart jährlich 600 Tonnen CO2 ein. „Um noch mehr, also zum Beispiel 95 Prozent unseres Bedarfs zu decken, wäre eine um zwei Klassen größere Brennstoffzelle nötig gewesen“, so Hickel. Die Anlage wird mit monatlich ca. 990 Kilowattstunden Gas gespeist.
Zusammenarbeit mit zwei Partnern

"Wir haben jetzt schon das Ergebnis, das wir erreichen wollten. Die Wirtschaftlichkeit ist gegeben."

Ronald Hickel ist vor rund drei Jahren auf den Energiekonzern Eon zugegangen, um zu eruieren, welche energieeffiziente Technik im Radisson in Frankfurt am Main zum Einsatz kommen könnte. Aus der Abteilung, die sich mit Zukunftstechnik beschäftigt, kam die Idee für die Brennstoffzelle. „Damals haben wir uns einen Betrieb in Mannheim angeschaut, in dem bereits eine solche Zelle implementiert wurde. Es stellte sich als eine sehr stabile und interessante Technologie für uns heraus“, so Ronald Hickel. Mit dem Bau der Brennstoffzelle beauftragte der Partner Eon das Münchner Unternehmen Fuel Cell, eine Tochter der gleichnamigen Firma aus den USA, die sich der Technologie zu 100 Prozent verschrieben hat. Knapp anderthalb Jahre später stand die Anlage in Frankfurt am Main. Der Auftragnehmer Fuel Cell übernimmt die Instandhaltung sowie die Wartung und kümmert sich im Fall von Störungen und Reparaturen. „Wir brauchen dadurch hier vor Ort keine Experten. Unsere Kollegen sind in diese Anlage eingewiesen. Bevor wir sie betreten, müssen wir uns aber immer anmelden“, so der Area Chief Engineer.

Seit eineinhalb Jahren versorgt die Technologie nun das Radisson Blu mit Strom und Wärme. © RHG

Stabile Technologie

Der Vorteil liegt für ihn in der geringen Störanfälligkeit der Technologie. Wenn Wartungen anfallen und die Anlage entsprechend runtergefahren wird, geschieht das geplant. „Die Brennstoffzelle lässt sich nicht einfach mit einem Hauptschalter ausschalten. Sie muss in einem geordneten Prozess runtergefahren werden. Das dauert in der Regel zweieinhalb bis drei Tage“, so Hickel. In regelmäßigen Abständen muss eine vorbeugende Instandsetzung erfolgen. Dadurch läuft die Anlage stabil. Für das letzte Betriebsjahr verzeichnete das Radisson eine Verfügbarkeit der Brennstoffzelle von fast 95 Prozent.

Gut Ding will Weile haben

Nach einigen Monaten Laufzeit war die erste Bilanz zunächst noch ernüchternd gewesen: „Die Reaktionen, als die Zahlen auf den Tisch kamen, waren ablehnend. Da habe ich mir erstmal Sorgen gemacht“, räumt Ronald Hickel ein: „Wir hatten aber gute Unterstützung seitens Eon. Alle Projektbeteiligten waren daran interessiert, dass alles gut läuft. Und dann, ein Jahr nach Inbetriebnahme, sind wir alle zufrieden. Wir haben jetzt schon das Ergebnis, das wir erreichen wollten. Die Wirtschaftlichkeit ist gegeben.“ Ziel war von Beginn an ohnehin nicht die komplette Substitution. Das Radisson Blu fungiert für die Hotelgruppe als Pilotprojekt. Die Beteiligten wissen nun, wie die Genehmigungen ablaufen und wie die Bauämter einbezogen werden müssen. Das schafft eine Grundlage für kommende Projekte.
Ronald Hickel ist überzeugt von der Technologie: „Die Brennstoffzelle ist effizienter als ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Außerdem stehen wir erst am Anfang der Forschung. Die Technik der BHKWs ist meiner Meinung nach schon ausgereizt. Für mich ist die Brennstoffzelle die logische Fortsetzung.“ Das eigentliche Problem sieht der Ingenieur in den Kosten. Aufgrund der geringen Stückzahl seien Brennstoffzellen sehr teuer. Die millionenschweren Investitionskosten trägt Eon, Radisson hat die Brennstoffzelle auf Basis eines Zehn-Jahres-Vertrags gemietet.

Interessierte Gäste

Am Standort in Frankfurt am Main soll es weiter vorangehen mit Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Künftig soll die Abwärme mithilfe von Absorber-Kälteanlagen besser genutzt werden können. „Es soll ein zusätzliches System implementiert werden, um im Sommer die Abwärme zu 100 Prozent nutzen zu können. Dann würde die Brennstoffzelle im optimalen Bereich arbeiten. Derzeit erzeugen wir Kälte klassisch über Schraubenverdichter im 19. Stockwerk“, sagt Hickel. Generell möchte er, dass das Hotel Vorreiter in Sachen neuer Technologien bleibt. „Die Möglichkeiten, die wir haben, werden immer komplexer. Wir wollen weitergehen. Manchmal muss man wieder von vorn anfangen und neue Sichtweisen reinbringen. Es ist interessant, Neues auszuprobieren. Meistens klappen die Dinge auch und man ist erfolgreich. Wenn es nicht klappt, hat man wenigstens daraus gelernt. Einen Output gibt es immer“, sagt der Area Chief Engineer.
Mit dem Engagement wird im Radisson ein Beitrag zum globalen Responsible Business und dem Think-Planet-Programm der Hotelgruppe geleistet. So konnte der Energieverbrauch der Hotels seit 2011 um 25 Prozent reduziert werden. Bis 2022 soll dieser mit weiteren zukunftsweisenden Konzepten um weitere 10 Prozent gesenkt werden. Klimaneutral sind die Meetings in 1.400 Hotels der Gruppe.
Ein Jahr nachdem die Anlage installiert wurde, ging das Radisson Blu mit der neuen Technologie an die Öffentlichkeit. Die Reaktionen der Gäste sind durchweg positiv. „Wir haben wahnsinnig viele Anfragen, wie die Brennstoffzelle funktioniert und wieviel CO2 eingespart wird. Wir bemerken, dass wir zum Teil genau deshalb gebucht werden“, betont Michael Goetz, General Manager Radisson Blu Hotel, Frankfurt. Mareike Knewitz
Tipp: Weitere zukunftsweisende Energiekonzepte finden Sie in der Ausgabe 6-2019 von Hotel+Technik.