Design und Planung Die Themen 2023

Sieben Architekten und Innenarchitekten verraten, wo die Reise hingeht. © AdobeStock/Rawpixel.com

Architekten und Innenarchitekten haben stets den Finger am Puls der Zeit und kennen die neuesten Bau- und ­Design-Entwicklungen. Sieben Branchenexperten verraten, wohin die Reise geht.


"Die Energiekrise sensibilisiert weiter"

Corinna Kretschmar-Joehnk & Peter Joehnk, ­JOI-Design, Hamburg

"2023 wird von der Energiekrise geprägt sein und vielleicht dazu führen, dass die amerikanisch geprägten Kettenhotels auf Klimaanlagen verzichten. Bei den Raumkonzepten geht der Trend zu noch mehr Flexibilität und Mehrfachnutzung von Räumen. Speziell die Hotellobby wird mehr und mehr dazu dienen, gleichzeitig Lounge, Frühstücks- und Abendrestaurant, Bar, Konferenzbereich, Work- und Partyzone, Shop Area, Rezeptions-, Spielbereich und Buffet zu sein. Weiterhin steht die Reduzierung von Flächenangeboten im Vordergrund, was durchaus zum Lebensgefühl einer flexiblen Gesellschaft passt. Design und speziell Hoteldesign ist immer Spiegel derselben. Die Nachhaltigkeit in der Architektur führt dazu, dass eher über Umnutzungen statt Abriss und Neubau nachgedacht wird, und die Energiekrise wird weiter dafür sensibilisieren, sparsam mit Energie umzugehen, noch mehr zu dämmen, aber vielleicht weniger zu klimatisieren."

Drei Schlagworte für 2023: Nachhaltigkeit, ­Wohlfühlen, Menschlichkeit


"Flexibilität definiert die Layouts"

Architekt Matteo Thun, Matteo Thun & Partners, Mailand

"Die wichtigsten Themen 2023 sind Respekt vor der Umwelt und Gesundheit – nachhaltige Materialien, avantgardistische Energiestrategien sind ein Muss. Es geht auch darum, ein neues, anderes Luxusgefühl zu gestalten, und das klassische Hotelzimmer wird eher eine kleine Wohnung. Flexibilität definiert die Layouts, bietet die Möglichkeit eines Raum-Mix, um verschiedene Typen und Größen von Zimmern oder Apartments zu kombinieren. Ein großes Thema sind berührungslose Türen (‚Touch-Free‘). Die öffentlichen Bereiche werden zudem als Erweiterung der Zimmer und als Ort zum Arbeiten konzipiert. Sie bieten Besprechungs-Lounges, geschützte Bereiche, um Privatsphäre zu ermöglichen, Bistros mit gesunder Ernährung, Fitness- und Yogabereiche. Unser ­Arbeitsfokus wird darauf liegen, einen neuen Lebensstil vorzuschlagen und herausfinden, was das Wort ‚Flexibilität‘ heutzutage wirklich bedeutet."

Drei Schlagworte für 2023: Energieeffizienz, Natur/natürliche Materialien, Taktilität


"Langlebigkeit ist aktive Nachhaltigkeit"

Cord (links) und Rolf Glantz, Geschäfts­führer von Geplan Design, Stuttgart

"Es geht 2023 einmal mehr um ernsthafte Nachhaltigkeit. Wir müssen wieder Möbel produzieren, die einen Wert haben, ästhetisch und funktional sind. Wie so etwas aussieht, lässt sich zum Beispiel in Goethes Wohnhaus in Weimar entdecken. Die derzeitigen Krisen haben automatisch zur Abkehr von kurzlebigen Trends geführt, gerade auch in der Innenarchitektur. Es geht vielmehr darum, die menschlichen Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen: Ergonomie, Bequemlichkeit, guter Sitz- und Liegekomfort, gepaart mit guter Qualität – mehr braucht es nicht, um eine sinnvolle, lange Nutzungsdauer zu erreichen. Das ist nachhaltig und wirtschaftlich zugleich. Eine bedürfnis­orientierte Architektur, geprägt von den örtlichen Gegebenheiten, nicht unnötig mit ‚aufgesetztem‘ Storytelling verkünstelt, hat das Zeug zum Klassiker. Das hat Bestand und hält viel länger."

Drei Schlagworte für 2023: Nachhaltigkeit, Bedürfnisse, Funktionalität


"Authentizität gefragter denn je"

Armin Fischer, CEO und kreativer Kopf von Dreimeta, Augsburg

"Luxus definiert sich zunehmend neu – und das nicht erst seit diesem Jahr: ­Luxus ist Zeit, Luxus ist Digital Detox, Luxus ist Rückbesinnung auf das ­Wesentliche. So entstehen neue authentische und nachhaltige Konzepte wie das Cervo Mountain Resort in Zermatt. 2023 wird Authentizität gefragter denn je, auch erlebt der klassische Frühstücksraum quasi ein Revival. Schon länger ist er nicht mehr nur Hotelgästen zugänglich, sondern geht über seine ursprüngliche Funktion hinaus. Er steht nicht mehr da als Solitär, sondern wird zum eigenständigen Gastronomie-­Konzept, in dem Gäste wie auch Locals zusammen eine gute Zeit verbringen. Was hilft bei der Gestaltung? Zu viele Einflüsse und gut gemeinte Ratschläge von außen verwässern eine Idee. Hoteliers sollten dem roten Faden eines Konzepts vertrauen und dabei bleiben, außerdem helfen realistische Budgets. Wir wollen wagemutig und kompromisslos sein und bleiben – und das Unbekannte umarmen!"

Drei Schlagworte für 2023: Details, Details, Details


"Das Hotelrestaurant rückt in den Fokus"

Erich Bernard, Architekt & Designer bei BWM, Wien

"Stand 2022 noch das Verschmelzen von funktionalen Zonierungen in Public Spaces im Fokus, rücken 2023 Hotel­restaurants und F&B-Bereiche in den Vordergrund. Hier zeichnet sich ein Wandel vom ‚Hotel mit Restaurant‘ zum ‚Restaurant with Rooms‘ ab. Das rührt auch daher, dass ein Großteil des Gesamterlebnisses in Hotels über den F&B-Bereich abläuft. Bei Conference & Meeting Areas wiederum sind die Zeiten der reinen Bedarfsdeckung und des klassischen Mehrzweckraums ohne Atmosphäre und Charakter definitiv vorbei. Vielmehr gilt: Es muss warm, weich und richtig cosy sein. Die Menschen sehnen sich nach Farben und Textilen, nach Laid-back- und Low-Seating, nach reibungsloser Multifunktionalität, die sich aber zugleich hinter der Optik eines schönen, behaglichen Wohnzimmers verbirgt."

Drei Schlagworte für 2023: Conversion, Environmental Social ­Governance (ESG), Restaurant with Rooms

Brit Glocke


Die vollständigen Interviews finden Sie hier – einfach durchklicken:

Matteo Thun
Bei ihm geht's um das Zusammenspiel der Sinne: Architekt Matteo Thun, Matteo Thun & Partners, Mailand.

Matteo Thun: “Avantgardistische Energie-Strategien sind ein Muss“
Architekten und Innenarchitekten haben stets den Finger am Puls der Zeit und kennen die neuesten Bau- und ­Design-Entwicklungen. Wohin die Reise 2023 geht, sagt Matteo Thun von Matteo Thun & Partners, Milano, im Gespräch mit Tophotel.
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