




Das Roomers in Baden-Baden hat seit seiner Eröffnung im Oktober 2016 frischen Wind in die Kurstadt gebracht. Aber wird das lockere Konzept des Lifestyle-Hotels auch seinen fünf Sternen gerecht?
Mo. 15/01, 19:50 und Di. 16/01, 08:47: Telefonische Reservierung
Montagabend, kurz vor acht: »Für eine Zimmerreservierung drücken Sie bitte die Eins, für alle anderen Anliegen die Zwei.« Doch egal welche Nummer ich drücke – ich lande in der Warteschleife. Der Song dort ist cool. Aber nach drei Minuten nicht mehr so sehr. Und nach dreimal drei Minuten ist er nur noch nervig. Ich gebe auf.
Die Reservierung sei nur von 9 bis 18 Uhr besetzt, bescheidet mich der Mitarbeiter am nächsten Morgen. Aber die Rezeption hätte eigentlich … Nun ja. Wir widmen uns meiner Reservierung. Der smart klingende junge Mann bietet mir als günstiges Zimmer den »Select Room« zur Standardrate an und nennt alternativ die darüber liegende Kategorie mit Badewanne und fünf Quadratmetern mehr (»Deluxe Room«).
239 Euro kostet das günstigste Zimmer, das mit Badewanne 269 Euro, ohne Frühstück, als Zimmerpreis für eine oder zwei Personen. »Sie können also gern noch jemanden mitbringen«, schlägt mein Gesprächspartner vor. Ich buche das »Select Zimmer«, was der Mitarbeiter so kommentiert: »Ja, dann fangen wir mal klein an und wenn es Ihnen bei uns gefällt, wovon ich stark ausgehe, dann buchen Sie nächstes Mal vielleicht das Deluxe Zimmer.« Die angekündigte Bestätigung trifft nie ein. Ob der junge Mann die E-Mail-Adresse falsch notiert hat? Er kann es nicht klären, denn nach einer Telefonnummer hat er nicht gefragt.
Hoteltest: befriedigend
Vorabbestellung: Limousinentransfer
»Selbstverständlich holen wir Sie vom Bahnhof ab«, erklärt eine Rezeptionistin mit viel Charme in der Stimme. Der Guest Relation Manager werde gern zurückrufen, um die Details zu klären. Das tut Philipp wenig später.
Der sympathisch klingende GRM, der sich nur mit Vornamen meldet, notiert meine Ankunftszeit und informiert mich über die Kosten des Transfers: 30 Euro pro Strecke. »Der Fahrer wartet draußen«, sagt er. Und lacht: »Die dicke, fette Roomers-Limousine erkennen Sie dann schon.«
Hoteltest: sehr gut
Internet-Auftritt
Die Roomers-Macher spielen gern – mit Worten, mit der Sprache, mit Bildern und ein bisschen auch mit ihren Gästen. Das zeigt sich schon beim Namen, der sich aus den englischen Wörtern »room« (Zimmer) und »rumours« (Gerüchte) zusammensetzt. Dunkel, geheimnisvoll, verführerisch – so präsentiert man sich bewusst und in vielerlei Hinsicht; im Frankfurter »Stammhaus« allerdings deutlich provokanter als in Baden-Baden.
Die Website des Roomers Baden-Baden konzentriert sich wirksam auf großformatige Fotos, prägnante Überschriften und zackige Claims, gern in Englisch. Text so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig, alle weiterführenden wichtigen Infos gibt es als Downloads. »Work hard, party louder«, heißt es beispielsweise bei den Tagungs- und Veranstaltungsräumen, ein aussagestarkes Meeting & Fact Sheet lässt sich herunterladen. Die Roomers Website transportiert, was ihre Macher transportieren wollen: Design, Lässigkeit, Lifestyle. Das romantische Wochenende heißt hier »Make Love« und beinhaltet ein »Time to tease«-Set. Was auch immer das ist.
Hoteltest: sehr gut
Lage
In der beschaulichen Kur-Idylle Baden-Badens, wo die Hotels so alte, klassische Namen tragen wie Badischer Hof, Europäischer Hof und Brenners Park-Hotel, wirkt das Roomers zwischen den pastellfarbenen Villen wie ein UFO auf dem Marktplatz eines Städtchens aus dem 19. Jahrhundert: Das kastenförmige Gebäude in L-Form ist schneeweiß mit schwarzen, schachbrettartig anmutenden Verschattungsgittern vor den Fenstern, vier Stockwerke hoch plus zweistöckige, schwarze Dachaufbauten.
Geographisch fast in der Mitte der langgezogenen Kurstadt gelegen, schräg gegenüber vom Festspielhaus, markiert das Roomers den Startpunkt der Kunst- und Kulturmeile, auf der sich auf einer Strecke von dreieinhalb Kilometern diverse Museen und Kultureinrichtungen aneinanderreihen. Das Zentrum mit Spielbank, Kurhauskolonnaden und Geschäften ist in zehn Minuten zu Fuß zu erreichen, zum schönen Park entlang der Lichtenthaler Allee mit dem Museum Frieder Burda und dem LA8 Kulturhaus läuft man ein Viertelstündchen. Der Bahnhof ist knapp fünf Kilometer, der Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden 15 Kilometer entfernt. Mit dem Auto ist man schnell auf der A5 und in einer Dreiviertelstunde in Straßburg.
Hoteltest: sehr gut
Mo. 22/01, 12:34: Anreise / Check-in
Die dicke, fette Limousine muss ich gar nicht suchen. Ein großer, dünner Mensch, der in seinem grauen Wollmantel mit zweireihigen Goldknöpfen und den schwarzen Converse-Turnschuhen, die er dazu trägt, ein eher ungewöhnliches Bild abgibt, wartet vor der Bahnhofstür und spricht mich an. Gut, dass ich selbst einen Schirm dabei habe, denn der Zweireiher läuft mir mit meinem Gepäck durch den Schnürlregen zügig voraus zu einem dunklen Audi S 8.
Dort öffnet er die hintere Beifahrertür und lässt mich einsteigen. Die Fahrt zum Hotel dauert kaum zehn Minuten. Vor dem mächtigen, zweiflügligen Holzportal lässt mich Antonio, der Fahrer, aussteigen, begleitet mich nach drinnen und kümmert sich dann ums Gepäck. Einen klassischen Rezeptionstresen sucht man in der Lobby vergebens. Von einem der vier runden Tische links erhebt sich eine junge Frau im grauen Hosenanzug und begrüßt mich strahlend mit meinem Namen. »Herzlich willkommen!
Hatten Sie eine gute Anreise? Nehmen Sie Platz, darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Ein Gläschen Rosé-Sekt vielleicht?« Es ist die Dame mit dem vielen Charme in der Stimme und sie ist auch in natura ungeheuer herzlich. Während ich am Sekt nippe, erfahre ich das Eine oder Andere zum Hotel und nebenbei erledigen wir den Check-in.
Dann bringt mich die junge Frau zum Aufzug, zeigt mir unterwegs die Tür zur Bar und den Weg zum Restaurant und verabschiedet mich mit den Worten: »Scheuen Sie sich nicht mich anzurufen, wenn Sie noch Fragen haben. Ich heiße Caroline. Schönen Aufenthalt!« Vor meiner Zimmertür holt mein portugiesischer Chauffeur mich ein, demonstriert, wie die Tür aufgeht, und trägt meinen Koffer ins Zimmer. Er erklärt, wo Licht, Temperatur und Verschattung sich regeln lassen, zeigt mir Safe und Minibar und verabschiedet sich schließlich freundlich.
Hoteltest: sehr gut
Zimmer 328
Die Tür könnte auch einen Hochsicherheitstrakt schließen, so schwer und massiv ist sie. Doch das Gute an dieser Tür ist: Kein Mucks dringt vom Flur ins Zimmer, nicht einmal ein Mückschen. Drinnen erwartet mich eine hochglanzlackierte weiße Schrankwand, deren eine Tür – Überraschung! – ins Bad führt. Weißer Hochglanzlack auch im Zimmer gegenüber dem Bett, wo ein minimalistisch designtes Möbel die Nespresso-Station und den Fernseher versteckt.
Apropos minimalistisch: Das Wort fällt oft, wenn die Handschrift des Roomers Innenarchitekten und italienischen Star-Designers Piero Lissoni beschrieben wird. Minimalistisch, eklektisch, »ein fantasievolles Zusammenspiel von Dimension und Licht, verblüffenden Materialien und überraschenden Details.« Das trifft den Stil des Roomers gut und den Stil des Zimmers ebenso. Weiß, Grau, Braun, ein paar messing- und zitronengelbe Farbsprengsel in den Sofakissen und den gläsernen Nachtkästen, der bereits erwähnte Hochglanzlack in Weiß und Schwarz, ein Eichenholzboden und dicke Wolle bei Sofa, Teppich und Vorhängen.
Das bodentiefe Fenster zur Dusche wie auch das Zimmer zum Flur hin lassen sich durch hohe Rauchglaselemente verschließen, die, wenn sie nicht genutzt werden, an der Wand lehnen. Das Bett unterscheidet sich vom gängigen Hotelbettentrend dadurch, dass es zum einen kein Boxspringbett ist und zum anderen nicht über ein hochgezogenes Betthaupt verfügt. Die Kopfseite liegt – etwa 20 Zentimeter von der Wand abgerückt – auf einem Holzpodest auf, in das beidseitig Nachtkästen aus farbigem Glas eingelassen sind.
Die riesige Bettdecke ist festgezurrt in die Bettumrandung, die wollene Dekoration von Maison Margiela hat Armlöcher, sodass man sie auch als Stola benutzen kann. Neben den beleuchteten Schrankelementen im Flur bietet eine schwarze Lack-Kommode Stauraum – für Minibar und Gästekleidung. »If you don’t love our minibar, we‘ll eat our hats« (»Wenn Sie unsere Minibar nicht lieben, fressen wir einen Besen« – sinngemäß). Das Schildchen macht neugierig und fordert zu einer genaueren Inspektion heraus.
Tatsächlich: Mit dem Minibarinhalt lässt sich eine veritable Party feiern. Single Malt Whiskey, Gin und zwei Sorten Wodka werden in Flaschen zu 0,2 l oder 0,375 l bereitgehalten, auch Wein und Champagner gibt es in halben Flaschen, dazu zahlreiche Spirituosen im Miniformat. Zum Mixen oder Purtrinken dient Alkoholfreies wie Fever Tree Tonic, Black Forest Ginger Lemonade oder Big Tom Tomatensaft.
Wer knabbern oder schnuckeln will, kann sich an Ibiza Chips mit Flor de Sal oder White Truffle Geschmack gütlich tun, an Beef Chips, Oreo-Keksen und Gummibärchen. 15 Streifen Kaugummi kosten 3 Euro, ein Tannenzäpfle Pils 5 Euro. Wer die Minibar zu sehr liebt, der kann sich tags drauf das Zimmerfrühstück »Hangover« bestellen. Das Roomservice-Menu findet sich wie alle anderen wichtigen Informationen zum Haus in einem Suite Pad – gedruckt gibt es nur noch das Spa Menü, den Playboy, GQ und die Vogue.
Trotz des reduzierten Stils ist die Atmosphäre des Zimmers wohnlich, woran die stufenlos dimmbare Beleuchtung einen erheblichen Anteil hat. Und die Bilder. Der Schwarzwald in der Kunst – von Schwarzwälder Künstlern gestaltet – ist Thema im ganzen Hotel. In meinem Zimmer hängen ein paar schwarzgerahmte, gänzlich kitschfreie Naturfotos, auf dem Barmöbel stehen Fotos exotischer Mädchen in Schwarzwälder Tracht und mit Bollenhut. Komfortabel ist das Zimmer nicht zuletzt wegen seines bequemen Sofas, das vor dem Fenster steht. Wenngleich das Fernsehen von ebenda nicht so ganz gelingt.
Der Bildschirm lässt sich zwar ein wenig aus seinem Schrankgehäuse herausziehen und zur Seite drehen – wirklich gute Sicht hat man jedoch nur vom Bett aus. Dafür kann man über Bluetooth seine Musik anschließen. Dass Design nicht immer praktisch ist, merkt man daran, dass im Zimmer auf eine Garderobe verzichtet wird – auch der regennasse Mantel muss in den Schrank gehängt werden. Dort finden sich ausreichend gute Bügel, ein Schirm, der Safe, der Haartrockner, Badeschlappen und ein Tablett mit Wäschebeutel, Wäschezettel, Kleiderbürste, Schuhlöffel und Schuhputzschwämmchen.
Außen vor der bodentiefen Fensterfront steht ein metallenes Panel, das sich auf Knopfdruck vor das gesamte Fenster ausfahren lässt. Es dient wohl zum Sichtschutz und zur Beschattung. Für Verdunkelung sorgt ein beschichteter Vorhang. – Die gründliche Überprüfung meines Zimmers fördert nur ein paar Kratzer an der Wand zutage und den Rest eines Reinigungsetiketts im Abfalleimer. Ach ja: Die Fenster müssten mal wieder geputzt werden. Ansonsten aber ist das Zimmer einwandfrei sauber.
Hoteltest: sehr gut
Bad
Das Bad ist dreigeteilt und komplett mit hellem Stein verkleidet. Links und rechts befinden sich die Toilette mit Tür und die begehbare Dusche mit Glaswand zum Zimmer, geradeaus ein Waschtisch mit großem, rechteckigem Waschbecken. Dessen Ablagefläche wird gänzlich in Beschlag genommen von einem Tablett mit zwei großen Spendern, zwei Zahnputzgläsern, einer Utensiliendose und zwei gerollten Waschlappen. Das sieht schick, grafisch und aufgeräumt aus.
Nur: Wo stelle ich meine Kosmetikartikel hin? Gut, dass es den hölzernen Fußschemel unterm Waschtisch gibt, auch wenn dieser schon partiell von der Kleenexbox besetzt ist. In der Dusche sorgt ein Deckenauslass für Regenschauer und die Handbrause heißt Handbrause, weil man sie immer in der Hand halten muss. Jedenfalls gibt es hier keine Duschstange, an die man sie hängen könnte. Zwei grau-braune Bademäntel in XL und XXL hängen kunstvoll umeinander geschlungen am Haken.
Handtuchwärmer gibt es keinen. Doch die Bestückung mit Guest Supplies ist großzügig: In schwarzen 500-ml-Behältern werden Seife, Duschgel, Shampoo, Conditioner und »Body Nektar« bereitgehalten. Wen es interessiert, der kann zu dem neckischen Namen »Dreckig bleiben« im Suite Pad eine ganze Philosophie nachlesen (»Dreckig bleiben – eine fein abgestimmte Absage an die Oberflächlichkeit.«) Roomers halt. Meistens Augenzwinkern, aber manchmal muss man die Augen auch verdrehen dürfen. Und für mich riecht die orange-braune Flüssigkeit von »Dreckig bleiben«, als ob man sie auch zum Einreiben bei Gelenkbeschwerden benutzen könnte.
Hoteltest: sehr gut
14:07 Uhr: Housekeeping – Wäscheservice
Es lebe die analoge Welt. Nachdem meine auf dem Suite-Pad eingegebenen Wäschewünsche eine Weile ohne Reaktion geblieben sind, rufe ich ganz oldschool beim Housekeeping an. Wie so oft im Roomers habe ich ein charmantes Bürschlein am Apparat, das mich sofort mit meinem Namen anspricht und drei Minuten später vor meiner Zimmertür steht.
Lässig in schwarze Jeans und ein schwarzes Polohemd gekleidet (mit dem berühmten Krokodil drauf, das gehört hier tatsächlich zur »Uniform« wie die Turnschuhe), strahlt mich ein Anfang-Zwanziger an und nimmt den Beutel mit meiner Wäsche entgegen. Nachdem wir die Details (ein Kleidungsstück in die Wäsche, eines in die Reinigung, Rückgabe bis zum Abend des Folgetages) geklärt haben, fragt mich mein Gegenüber – Namensschilder sind ja leider verpönt –, ob mit dem Zimmer alles in Ordnung sei, ob ich vielleicht ein härteres Kissen wünsche oder eine kleinere Decke?
Das mit dem Kissen ist eine gute Idee und einen Augenblick später halte ich es in Händen. »Kann ich Ihnen sonst noch etwas Gutes tun?« Ich bin ganz gerührt über so viel Betüdeltwerden, das auch noch ganz natürlich rüberkommt. – Die Kleidungsstücke werden am nächsten Abend um 19 Uhr gebracht und selbst der uralte Fleck auf dem zu reinigenden Kleidungsstück ist verschwunden.
Hoteltest: sehr gut
Spa
Das Spa im fünften Stock des Hotels kann auch von externen Gästen genutzt werden und ist entsprechend großzügig. Schick und schön ist es zudem. Auf den Ergometern im Fitnessraum kann man den Blick entweder ins Grüne richten oder den Menschen in den Büros gegenüber beim Arbeiten zuschauen. Richtig Spaß macht es, mit den ledernen Boxhandschuhen den Sandsack zu verhauen. Gymnastikbälle, Kurzhanteln, ein TRX-Seil, Muskeltrainingsgeräte und sieben Ergometer – alles vom Feinsten, hier kann man sich austoben. Zum Entspannen der gepeinigten Muskeln stehen zwei Dampfbäder, ein Whirlpool und eine Finnische Sauna zur Verfügung.
Der schöne Blick aus der Sauna nach draußen wird leider durch ein dichtes Außenrollo verwehrt – um vice versa keine Blicke nach drinnen zuzulassen. Schade. Schließlich gibt es Saunaglas, das nur nach einer Seite blickdurchlässig ist. In der Spa-Etikette steht zu lesen, dass Handys und elektronische Geräte im Spa verboten sind, doch hält sich niemand daran. Warum wirbt das Hotel auch ausdrücklich damit, dass es hier WLAN gibt? Der blau beleuchtete Whirlpool »rülpst« leider ständig vor sich hin, was wohl an der Art der Überlaufrinne liegt. Wer nach dem Saunieren in den beheizten Außenpool hüpfen möchte, muss durch das Nottreppenhaus eine Etage höher aufs Dach steigen.
Das ist keine gelungene Lösung, ganz davon abgesehen, dass bei meinem Besuch der Pool wegen Regens abgedeckt ist und ich unverrichteter Dinge wieder nach unten steige. Im Spa gibt es große Laken für die Liegen und große Saunatücher, Tee und aromatisiertes Wasser, Obst, Nüsse und Trockenfrüchte. Und es gibt eine Flasche Wodka, die im Crashed Ice kühl gehalten wird. Ansonsten: viel dunkelgrauer Stein, gedämpftes Licht, bequeme Liegen und ein mit duftigen Vorhängen vor fremden Blicken zu schützendes Separee aus Glas mit zwei Ruhebetten in französischer Größe. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – zumal das Spa bis 1 Uhr nachts zu nutzen ist. Und auch genutzt wird, wie ich bei einem späten Kurzbesuch erleben darf. Da ist die Wodka-Flasche leer und die Stimmung im Separee … sagen wir: lebhaft.
Hoteltest: sehr gut
15:00: Spa-Treatment
Laut der Spa-Rezeptionistin, mit der ich vorab telefoniere, ist mein Masseur »der Mann, der alles kann«. Und dass ich echt Glück habe, sagt sie, denn der gute Mann ist normalerweise montags nie da. Doch an diesem Tag ist der Rest der Spa-Crew beim Erste-Hilfe-Kurs und mein Masseur hält im Hotel die Stellung. Antonio Nummer zwei, nicht zu verwechseln mit dem Portier, ist halb Badener, halb Italiener und mit Leib und Seele Therapeut.
Für das Ausfüllen des Anamnesebogens ist das schummrige Licht des Behandlungsraums zwar nicht so gut geeignet, für eine entspannende Massage aber umso mehr. »Was machen wir denn jetzt eigentlich?« frage ich ihn, als ich bequem gebettet bin. »Alles, was Ihnen guttut«, sagt er. Meine Skepsis löst sich parallel zur Verspannung meiner Muskeln und dankbar überlasse ich mich den Händen dieses begnadeten Masseurs.
Hoteltest: sehr gut
Message-Transfer
Während ich im Museum weile, nimmt Caroline an der Rezeption einen wichtigen Anruf für mich entgegen. Obwohl der Anrufer drängelt, gibt die tüchtige Rezeptionistin ihm meine Zimmernummer nicht durch, verspricht aber, seine dringende Bitte um Rückruf auszurichten. Das tut sie auch, als ich später wieder ins Hotel komme. Nur wann der Anrufer angerufen hat, daran kann sie sich nicht mehr genau erinnern.
Hoteltest: gut
19:25 Uhr: Roomservice
Auch wenn die Roomservice-Karte im Suitepad nur schwer zu lesen ist – über mangelnde Auswahl kann man sich wahrlich nicht beschweren. Im Menü »International Style« geht es quer durch Europa – mit Badischen Maultaschen für 15 Euro, Belgischen Pommes mit Trüffelmayonnaise für 9 Euro, sechs Austern Fines de Claires für 30 Euro oder einem Clubsandwich, auch als Vollkornvariante, zu 21 Euro.
Im Menü »Moriki Style« geht es die asiatische Küche einmal rauf und runter: von Misosuppe über Sushi, Sashimi und Seealgensalat bis hin zu Ebi Udon (gebratene schwarze Tigergarnelen) zu 25 Euro und Miso Cod (glasierter schwarzer Alaska Kabeljau) zu 32 Euro. Telefonisch bestelle ich ein Entrecôte medium rare und einen gemischten Salat dazu, außerdem eine Crème BrÛlée mit Kokoseis.
Mein telefonisches Gegenüber agiert locker, fragt aber weder nach einem Getränkewunsch noch gibt er an, wie lange es mit der Bestellung dauern wird. Gezapftes Bier gibt es nicht im Roomers, nicht einmal an der Bar: »Wir haben gar keine Zapfanlage hier«. Dann kann ich das Bier auch aus der Minibar nehmen. Nach 20 Minuten klopft es.
Ein schwarzgekleideter Mann mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und bunt bemalten Armen trägt ein Tablett ins Zimmer, dessen Inhalt er auf den kleinen runden Tisch vor dem Sofa aufbaut. Gut, dass ich nicht mehr bestellt habe. Wie soll das bloß gehen, wenn zwei Leute im Zimmer essen möchten? Und warum müssen die Asiaten auch ein Steak kleinschneiden? Das in Streifen geschnittene Entrecôte mit den geschmelzten Tomaten erweckt in mir die Assoziation eines auf dem Teller angerichteten Blutbades.
Geschmacklich ist das Entrecote in Ordnung, aber optisch wahrlich kein Hingucker. Beim Salat ist es umgekehrt – der sieht zwar hübsch aus, ist aber buchstäblich stinksauer. Das Kokoseis zur Crème Brulée hat der bemalte Servicemann in ein Extraschälchen getan, »damit es nicht schmilzt«. Einen Service in zwei Etappen war ihm das aber anscheinend nicht wert.
Das Mahl fällt sehr frugal aus, denn außer den Tomaten und einer grünen Salsa gibt es keine Beilagen. Und Brot und Butter gehören offenbar ebenso wenig zum Roomservice-Standard wie Pfeffer und Salz, ein Blümchen oder ein Abräumhinweis. Den finde ich digital im Suitepad, fülle ihn aus und etwa eine Stunde später wird das Geschirr wieder abgeholt. »Hat es Ihnen geschmeckt?« Nein, nicht wirklich.
Hoteltest: mangelhaft
22:10 »Roof Top Bar«
Für ein Hotel wie das Roomers, in dessen Selbstverständnis das Thema »Verführung« eine wichtige Rolle spielt, ist eine gute Bar von essenzieller Bedeutung. Das Roomers Baden-Baden hat gleich zwei davon. Die »Roof Top Bar« im sechsten Stock des Hauses bespielt sommers auch die Dachterrasse und dient als Ganztages-, Pool- und Snackbar von 7 bis 1 Uhr. Die eigentliche »Roomers Bar« liegt im Erdgeschoss, ist der preisgekrönten Frankfurter »Mutter« nachempfunden und als Raucherbar konzipiert.
Hier sind auch Nachtschwärmer willkommen – die Bar ist bis 4 Uhr morgens geöffnet. Ich starte am Abend um kurz nach zehn mit der »Roof Top Bar«. Dort fläzen sich vier Jugendliche auf den gemütlichen Polstern um ihre Colas, haben keinen Blick für das nächtliche Panorama, das sich vor den Fensterfronten erstreckt, sondern hacken wild auf ihre Smartphones ein.
Zwei Männer nippen am Rotwein und unterhalten sich übers Geschäft. Ansonsten ist nichts los. Ich nehme Platz und studiere die Karte, die erstaunlich überschaubar ist. An Mixgetränken werden nur eine Reihe »Winterdrinks« angeboten, die mir in den Ingredienzien zu schwer und mächtig sind. »Worauf hast du denn Lust?«, fragt mich mit herausforderndem Lächeln eine junge Frau in Jeans und Turnschuhen. Wie bitte? Kennen wir uns? Verdattert ob des »Du« nuschele ich etwas von frisch und herb und Gin und das Jeansmädchen schlägt mir den Gin Basil Smash vor, der tatsächlich zu meinen Lieblingsgetränken gehört.
Obwohl der Drink nicht auf der Karte steht, sind alle Zutaten vorhanden und der Cocktail wird perfekt gemixt. Der Barmann in weißem Hemd mit Vollbart verzieht beim Schütteln schmerzgeplagt das Gesicht – ob es ein Barkeeper-Schultersyndrom gibt? Vielleicht sind es ja die Schmerzen, die den jungen Mann etwas unlustig erscheinen lassen. Jedenfalls scheint es weder ihm noch meiner neuen Duzfreundin aufzufallen, dass mein Glas leer ist. Drei Neuankömmlinge werden freundlich bedient, doch dann unterhalten sich die beiden hinter der Bar wieder angeregt miteinander.
Während ich darauf warte, ob sich daran noch etwas ändert, studiere ich die wilden Fotos aus dem Berliner Schwesterhotel Provocateur, die wie in einer Diashow wechselnd und großformatig an die aus Projektionsflächen bestehende Rückwand der Bar geworfen werden. Schrille Typen! Und offenbar ein schrilles Hotel. An meiner Situation ändert sich jedoch nichts und so begebe ich mich an den Tresen und bitte um die Rechnung.
Hoteltest: befriedigend
23:15 »Roomers Bar«
Ab nach unten und in die »richtige« Bar. Die schmale hohe Metalltür, an der man auch glatt vorbeilaufen könnte, ist geschlossen und macht so einen fast abweisenden Eindruck. Doch offenbar kokettiert man nur mit dem »Only for Special Guests«-Gehabe vieler Top-Bars, die von außen als solche überhaupt nicht zu erkennen sind und bei denen man klingeln muss, um eingelassen zu werden. Klingeln muss ich hier nicht, die Tür lässt sich aufdrücken.
Der hohe, rechteckige Raum wird dominiert von einer langen, rechteckigen Bar, über der ein starkes Abluftsystem dafür sorgt, dass die Luft in der Raucherbar erträglich bleibt. Dunkle Farben, gedämpftes Licht, ein raumhohes Wandregal voll grüner Flaschen, diskrete Sitznischen aus beigem Leder. Im Sommer gibt es wohl auch eine Terrasse.
Ich setze mich an die Bar und studiere die Karte. Paul – schwarzes Sakko, schwarze Brille, schwarze Ohrringe – erklärt mir bereitwillig das System, wonach die Cocktails nach den vier Elementen gegliedert sind. »Brauchst du dir aber nicht merken – wir machen eh eine neue Karte.« Huch. Da ist es wieder. »Duzt ihr eigentlich alle eure Gäste?« frage ich Paul, dessen Namen ich wieder einmal nur deshalb weiß, weil ich ihn danach frage. »Nö« sagt er, »nur wenn wir das Gefühl haben, dass es passt.«
Das darf ich dann wohl als Kompliment auffassen. Wann immer der Barkeeper kurz Zeit hat, unterhalten wir uns, zum Beispiel darüber, warum es kein gezapftes Bier gibt. »Wir brauchen den Platz in der Kühlung für edle Spirituosen.« – Ha ha. Ich trinke einen hervorragend gemixten Gin Gin Mule (16 Euro) und kriege, weil ich so nett bin, ein Gläschen von Pauls mit Whiskey, Honig und Trüffelöl selbst gerösteten Mandeln.
Am Ende habe ich drei Bar-Tipps für Berlin in der Tasche und werde sehr cool verabschiedet. So geht Bar heute. – »Alles gut bei dir?« werde ich am nächsten Abend begrüßt. Zum zweiten Mal da und schon bin ich Stammgast. Kein Wunder, dass die Bar brummt.
Hoteltest: sehr gut
Schuhputzservice
Drei Augenpaare sehen mich entgeistert an. Schuhputzservice? Nachts? Davon haben die Mitarbeiter an der Rezeption – Rezeptionsspätdienst, Nachtportier und Hausdiener – ganz offenkundig noch nie gehört. Fast schäme ich mich für mein Ansinnen, als sei es irgendwie unsittlich. Ich solle mich doch bitte am Morgen noch einmal melden, sagt die Rezeptionistin schließlich, dann werde man meine Schuhe abholen und säubern lassen. Ich schaue im Suite-Pad nach: Tatsächlich listet es das Schuheputzen unter Concierge Services. Aber der nette Philipp wird doch nicht selbst … Nein, ich erwähne am nächsten Vormittag im Gespräch mit ihm die schmutzigen Stiefel und er verspricht Erledigung. Zwar gibt es keine dunkelblaue Schuhcreme im Hotel, aber auch mit farbloser werden die Stiefel schließlich ordentlich geputzt.
Hoteltest: gut
Mi, 23/01, 07:00: Weckruf
»Hello, this is your wake-up call. Have a nice day!« sagt die Computerstimme am Telefon. Und wiederholt das Gleiche in vier weiteren Sprachen. Wo als Credo im Roomers doch »Persönlich – locker – serviceorientiert« angesagt scheint, ist ein so unpersönlicher Weckruf ein bisschen dürftig.
Hoteltest: befriedigend
09:30 Frühstücksbuffet
»Geht’s euch gut?« fragt die Serviceleiterin munter in die Tischrunde. »Dann geht’s mir auch gut.« Der Umgangston beim Frühstück ist genauso leger wie die Kleidung der Mitarbeiter. Schwarze Jeans und schwarzes T-Shirt beim Azubi, graue Jeans und graue Stehkragenbluse bei der Frühstückschefin.
»Das ist unsere Uniform«, erklärt diese lachend, als ich sie nach einer Kleiderordnung frage. Nur welche Art Sneakers man dazu trägt, ist offenbar egal. Der fünf Meter hohe, L-förmige Raum mit seiner ebenso hohen Glasfront nach draußen wirkt auch an einem grauen Tag licht und freundlich.
Dazu trägt sicherlich das meterhohe Wandtattoo bei, das ein schwarz skizziertes Schwarzwaldmädel mit einem bunten Disney-Bambi im Arm zeigt. Ein niedlicher Antipol zur hohen, schwarzlackierten Rückwand hinter dem ebenfalls schwarzlackierten Buffet, auf dem ein Teil des Frühstücks aufgebaut ist. In der offenen Showküche dahinter hantieren am Abend die Köche des Restaurants »Moriki«, jetzt am Morgen werden dort Extras aus der Frühstückskarte zubereitet. »Today is the perfect day to be wild« ist diese betitelt und listet die Dinge, mit denen man sein Frühstück aufmotzen soll – »Pimp up your breakfast«.
Diverse Eierspeisen sind das, Smoothies, Waffeln und Pfannkuchen und drei Sorten Sandwiches, die, warum auch immer, mit dem Begriff »Porn« überschrieben sind. Man kann es mit der Zweideutigkeit auch übertreiben. Ansonsten handelt es sich hier eindeutig um ein sehr gutes Frühstück mit allem, was das Herz begehrt, und einem Extra-Schwerpunkt auf »Superfood«: frisch gepresste Säfte, Kombucha und frisch gepresster Ingwer, Salate mit Qinoa, Rote-Bete-Apfel-Walnuss oder Kichererbsen mit Karotten.
20 verschiedene Nüsse, Kerne, Beeren, Samen und Saaten, die gerade voll im Trend liegen, sind im Angebot, darunter Aronia-Beeren, Macadamia-Nüsse und Acai-Pulver. Erstaunlich, dass da ausgerechnet das aufgeschnittene Frischobst in der Auswahl eher stiefmütterlich daherkommt. Lachs, Räucherfisch und Thunfischsalat gibt es auch, ebenso wie Roastbeef und eine ordentliche Weichkäseauswahl; Antipasti werden ebenso angeboten wie Milchreis mit Apfelmus, Honig aus der Wabe und hausgemachte Marmeladen.
Süßmäulchen finden zwei frischgebackene Kuchen, Mini-Muffins und diverse Teilchen. Und das Roomers wäre nicht das Roomers, wenn neben dem Crémant im Kühler nicht auch die Flasche Wodka stünde – wie ich mir habe sagen lassen, das Lieblingsgetränk der Eigentümer. Ich würde mich eigentlich beim Frühstück sehr wohlfühlen, müsste ich nicht unfreiwillig die Privatgespräche der Mitarbeiter anhören, die diese ausgiebig und nicht eben leise führen. Bei aller Lässigkeit – das finde ich störend.
Hoteltest: sehr gut
Housekeeping – Remake
Zimmer und Bad präsentieren sich nach der Reinigung sehr unterschiedlich. Das Zimmer ist ordentlich wiederhergerichtet, die Riesenbettdecke fest in den grauen Bettrahmen gestopft. Meine Kleidung wurde zusammengelegt, die Schuhe paarweise geordnet, alle Markierungen auf den Möbeln beseitigt. Nur zwei Fäden auf dem Teppich hat das Housekeeping übersehen.
Eine frische Flasche Wasser steht neben dem Bett, die Minibar ist aufgefüllt, das Glas gespült und poliert. Das Geld auf dem Nachttisch blieb unberührt. Im Bad hingegen wurde weder die Toilettenbrille geputzt noch der Fußboden. Um den Rand des Waschbeckens sauberzumachen, hätte man meine Utensilien wegräumen müssen, das ist nicht passiert. Also prangt dort noch ein fetter Zahnpasta-Fleck. Die Handtücher wurden alle ausgetauscht – auch das, was eigentlich weiter benutzt werden sollte.
Hoteltest: befriedigend
Öffentliche Bereiche
Es macht Spaß, im Roomers umherzuschlendern. Da ist die Lobby mit ihren vielen unterschiedlichen Sitzgruppen, dem Billardtisch, der Kunst, die vom Ölgemälde über meterhohe Fotos bis zur Metallskulptur reicht, da sind die Bildbände des Taschen-Verlags im riesigen Raumteiler-Regal, deren Bandbreite von Kunst über Architektur und Design bis zu den berühmtesten Pin-up-Girls und »The Big Penis Book« reicht.
Da sind die Flure auf den Etagen, wo in Schaukästen witzige Pop Art zu sehen ist – immer mit regionalem Bezug, wie beispielsweise ein grüner Hulk, der eine Konservendose mit Schwarzwälder Kirschkuchen auf den Schultern trägt. Und da sind die öffentlichen Toiletten mit einem großen Steinbecken in der Mitte und von der Decke kommenden Kupferrohren als Wasserleitung. Alles präsentiert sich sehr gut gepflegt und über allem liegt immer ein passender Klangteppich: Das spitzenmäßige Sound System spielt zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche Musik ein – von Hip Hop bis Swing. Das macht richtig Laune.
Hoteltest: sehr gut
Sicherheit
Würde jede der Kameras im Roomers zu einem Monitor führen, müsste die Überwachungszentrale wie in einem James-Bond-Film aussehen. Allein vom Aufzug bis zu meinem Zimmer zähle ich fünf Stück. Das Zimmermädchen spricht kaum Deutsch, vergewissert sich jedoch meines Namens, ehe sie mir mein Zimmer öffnet.
Auch an der Rezeption handelt Caroline korrekt, als sie dem Anrufer meine Zimmernummer nicht nennt. Doch eine – wirklich wichtige – Sicherheitsvorkehrung versagt. Mein Drücken des Sauna-Notrufes um 7.30 Uhr am Morgen bleibt ohne Folgen. Ich zähle langsam bis 500, bevor ich das Spa verlasse. Wäre ich in der Sauna kollabiert, könnte ich jetzt tot sein.
Hoteltest: mangelhaft
Front Office / Concierge
Ein klassisches Concierge Desk gibt es im Roomers nicht. An einem der runden Tische in der Lobby treffe ich auf Guest Relation Manager Philipp, der nett und eifrig ist und sehr bemüht, mir zu helfen. Von der aktuellen Ausstellung im Museum Frieder Burda zeigt er mir sogar Fotos auf seinem Handy. Vielleicht sollte er seine Vorschläge für einen Tag in Baden-Baden noch etwas mehr der Jahreszeit anpassen.
Die Parkanlagen sind im Winter jetzt nicht unbedingt das Highlight. Und wenn er eine Führung durchs Casino empfiehlt, sollte der GRM auch die Führungszeiten kennen. Dann hätte ich es nämlich dorthin schaffen können. Aber Philipp kümmert sich vorbildlich um meine schmutzigen Stiefel und Rezeptionistin Caroline um alles andere.
Die gebürtige Österreicherin ist eine Gastgeberin par excellence. Als ich nach den Tagungsräumen frage, bedauert sie, mir diese gerade nicht zeigen zu können – sie sind alle belegt –, doch sie überreicht mir ein Visitenkärtchen der Bankettmanagerin, damit ich mich an diese wenden kann.
Hoteltest: sehr gut
Housekeeping – Turndownservice
Ein Turndownservice wird im Roomers nur auf ausdrücklichen Wunsch durchgeführt. Da ich dieses Angebot erst spät im Suitepad entdecke, wird es nicht geprüft. Und nicht gewertet.
19:45 Restaurant »Moriki«
Als ich am Abend am Eingang des »Moriki« stehe, kommt fröhlich winkend ein Mitarbeiter auf mich zu – und biegt kurz vor mir rechts ab in die Küche. Das Winken hat wohl jemandem hinter mir gegolten. »Wie geht es Ihnen?« – Strahlend und mit Handschlag begrüßt mich stattdessen der bemühte Mitarbeiter vom Roomservice und fragt mich, wo ich sitzen möchte.
Der Tisch am Fenster ist bis auf ein Teelicht nicht eingedeckt, doch das wird schnell erledigt. Eine Tischdecke gibt es eh nicht – Stoffserviette, ein Besteck, das war’s. »Ich brauche Hilfe bei der Auswahl«, sage ich zu dem Mann, der mir die Speisen- und Weinkarte bringt. Ali hat, wie ich beobachten kann, hier das Sagen. Und dass er Ali heißt, erfahre ich erst viel später. »Gerne«, lächelt er. »Aber darf ich Sie vielleicht erst einmal auf ein Glas Crémant einladen?« Da bin ich sprachlos. »Menschlichkeit ist wichtig«, freut sich der Restaurantleiter über mein Staunen.
Und betreut mich für die Dauer meines Aufenthalts überaus aufmerksam. Wie alle anderen Mitarbeiter auch. Drei Männer agieren in schwarzen Hosen und Stehkragenhemden, drei vermutliche Azubis tragen schwarze Hosen und T-Shirts mit einem japanischen Schriftzeichen darauf. Aus der äußerst umfangreichen Speisekarte habe ich mir »Lammkoteletts mit 5-Spices-Gewürz und Pak Choi« ausgesucht und bitte Ali, mich mit der Vorspeise zu überraschen. Die Chance, mich nun mit der panasiatischen Küche vertraut zu machen und mir beispielsweise eine Sushi-Sashimi-Variation zu kredenzen, nutzt Ali leider nicht.
Lieber geht er auf Nummer sicher und lässt mir Gyoza servieren – hauchdünne Teigtaschen mit Hühnchen und Gemüse. Dieses Gericht dürfte jedem schmecken, und mir schmeckt es ebenfalls. Auch das Lamm ist köstlich und bildschön angerichtet. Zum Nachtisch nehme ich Matcha & Mochi, ein Dessert, das seinen herben Geschmack aus dem Eis des Matcha-Tees in Verbindung mit roter Bohnenpaste zieht. Für manche Gaumen eher gewöhnungsbedürftig, wie auch die Mochi, ein zäh zu kauendes japanisches Reisgebäck.
Mein Platz mit dem Rücken zum Fenster erlaubt es mir, das Treiben im Restaurant zu beobachten. Es ist wie Kino. Stylishe Atmosphäre, coole Musik, angenehme Beleuchtung, beautiful people. Viel Englisch, Spanisch und Russisch. Küsschen hier, Küsschen da, auch zwischen Personal und Gästen. Man kennt sich. Auch hier ist der Umgangston ausgesprochen locker, man merkt den Mitarbeitern an, dass sie Spaß haben, und den Gästen, dass sie sich wohlfühlen.
Hinter dem hohen Tresen sieht man die Köche, die alle nach hinten geknotete Viereck-Tücker tragen. Alle schauen auf und nicken mir zu, als ich beim Rausgehen grüße. Mit 54,50 Euro für drei Gänge, Wasser und ein Glas Rotwein bin ich im »Moriki« günstig dabei gewesen. Und würde ich in Baden-Baden wohnen, käme ich sicher öfter her.
Hoteltest: sehr gut
24/01, 08:36 Zimmerfrühstück
Der Vorteil eines Suite-Pads gegenüber einer Zimmerfrühstückskarte besteht darin, dass man unendlich viele Variationen von Frühstück darin unterbringt. Ich entscheide mich für ein Wellnessfrühstück mit Milchkaffee und Apfel-Karotten-Ingwersaft. Doch statt einer Bestellungsbestätigung zeigt das Suite-Pad eine Fehlermeldung an. Also doch wieder beim Roomservice anrufen und die Bestellung durchgeben.
Dass am Morgen eine halbe Stunde vor der genannten Servicezeit eine Dame telefonisch nachfragt, ob es auch ein frisch gepresster Orangensaft sein dürfe, verwundert. Äpfel, Karotten und Ingwer hat man doch in einer panasiatischen Küche eigentlich immer parat? Mit sechs Minuten Verspätung klopft es an meine Zimmertür.
Eine fröhliche junge Frau erkundigt sich, ob ich gut geschlafen habe und wo sie den schmalen Servierwagen hinstellen darf. Dieser passt zwar exakt zwischen Bett und Fernsehmöbel durch, ist aber zum Dransitzen vom Sofa aus zu hoch. Selbst um am runden Couchtisch zu essen, muss ich mir beide Sofakissen unter den Po schieben. Ein Wärmeschrank unter dem Wagen hat das »Omelett mit Fetakäse, Spinat und Kräutern« auf Temperatur gehalten, welches mir die Mitarbeiterin jetzt auf den Tisch stellt. Dann lässt sie mich den Beleg unterschreiben und wünscht mir noch einen schönen Tag. Meinen Frühstückstisch decke ich mir selbst mit Kaffee und Saft sowie »Vollkornbrot und -brötchen, Frischkäse, Butter, Konfitüre und Honig aus der Region, Naturjoghurt mit Granola und Früchtetopping, Putenschinken, Grillgemüse und Kombucha«. Alles wäre prima, wären die Brötchen nur nicht so unterschiedlich aufgebacken: Eines ist knallhart, das andere weich wie Gummi. Und die Butter fehlt. Und wie fast immer beim Zimmerfrühstück gibt es von allem zu viel.
Hoteltest: gut
10:25 Check-out
Caroline hat keinen Dienst. Wie schade. Ich hätte ihr gerne gesagt, wie wohl ich mich durch sie gefühlt habe. Aber ihr Kollege wird es ausrichten. Und auch er ist locker und sympathisch. Während die Rechnung aus dem unter dem Tisch versteckten Drucker läuft (»So viel Büro haben uns die Designer dann doch noch gelassen«), unterhalten wir uns. Ob ich vielleicht noch etwas trinken möchte?
Tatsächlich würde mir auch zum Abschied noch einmal ein Glas Sekt kredenzt, wenn ich das wollte. Doch ich akzeptiere lieber das Wasser, das Guest Relation Manager Philipp mir überreicht, und das Papiertütchen, das ich mit Süßigkeiten aus bauchigen Gläsern füllen darf. Die Rechnung stimmt (959,10 Euro), ich zahle bar. »Bargeld lacht«, sagt der bärtige junge Mann. Und lacht auch. Antonio lädt derweil schon mein Gepäck in den Wagen. Der Rezeptionist bringt mich noch zur Tür und verabschiedet mich mit Handschlag. Philipp auch. Alle Achtung. Auch Antonio sagt mir am Bahnhof herzlich »Auf Wiedersehen« und trägt mein Gepäck noch die Stufen hoch. Stammgastfeeling pur.
Hoteltest: sehr gut
Lost & Found
Oops! In meinem Zimmer wurden am Abreisetag keine Ohrringe gefunden, aber im Zimmer daneben – zwei Tage später. Michelle von der Rezeption verspricht den Sachverhalt zu prüfen und zurückzurufen. Es scheinen die richtigen Ohrringe und nur der Eintrag ins Fundbuch ein wenig verrutscht zu sein. Ob man mir den Schmuck versichert als Päckchen zuschicken solle oder einfach im Briefumschlag? Letzteres genügt, sage ich. Die Post walzt meine zarten Ohrstecker platt. Aber das habe ich zu verantworten.
Hoteltest: gut
Bilanz
Die Entscheidung der Gekko Group, ihr zweites Roomers ausgerechnet in Baden-Baden zu bauen, sorgte in der Branche für Reaktionen von Amüsement bis Skepsis, auf jeden Fall aber für Überraschung. Doch die Rechnung von Micky Rosen und Alex Urseanu ging auf.
In die beschauliche Kurstadt einen furiosen Kontrapunkt zu Brenners & Co. zu setzen – oder einen Flamingo in den Schwarzwald, um in der Roomers-eigenen Sprache zu bleiben – war eine geniale Idee der beiden umtriebigen Frankfurter Unternehmer. Denn der Bedarf für ein so »junges« Luxushotel ist ganz offenbar da, von Seiten der Baden-Badener mindestens ebenso wie von Seiten der internationalen Gäste.
Wer die klassische Grandhotellerie liebt, wird hier nicht buchen, aber wer auf Luxus gepaart mit Lifestyle und Lebenslust steht, der wird sich im Roomers – pardon – sauwohl fühlen. Man muss nicht alles gut finden, was hier angesagt ist, aber eines hat dieser Test gezeigt: Luxus kann auch »locker« sein und fünf Sterne vertragen sich zur Not sogar mit einem »Du«.
Gesamteindruck: 83 %
Testurteil: sehr gut
100-81 sehr gut; 80-61 gut; 60-41 befriedigend; 40-21 mangelhaft; 20-0 ungenügend. Der Gesamteindruck ist nicht das arithmetische Mittel; die Check-Bereiche sind unterschiedlich gewertet!