Wie lässt sich das Risiko in Innenräumen reduzieren, sich mit Corona anzustecken? Und welchen Beitrag können Luftreiniger dabei leisten? Diesen Fragen ist das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP nachgegangen. Nun hat es seine Forschungsergebnisse vorgestellt.
Initiiert und gefördert haben die Untersuchung die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW), das Bayerische Wirtschaftsministerium und der Dehoga Bayern.
"Wir brauchen konstruktive und intelligente Lösungen, um Öffnungsperspektiven und Infektionsschutz unter einen Hut zu bringen", sagt Hubert Aiwanger, stellvertretender Ministerpräsident von Bayern. Technische Lösungen müssten optimiert und dann auch politisch akzeptiert werden. "Die Forschungsergebnisse des Fraunhofer IBP zeigen, dass Raumluftreiniger überall dort, wo normale Lüftung nicht ausreicht, eine zusätzliche Option sind, um die Viruslast zu reduzieren."
Worauf zu achten ist
Die Reinigung der Innenraumluft kann ein wesentlicher Baustein sein, um das Ansteckungsrisiko in der Sars-Cov-2-Pandemie zu reduzieren, so ein Ergebnis des Instituts. "Voraussetzung ist, Qualitätskriterien werden eingehalten", erläutert Professor Dr. Gunnar Grün, stellvertretender Leiter des Fraunhofer IBP und Professor für Bauphysik an der Universität Stuttgart.
Dazu gehören laut Untersuchung die zur Raumgröße passende Leistungsfähigkeit von Geräten, deren Reinigungseffizienz, Produktsicherheit, der Geräuschpegel des Gerätes, ein passender Aufstellort und die regelmäßige Wartung. "Dabei kommen je nach Raumgröße und Raumschnitt sowohl mobile Geräte als auch in Lüftungsanlagen verbaute Reinigungstechnologien in Frage. Es ist nicht in jedem Fall eine zusätzliche Maßnahme - wie beispielsweise Filter, UV-C-Bestrahlung oder Ionisation – erforderlich", führt Grün weiter aus.
Achtung bei Automatikfunktionen
Einige Geräte können den Luftvolumenstrom automatisch anhand von Messwerten wie Kohlendioxid- und/oder Partikelanzahl einstellen. Das Fraunhofer IBP weist in seiner Untersuchung darauf hin, dass eine solche Automatik ausgestellt sein muss, um den Anteil der Coronaviren in der Innenraumluft über den gesamten Zeitraum zu reduzieren. Denn das Gerät misst die Konzentration anderer Werte, die nicht im Zusammenhang mit der Konzentration der Viren im Raum stehen. Die Viren detektiert es nicht.
Ozon als Beiprodukt
Ebenso weist es darauf hin, dass bei Technologien, die Viren inaktivieren – etwa durch UV-C, Ionisation, Plasma oder Ozon-Direktinjektion – typischerweise chemische Beiprodukte entstehen. Dazu zählen Ozon oder flüchtige organische Stoffe. Daher muss der Hersteller bei solchen Technologien einen Nachweis erbringen, dass keine gesundheitsschädlichen Reaktionsprodukte entstehen, empfiehlt das Fraunhofer-Institut in seiner Untersuchung.
Wirksamkeitsnachweis sollte vorliegen
Im Gegensatz zu Filtern existiere zudem aktuell keine etablierte Normung für die Bestimmung der Effizienz solcher Geräte. In ersten Untersuchungen anhand von Corona-Surrogat-Viren habe jedoch die Wirksamkeit einzelner Geräte gezeigt werden können.
Der Hersteller müsse daher einen Wirksamkeitsnachweis und Effizienztest durchführen, erklären die Wissenschaftler in Ihrer Untersuchung. Dieser müsse an luftgetragenen Surrogat-Viren erfolgen und eine Aussage über die Replikationsfähigkeit der Viren nach der Luftbehandlung erlauben. Nachweisverfahren der Oberflachendesinfektion sowie hinsichtlich des Vorhandenseins von Virusmaterial seien hierfür nicht ausreichend.
Lüftung oder Lüftungstechnik unverzichtbar
Außerdem betonen die Forscher in ihrer Untersuchung, das man nicht auf die Zufuhr von Außenluft verzichten kann. Denn nur so gelangt ausreichend Sauerstoff in den Raum und gleichzeitig lassen sich Schadstoffe und Belastungen wie eine zu hohe Kohlendioxidkonzentration abführen.
"Unser Anspruch ist es, mit der Untersuchung für Orientierungshilfe im Markt zu sorgen", führt Grün aus. "Wir brauchen Standards und Transparenz, damit Anwender wissen, welche Technologien in der individuellen Situation effektiv sind. Ebenso sollen Anwender auch erkennen können, ob es überhaupt eine zusätzliche Luftreinigung braucht – oder ob mit konsequent richtigem Lüften die Virenlast im Innenraum bereits ausreichend reduziert werden kann."
Konfigurator geplant
So soll künftig ein webbasierter "Raumlufthygiene-Konfigurator" helfen, die passende Luftreinigungstechnologie für die jeweilige Raumsituation zu finden. Zudem solle damit ein Qualitätscheck erfolgen können, ergänzt Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Dehoga Bayern. Es müssten auch entsprechende wissenschaftliche Nachweise hinterlegt werden.
Intelligente Lösungsbausteine gefordert
"Für uns sind Systeme beziehungsweise Lösungen wichtig, die sich ohne großen baulichen Aufwand und möglichst kostengünstig umsetzen lassen. Je nach Raumsituation muss man schauen, was am besten funktioniert. Wichtig ist, dass wir endlich aktive Pandemiebekämpfung mit intelligenten Lösungsbausteinen zulassen", so Geppert.
"Wir können auf erwiesenermaßen erfolgreiche Schutzkonzepte für das Gastgewerbe zurückgreifen. Es ist daher neben den bereits funktionierenden Maßnahmen, wie AHA+L, nicht grundsätzlich immer spezielle Hygienetechnik erforderlich. Je nach Raumsituation reicht manchmal konsequentes Lüften."
Unterstützung mit Impfallianz
Ziel müsse es sein, dass künftig mit intelligenten Maßnahmen Betriebsöffnungen in vertretbaren Schritten wieder möglich werden, führt auch VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt an. Daher unterstütze der Verband auf vielen Wegen Unternehmen dabei, Schutz- und Hygienekonzepte umzusetzen. "So haben wir eine Plattform für Corona-Schutzprodukte aufgesetzt. Über die Impfallianz bereiten wir die Möglichkeit der Impfung in den Betrieben vor."
Zu den Forschungsergebnissen auf den Seiten des VBW geht es hier:
www.vbw-bayern.de/virenlastreduktion