Ein Blackout ist mehr als ein kurzer Stromausfall. Überregional, vielleicht sogar europaweit, könnte er Stunden bis Tage anhalten. Ist Ihr Betrieb auf einen solchen, zuletzt wahrscheinlicher gewordenen Notfall vorbereitet? Experten geben Tipps zur organisatorischen Vorgehensweise sowie zur Planung und Umsetzung einer Notstromversorgung, ergänzt um eine Übersicht zu Notstromaggregaten.
Aus Sicht von Herbert Saurugg, der unter anderem Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV) ist und einen umfangreichen Fachblog auf der Website www.saurugg.net betreibt, ist ein Blackout wahrscheinlicher geworden. Und mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Der Hintergrund: Das europäische Verbundsystem der Stromversorgung wurde auf Basis gut berechen- und steuerbarer Großkraftwerke konzipiert. Aufgrund der Energiewende werden diese aber nun mehr und mehr durch kleinere Erzeugungsanlagen wie Photovoltaik und Windräder ersetzt. Was einst überschaubar war, ist nun hochkomplex.
Und die Fragilität steigt weiter. Zum einen, da Millionen neuer Kleinanlagen vernetzt und eingebunden werden müssen, zum anderen, da permanent die Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch (in Europa ist die Frequenz von 50 Hertz der Indikator) gehalten werden muss. Doch der Wind bläst ebenso wenig konstant wie die Sonne gleichmäßig scheint. Die Netzsteuerung wird daher seit Jahren anspruchsvoller, und das wird zunächst so weitergehen: "Der Strombedarf wird in den kommenden Jahren durch die zunehmende Anzahl von E-Autos, Wärmepumpen, Klimageräten und die voranschreitende Digitalisierung deutlich ansteigen und die Infrastruktur massiv unter Druck setzen", so Saurugg.
Dazu gesellen sich eine Reihe weiterer Gefahren wie Extremwetterlagen, Erdbeben, Cyberangriffe oder kriegerische Handlungen. Seit Mitte März 2022 sind beispielsweise auch das ukrainische und moldawische Netz Teil des Verbundsystems. Zwar leisten die europäischen Übertragungsnetzbetreiber hervorragende Arbeit, bestätigt Experte Saurugg. Er weiß aber auch, dass man bereits einige Male alle Hände voll zu tun hatte, um einen Kollaps zu vermeiden.
"Der Strombedarf wird durch die zunehmende Anzahl von E-Autos, Wärmepumpen, Klimageräten und die Digitalisierung deutlich ansteigen und die Infrastruktur massiv unter Druck setzen."
Herbert Saurugg, Österreichische Gesellschaft für Krisenvorsorge
Was wäre, wenn?
Sinkt oder steigt die Frequenz im Netz zu rasch, können wichtige Betriebsmittel ausfallen oder Schaden nehmen und eine Kettenreaktion in Gang setzen. Auf einen weitreichenden Stromausfall würde in kurzer Zeit der Ausfall der Telekommunikation (Mobilfunk, Festnetz, Internet) folgen; Finanzsystem, Verkehr und Versorgungslogistik wären ebenfalls schnell lahmgelegt. Auch zu regionalen Wasserver- und Abwasserentsorgungsausfällen würde es kommen.
"Aus diesem Grund sollten sich Hoteliers damit beschäftigen, was konkret in ihrem Betrieb passieren würde", macht Frederic Stebner aufmerksam, Entwicklungsingenieur beim Unternehmen Ademax Deutschland, das auf Stromaggregate spezialisiert ist. Er zählt auf: "Aufzüge würden stecken bleiben, Gäste im Dunkeln sitzen beziehungsweise nicht mehr auf ihr Zimmer kommen, falls die Schließanlagen nicht mehr funktionieren. Kühlräume würden nicht auf Temperatur gehalten und die Lebensmittel verderben."
Technisch gilt es also Vorsorge zu treffen. Gut daran ist, wer über gasbetriebene Blockheizkraftwerke, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder eine Photovoltaikanlage über die Möglichkeit des Inselbetriebs, also die Netzfreischaltung, verfügt. So wie das Familotel Borchard’s Rookhus in Wesenberg. Es gibt dort zudem einen Batteriespeicher mit Notstromfunktion (E3DC Quattroporte), der laut Gastgeber Alexander Borchard immerhin sechs Stunden überbrücken kann, wenn nur die notwendigsten Geräte durchlaufen. Darüber hinaus wurde mittlerweile für das Borchard’s Rookhus ein Diesel-Notstromaggregat mit ausreichender Leistung für einen normalen Hotelbetrieb angeschafft. Die Laufzeit: "Solange der Diesel reicht", so Borchard.

Frederic Stebner von Ademax empfiehlt die Installation einer Notstromversorgung "wärmstens". Marcus Kleine-Wienker, Geschäftsführer von WA Notstromtechnik, betont: "Haben ist besser als brauchen." Wobei entsprechende Technik beispielsweise für Hotels, für die die Versammlungsstätten-Verordnung gilt, ohnehin vorgeschrieben ist. Das Spektrum an Möglichkeiten ist groß und stets abhängig von den Gegebenheiten vor Ort. Es reicht von kleinen mobilen Geräten bis hin zu fest installierten großen Einheiten, die sich in ihrer Bauweise (offen, mit Haube, gekapselt und so weiter), Leistungsklasse und in den technischen Details unterscheiden. "Nur ein wassergekühltes Industriestromaggregat ist für den Betrieb über mehrere Tage geeignet", gibt Stebner zu Bedenken.
Was die benötigte Leistung angeht, so ist vorab zu klären, ob eine Voll- oder lediglich eine Teilversorgung des Hotelbetriebs angestrebt wird. "Im Bestand ist es mitunter schwierig, eine exakt getrennte Teilversorgung zu realisieren, weshalb sich die meisten tatsächlich für die Vollversorgung und gegen einen Umbau entscheiden", so die Erfahrung von Marcus Kleine-Wienker. In diesem Fall biete der Blick auf die Stromrechnung und die monatliche Höchstleistung einen ersten Anhaltspunkt. Ansonsten gelte es die benötigte Leistung der wichtigsten Anlagen aufzusummieren.
Offline-Krisenhandbuch für den Ernstfall
Der erste Schritt der Vorsorge sollte eine unternehmensinterne Information und Diskussion sein. Welche Bereiche und Prozesse sind besonders wichtig? Wie ist man technisch aufgestellt? Wie steht es beispielsweise um die Rückstauklappen der Abwasserkanäle? Welches Personal steht im Anlassfall zur Verfügung (abhängig von familiärer Situation, Wohnort-Entfernung vom Arbeitsplatz etc.)? Wer wird zwingend benötigt und sollte welche Aufgabe übernehmen? Wer sind die Meldeboten, und wie werden die Gäste informiert? Wer befreit sie aus den Aufzügen?
Konkrete Meldelinien und Handlungsabläufe samt Prioritäten sollten festgelegt und in einem Offline-Krisenhandbuch dokumentiert werden, sodass im Ernstfall schnell ein vorher definierter Notbetrieb gestartet werden kann. "Dabei ist auf Einfachheit zu achten", rät Experte Herbert Saurugg. Schulungen und Trainings sollten auf mögliche Ausnahmesituationen vorbereiten, so auch darauf, wie mit aufgebrachten Menschen umzugehen ist. Das verhindert eine Überforderung und schafft Sicherheit aufseiten aller Beteiligten, weshalb das Engagement auch gegenüber den Gästen kommuniziert werden sollte. Denn das stärkt nicht zuletzt das Gefühl des "Gutaufgehobenseins".
Die Treibstoffe der Zukunft
Die nächste Frage ist die nach dem Treibstoff und dessen Lagerfähig- und -möglichkeit. Ein Stromerzeuger im Dieselbetrieb ist besser für einen längeren Einsatz geeignet als ein Benziner. Doch Achtung: Aufgrund der Zumischung von Biodiesel kommt es mitunter bereits nach sechs bis zwölf Monaten Lagerung zur sogenannten Dieselpest. Die beißend riechenden Mikroorganismen führen teils zu Schädigungen oder Totalausfällen der Geräte. Sicherer sind Bundeswehr- oder Premiumdiesel. Marcus Kleine-Wienker präferiert Heizöl, sofern die Geräte dafür freigegeben sind. Als Faustformel gelte: "Ein Liter Heizöl erzeugt vier Kilowattstunden elektrische Leistung."
Wohl dem, der also noch einen Öltank hat. Wobei der Wunsch nach klimaneutralen Lösungen steigt. Anbieter Rolls-Royce unternimmt konkrete Schritte in diese Richtung. mtu-Dieselmotoren, zum Beispiel für Notstromaggregate, sind bereits für die Verwendung mit nachhaltigen Kraftstoffen der Norm EN15940 freigegeben, wozu unter anderem HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) gehört. Mit dem nachhaltigen Kraftstoff aus Abfällen von pflanzlichen und tierischen Fetten und gebrauchten Pflanzenölen können nach Angaben der Rolls-Royce Power Systems AG bis zu 90 Prozent CO2-Emissionen eingespart werden. Der synthetische Kraftstoff sei zudem deutlich haltbarer als Biodiesel. Künftig könnte auch Wasserstoff an Bedeutung gewinnen. Unabhängig davon, auf welche Notstrom-Variante die Entscheidung fällt: Marus Kleine-Wienker rät, in jedem Fall auf Qualitätsprodukte zu setzen, von denen es vermeintlich auch in zehn oder 20 Jahren noch möglich ist, Ersatzteile zu beziehen.
"Im Bestand ist es schwierig, eine exakt getrennte Teilversorgung zu realisieren, weshalb sich die meisten für die Vollversorgung entscheiden."
Marcus Kleine-Wienker, WA Notstromtechnik
Notstromaggregate: Worauf zu achten ist
"Für eine Notstromabsicherung empfiehlt sich zudem grundsätzlich der automatische Start", ergänzt Bernd Ewerlin, Vertriebsleiter bei Permalux in Ahrensburg. Stebner ergänzt: "Der Elektriker kann die Notstromversorgung mit einem sogenannten Netztrennschalter oder einem ATS-Schrank realisieren. Der Netztrennschalter erfordert eine manuelle Umschaltung, der ATS-Schrank erledigt das automatisiert, was meist nur unwesentlich teurer ist und dafür die Umstellung innerhalb von wenigen Sekunden garantiert."
Vorsicht, wenn der Strom zurück ist
Der Blackout-Vorsorge-Experte Herbert Saurugg mahnt: "Das Wiederhochfahren von Infrastrukturen stellt eine besonders kritische Phase dar. Unternehmen sollten nach einem Blackout erst dann wieder ans Netz gehen, wenn klar kommuniziert wurde, dass das europäische Verbundsystem ausreichend stabil und sicher funktioniert und dass keine unmittelbaren weiteren Ausfälle mehr zu erwarten sind." Zuvor sollten nur solche Anlagen ans Netz gehen, die mit Spannungs- und Frequenzschwankungen sowie mit Laststößen umgehen können. Werde dieser Grundsatz nicht eingehalten, drohten schwerwiegende Folgeschäden.
Ein automatisches Wiederhochfahren bei der Wiederkehr der Stromversorgung sollte verhindert werden (zum Beispiel durch deaktivierte Sicherungen). Bei manchem Notstromaggregat ist daran gedacht: Beim Modell "WA-I 100 S" von WA Notstromtechnik beispielsweise überwacht die Automatik die Netzspannung. Erst wenn diese wieder stabil vorhanden ist, erfolgt die Rückschaltung auf Netzbetrieb.
Wo wird das Gerät aufgestellt? Lassen sich im Keller oder der Tiefgarage Räumlichkeiten abmauern? In vielen Fällen ist das die Optimalvariante, nicht jedoch, wenn sich das Gebäude beispielsweise in einem Hochwasserrisikogebiet befindet. Dann geht es besser wettergeschützt aufs (Flach-)Dach. Oder andernorts ins Freie, was mitunter auch aufgrund von Denkmalschutzauflagen erforderlich ist. Themen wie Brandschutz, Abgas- und Abluftabführung, behördliche Auflagen und Geräuschemissionen (Schalldämmung) sind zu berücksichtigen. Zu guter Letzt: Notstromaggregate müssen regelmäßig gewartet werden, und auch Probeläufe spätestens alle zwei Monate über mindestens 30 Minuten mit einer Last von 30 bis 50 Prozent werden empfohlen. Ein Selbstläufer sind also auch Notstromaggregate nicht, resümiert Blackout-Experte Herbert Saurugg: "Alles muss wohlüberlegt sein."
Stefanie Hütz
Die nachfolgende Übersicht stellt vier Notstromaggregate vor.